Bisamfell

Bisamfell
Bisammantel (ca. nach 1990)

Die Bisamratte ist ursprünglich nur in Nordamerika bis Mexiko beheimatet, das Fell ist als Bisam im Handel. Heute ist sie über ganz Eurasien einschließlich Japan, teils auch in Südamerika (Feuerland, Chile) verbreitet. Das Bisamfell wird, soweit es einer Verwertung zugeführt wird, zu Pelzbekleidung jeder Art verarbeitet. Andere Namen sind Bisambiber, Zibetratte, Zibetbiber oder Moschusratte.[1] In Amerika nennt man sie musk-rat, im englischsprachigen Europa und, weil besser klingend als Bisam„ratte“, generell im Pelzhandel bevorzugt, [2] musquash (indianisch).

Inhaltsverzeichnis

Fell

Bisam haben eine Felllänge bis zu 30 bis 36 cm, der seitlich abgeplattete haararme, 20 bis 25 cm lange Schwanz wird vor dem Gerben entfernt, er dient dem Bisamfänger häufig als Beleg zum Erhalt einer staatlichen Fangprämie.

Typisch für schwimmende Pelztiere sind die leicht gebogenen, abgeplatteten Grannen. Der Haarstrich ist von vorn nach hinten gerichtet, nur auf der Brust und der Innenseite der Schenkel befinden sich Wirbel. An der Wamme sind die Wollhaare dichter und liegen mehr an als auf dem Rücken.

Das Winterfell ist seidig weich und dicht bis sehr dicht. Das Sommerfell weicht wie bei allen im Wasser lebenden Nagern (Biber, Nutria) nur wenig vom Winterfell ab. Es ist im Ganzen etwas heller und matter und hat weniger Grannen. Die Färbung ist dunkelbraun bis schwarzbraun (kastanienbraun), vom Rücken zum Bauch hin heller werdend. Der Grotzen ist wesentlich dunkler. Die Unterseite ist schmutziggrau, braungrau bis fast weiß mit leicht rötlichem, rostbraunem oder braunrötlichem Ton. Doch passen sich die Tiere in ihrer Färbung – dunkler, sandig, hell – stark ihrer Umgebung (Flussbett, Morast) an, so dass man mitunter graubraune und rötlich-gelblich-hellbraune, auch schwarzbraune bis fast schwarze (Blackbisam) antrifft. Auch Farbmutationen treten in freier Wildbahn auf, vor allem Weißlinge und Schecken. Die Unterwolle ist seidig, sehr fein, sehr weich, dicht bis sehr dicht, bläulich, hellgrau bis dunkelgrau (schiefergrau) oder bräunlich, an der Unterseite ist sie besonders dicht.

Europäische Bisamfelle (2009)

Die Tasthaare befinden sich nur auf Gesicht und Handwurzeln. Die bis zu 43 mm langen Leithaare sind spärlich über das Fell verteilt; die Grannen sind zahlreich. Die Rückengrannen stehen sehr dicht, sind etwa 25 mm lang und 0,09 bis 0,14 mm breit; am Bauch stehen sie vereinzelter und sind hier wesentlich kürzer. Die dicht stehenden, stark gewellten Wollhaare sind etwa 20 mm lang. Der Durchmesser der Wollhaare beträgt 10 μm. Auf 1 cm2 entfallen am Rücken 14.000 und am Bauch 16.000 Haare.[3]

Die Lederseite von Tieren, die sich im Haarwechsel befinden, ist grünbraun bis rostbraun, ebenso wie von erwachsenen Tieren während der Sommermonate (Mauserhaut-Zeichnung). Felle im Winter bis zum zeitigen Frühjahr gefangener Bisam haben ein graues bis weißes Leder.

Der Haltbarkeitskoeffizient beträgt bei geschorenem oder grannigem Fell 50 bis 60 Prozent. [4][Anmerkung 1]
Eine andere Liste setzt die Haltbarkeit auf 51 bis 57 Prozent und ordnet sie an die 18. Stelle einer unvollständigen Haltbarkeitsskala ein,[2] die traditionell mit dem als am haltbarsten angenommenen Fell des Seeotters beginnt und hier mit dem Hasenfell auf der 41. Position endet.

Trapper in Louisianna, USA liefert Bisamfelle ab (1941)

Jagd, Fang und Zucht

Ursprünglich nur in Nordamerika verbreitet, hat sich der Bisam seit der ersten Aussetzung kanadischer Tiere in Böhmen durch den Fürsten Colloredo-Mansfeld unaufhaltsam über ganz Europa verbreitet.

Wegen der durch die Wühlarbeit verursachten Schäden ist die Zucht der Bisamratte in den meisten europäischen Ländern inzwischen verboten. Zu ihrer Bekämpfung werden ausgebildete Bisamjäger eingesetzt, doch scheint eine Verminderung der Bestände nicht einzutreten, da die Tiere jährlich zwei bis vier Würfe mit drei bis sieben Jungtieren zur Welt bringen. 2009 erhielt der von der Gemeinde eingesetzte Bisamfänger aus Delbrück bei Paderborn 5,50 € für jedes erlegte Tier.[5]

Allerdings waren einige Länder auch dazu übergegangen, zur Pelzgewinnung Bisamratten in entlegenen Mooren und Sümpfen auszusetzen, wo sie sich ebenfalls ungeheuer vermehrt haben. So importierte 1929 die damalige Sowjetunion 900 Bisamratten aus Kanada, die zunächst in der Zuchtfarm Puschkino bei Moskau gehalten und dann u. a. im Raum von Krasnojarsk, Archangelsk und Tjumensk angesiedelt wurden. Die Tiere vermehrten sich derart, dass bereits 1935 versuchsweise 3.000 Felle angeboten wurden. 1940 waren es schon 542.000 und 1950 knapp 3 Millionen.[1] Auch in Finnland wurden im Jahr 1920 2.400 nordamerikanische Tiere ausgesetzt, mit einem Fellanfall um das Jahr 1987 von etwa 250.000 war die Bisamratte damit für beide Länder zu großer wirtschaftlicher Bedeutung gelangt.[1] Von den in der Sowjetunion ausgesetzten Tieren sind viele nach China, der Mongolei und Korea ausgewandert. Inzwischen dürften von dort, je nach Bedarf, auch bereits beträchtliche Mengen auf den Markt kommen.

Europäische Bisamrohfelle
Haar nach innen abgezogen (2009)

Um 1988 betrug der Anfall von Rohfellen in den USA etwa 4,5 Millionen nördliche und 3.500 südliche Bisam, bei fallender Tendenz. Für Kanada wurden 1,5 Millionen genannt. Anfall aus westeuropäischen Ländern 1,5 bis 2 Millionen. Aus der Sowjetunion kam 1956 das höchste Angebot auf den Weltmarkt mit 6,1 Millionen Fellen, 1970 waren es 1,7 Millionen. Der Rückgang wurde mit verstärktem Eigenbedarf, außerdem der Trockenlegung riesiger Sumpfgebiete, starker Industrialisierung u. a., erklärt.[1] In späteren Jahren gab es kein Auktionsangebot.

Handel

Samt-Bisamwammen-Parka (1986)

Bisamfelle werden vergleichsweise noch nicht lange verarbeitet, jedoch waren zum Beispiel in Britisch Kolumbia und Oregon die Felle bei den Einwohnern zur Anfertigung von Kleidung sehr beliebt. Im ganzen 19. Jahrhundert kamen nur einige tausend Stück jährlich auf den europäischen Markt. 1750 importierte die Hudson Bay's 550 Stück, 1800 waren es bereits 15.000 aus Kanada und 12.000 kamen aus den USA. Als um 1830 die Mode mit Biberfilzhüten ihren Höhepunkt erreichte, wurden auch Bisamfelle mehr nachgefragt, die Hudson Bay's Company führte in diesem Jahr 80.000 Felle über London ein, die USA lieferten 15.000. Um 1910 kamen von der H. B. C. jährlich 5 bis 600.000 Stück, aus den USA 5 bis 6 Millionen. Um 1910 wurden allein über das Pelzzentrum Leipzig etwa 1 Million Felle eingeführt. Die Nachfrage war inzwischen so groß, dass man sich Gedanken um den Erhalt der Bestände machte und in den einzelnen Staaten anfing, Schonzeiten einzuführen.[6]

Im Jahr 1974 betrug der Import in die Bundesrepublik Deutschland über 2,4 Millionen Bisamfelle.[7]

  • Europa

Die hier anfallenden Bisam wurden anfangs meist als „Böhmische“ beziehungsweise Russische Bisam gehandelt. Eine Ausnahme machten auch die Finnischen Bisam, die ein Klasse für sich bildeten und eine sehr gute Qualität aufweisen. Die europäischen Bisamfelle stehen einigen amerikanischen Herkommen durchaus nicht nach, oft sind sie etwas größer, allerdings haben sie nicht ein so dichtes Haar, oft zeigen sie einen rosa Schimmer.[8] Die russischen Bisam sind nicht mit dem Desman zu verwechseln, dessen Fell als Silberbisam im Handel war. In manchen Bisam-Handelssortimenten fanden sich früher gelegentlich auch Desmanfelle.[9]

Der größte Rohfellmarkt in Europa war London. Der Leipziger Rauchwarenhandel deckte seinen Hauptbedarf auf den dortigen Auktionen.

Das Sortieren von Rohfellen während einer Bisamauktion, vor dem Gemeinschaftshaus in St. Bernard Parish, Louisiana, USA. Pelzkäufer und spanische Trapper schauen zu (1941).
Londoner Auktionen
Anlieferung der Hudson's Bay Company[10]
1844: 545.011       1865: 258.791
1848: 254.733 1861: 205.591
1851: 194.502 1863: 356.904
1853: 493.804 1864: 420.156 (nur Frühjahr)

In Bezug auf Größe, Qualität und Farbe bestehen keine großen Unterschiede innerhalb der europäischen Sorten. Sie sind etwas größer und kräftiger als die amerikanischen, jedoch sind sie weniger dicht und haben ein kräftigeres Leder. Die Qualität entspricht etwa den amerikanischen Centrals (Ohio, Pennsylvania), die der finnischen etwa wie der Yorkfort-Gegend (Oberkanada).[1]

Das Rohfellsortiment unterscheidet

Große und kleine
Prima, sekunda, tertia und beschädigte.

Beschädigte werden, je nach Grad der Beschädigung, mit 10 bis 50 Prozent Abschlag gehandelt.
Rotstichige Felle werden als „rostig“ bezeichnet.[1]

  • Nordamerika

Die wichtigsten Handelsplätze für den direkten Einkauf in den nordamerikanischen Erzeugungsgebieten waren New York und St. Louis für nördliche Bisam und New Orleans für südliche Bisam.[11]

Kanada
Eskimo-Bai, East Main und Fort Georgia, Moose River, und York Fort (Ursprungsbezeichnungen der Hudson's Bay Company) dunkle, gute Felle
Mackenzie River, Nordwest, Yukon, AL (Alaska?)
(Ursprungsbezeichnungen der Hudson's Bay Company)
gute Qualitäten, doch heller in Farbe, teils gelblichbraun
Kanada noch heller in der Farbe
USA
New-England-Staaten (Maine, New Hampshire, Vermont, Massachusetts, Rhode Islands, Connecticut) beste Felle
Süd-Maine dünner im Haar; Leder papierner
Nördlicher Teil des Staates New York große Felle
Nördliche Michigan-Halbinsel kleine, qualitativ gute Felle
Nord-Ohio und Indiana gute Ware
Zentral-Indiana und Zentral-Ohio sehr große Felle von mittlerer Qualität
Süd-Indiana, Süd-Ohio, Kentucky, Tennessee, West Virginia grobe Felle von geringer Qualität
Virginia, Nord-Carolina grobe, große Felle
Süd-Carolina, Georgia, Alabama grobe, flache, große Felle
Nord-Illinois, Süd-Wisconsin große Felle von guter Qualität
Nord-Iowa große Felle von mittlerer Qualität
Minnesota, Nord- und Süd-Dakota mittelgroße Felle, schütter
Süd-Iowa, Nord-Missouri, Kansas, Nebraska große, mittelgute Felle
Süd-Missouri, Nord-Arkansas große Felle von minderer Qualität
Montana, Idaho, Wyoming gute, aber hellere Felle
Colorado, Nevada, Utah kleine, flache, helle Felle
* Allgemein werden die vorstehenden als nördliche Bisam gehandelt.
* Sogenannte südliche Bisam kommen aus:
Texas kleine bis mittlere kurzhaarige dichte Felle, besonders gut in Farbe (sehr dunkel, graublau), beste Sorte
Louisianna, Arizona, Mexiko wie Texas, aber nicht so gut in der Farbe, klein bis mittelgroß
* Besonders geschätzt werden die farblich ausdrucksstarken, feinhaarigen Blackbisam mit dunklem Rücken. Auch die Wamme ist dunkler als bei den anderen Arten (mehr grauschwarz). Sie kommen hauptsächlich aus den Staaten Delaware und New Jersey.[1][12]

Im Rohsortiment unterscheidet man neben der Herkunft nach dem jahreszeitlichen Anfall, nach Größen und nach Sorten.

  • Jahreszeitlicher Anfall:

a. Fallrats (Herbstratten): grünledrig, weit zurückgebliebene Haarentwicklung, „das Haar steckt noch im Leder“.
b. Winter

(early winter) Rücken, Seiten und Wamme sind auf der Lederseite noch stark grün.
(late winter) Lederseiten sind gelb bis rotgelb, nur der Rücken ist grün. Nach dem Gerben erkennt man die Winterfelle an einem „Sattel“, das heißt, die Seiten sind, im Gegensatz zum Rücken, im Haar schon voll entwickelt.

c. Spring (spring bisam, spring rats, Frühlingsratten) haben ein voll entwickeltes, gleichmäßiges Haar bester Qualität. Das Leder ist überall rötlichgelb bzw. gelb, häufig kommen jedoch Kahlstellen vor, hervorgerufen durch Bisse der Männchen bei den Weibchen während der Paarungszeit. Mitunter entwertet dies eine Rohpartie um 20 bis 30 Prozent. Zusätzlich unterscheidet man manchmal noch zwischen early spring und late spring (frühes und spätes Frühjahr).

Während bei den meisten Tieren die Fellqualität im Winter am höchsten ist, ist das Bisamfell im Frühjahr am besten entwickelt. Bachrach führt das auf die Schneeschmelze zurück, die um diese Zeit Flüsse und Seen abkühlt.

  • Größen:
Die Größenabstufungen sind exexlarge (tops), exlarge, medium und small; exexlarge Felle sind bei den nördlichen über 38 cm, bei den südlichen über 30 cm lang.
  • Sorten:
 I vom Oberhaar gut gedeckt (Spring Qualität)
II schlecht gedeckt, grannenarm, musig (Winterqualität)
Im Herbstfang sind vorwiegend smalls und kitts, im Winterfang medium und im Frühjahrsfang tops.[13]
Exexlarge = Sptzen, exlarge = große, medium = mittelgroße, small = kleine
Kitts = extrakleine, poor kitts = schlechte extrakleine, slightly damaged = leicht beschädigt, badly damaged = stark beschädigt, mice = Mäuschen (sehr klein)
Sogenannte Nierenstelligkeit bei Bisamfellen

Die Hudson's Bay and Annings Ltd., London klassifiziert nach Sorten:

I, I & II, II, III, V, damaged, burnt und Größen:
exlarge, pt. exlarge, large, medium, small, pieces, nach den gleichen Herkommen unterteilt wie oben.[1][14]

Die Felle werden rund abgezogen und mit dem Haar nach innen angeliefert.

Ein sehr oft vorkommender Mangel, vor allem bei südlichen Bisam der USA, sind sogenannte „Nierenstellen“, besser als Flankendrüsenschäden bezeichnet. Das ist ein ovalförmiger Grannenausfall seitlich des Grotzens (der dunklen Fellmitte), manchmal der Ausfall ganzer Fellpartien einschließlich der Unterwolle. Der Fehler kann bis zu 80 Prozent der Felle betreffen. Nach 1977 veröffentlichten, gesichert erscheinenden Erkenntnissen handelt es sich um eine Schädigung der Seitendrüsen am noch lebenden Tier. Die Schäden sind am Rohfell nicht zu erkennen, sie zeigen sich erst im Verlauf der Zurichtung.[1][7][15]

Der dem Bisampelz durch das Sekret früher anhaftende Moschusgeruch[16] verschwindet heute bei der Fellveredlung vollständig.

Verarbeitung

Herrenmantel mit Bisamfutter und Persianerbesatz (USA, 1906)

Bis 1840 wurden Bisam ausschließlich für feine Hutfilze verwendet;[11] auf dem Höhepunkt dieser Mode erzielte man 60 bis 100 Mark für ein Kilo Bisamhaare. Noch Anfang 1900 bekamen die Kürschner von den Filzfabrikanten 3 bis 4 Mark für das Kilo Bisamabfälle.[6]

Als man 1842 mit einer Sealjacke anfing, Pelz nicht mehr nur als Innenfutter oder als Besatz und Verbrämung zu tragen, fehlte es bald an einem preiswerten, flachen Fellmaterial.[17] Sir William Poland war einer der ersten, der die in großer Stückzahl anfallenden Bisam zurichten (gerben) ließ.[6] Als um 1900 Verfahren entwickelt wurden, die das Entfernen der Grannenhaare ermöglichten, setzte ein stärkerer Verbrauch ein. Seitdem gehört Bisam zu einem der begehrtesten Pelze, vor allem wegen seiner Haltbarkeit und des relativ günstigen Preises. Einen zusätzlichen Aufschwung bekommt das Material, wie in den Jahren, beginnend um etwa 1985, wenn samtartige Pelzveredlungen in Mode kommen. Bereits einmal, bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, war Sealbisam (Electric-Bisam[11]), schwarz gefärbt, auf der Ejarrémaschine samtartig gerupft[18] und zusätzlich geschoren, ein beliebter Ersatz für das echte Sealskin, das entgrannte Fell der Pelzrobbe. Ungerupft war es je nach Farbe als Zobelbisam, Skunksbisam usw. im Handel[19],[20] später vor allem braun gefärbt als Nerzbisam.

Das Zurichten (Gerben) der Bisamfelle ist eine äußerst langwierige und komplizierte Prozedur. Die vorherige Beurteilung der Rohware und das Erkennen der in sehr verschiedenen Formen vorkommenden eventuellen Schäden erfordert besonders große Sachkenntnis und Erfahrung. Immer wieder traten in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 1960er Jahre bei der zugerichteten Ware Säureschäden auf, bereits beim Anfeuchten des Fells während der Konfektionierung oder nach längerer Lagerung zersetzte sich das Leder.[7]

Verarbeitung eines Bisamwammenfutters (1895)

Das Bisamfell wird meist getrennt nach Wamme und Rücken verarbeitet, die der Rauchwarengroßhandel, bereits zu Bisamwammen- und Bisamrücken„futtern“ zusammengesetzt, anbietet. Aber auch die bei der Verarbeitung abfallenden Stücken werden noch zu Bisambacken-, Bisamkehlen-, Bisampumpf- und Bisamkopffuttern gearbeitet.[21] Bis noch nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Futter oft zusätzlich rund zusammen genäht und dann als (Bisam-)Säcke gehandelt.

Wie für die Verarbeitung der meisten kleinen Felle haben sich hierfür eigene Industrien gebildet. In Deutschland waren diese Betriebe bis nach dem Zweiten Weltkrieg um das internationale Pelzhandelszentrum, dem Leipziger Brühl, angesiedelt, inzwischen hat sich die Produktion dieser Halbfertigwaren in Länder mit niedrigerem Lohnniveau verlagert.

Das noch in den 1980er Jahren häufige, sogenannte „auslassen“ der Felle zu schmalen Streifen in Mantel- oder Jackenlänge wird heute so gut wie nicht mehr praktiziert. Gründe könnten die gestiegenen Herstellkosten sein, die Hinwendung zu sportlicher, weniger eleganter Kleidung (Casual Look) und das inzwischen günstigere Angebot an offenbar mehr begehrter, ausgelassen gearbeiteter Nerzkonfektion. Zum Auslassen von Bisam für einen Mantel schneidet man mit Quernähten zwei Felle zu einem größeren Fell zusammen, für eine Jacke erübrigt sich diese Arbeit, hier reicht in der Regel ein großes Bisamfell. Anschließend wird das Fell in V- oder A-förmige Streifen in etwa 5 mm Breite zerschnitten und so zusammengenäht, dass ein, jetzt schmalerer, Streifen in der gewünschten Länge entsteht.

Als Fellverbrauch für einen Mantel wurde 1965 angegeben:[22]

ganzfellig ausgelassen 60 bis 80 Felle
Bisamrücken 80 bis 100 Stück
Bisamwamme 90 bis 110 Stück
DDR-Volkskammerpräsident Horst Sindermann mit Bisam-Uschanka

In den letzten Jahren wurde das Bisamfell zunehmend weniger genutzt, meist verdient sich der deutsche oder holländische Bisamfänger nur die staatliche Fangprämie, die Felle werden mit dem Balg vernichtet. In den Niederlanden wurden im Jahr 2004, dem ertragreichsten Jahr der dortigen Bekämpfungsmaßnahmen, über 400 Tausend Tiere gefangen,[23] die Felle blieben wohl sämtlich ungenutzt. Der deutsche Rauchwarengroßhändler zahlte 2009 weniger als 3 € für ein sehr gutes Rohfell, was das Abziehen und Versenden für den Fänger wenig lukrativ macht. 1891 bezeichnete ein Kürschner aus Frankfurt[9] und 1913 ein Kürschner aus Gera das Bisamfell als das „Brot des Kürschners“,[24] zumindest bis zur Jahrtausendwende war es noch einer der wichtigsten Handelsartikel in der Pelzbranche.

Bisam wird für alle Kleidungsstücke und in den mannigfaltigsten Veredlungen verarbeitet, beispielsweise auch zu Herreninnenfuttern und -mützen. Derzeit wieder meist geschoren (ohne vorheriges Rupfen) und als Samtbisam gehandelt, wird es in alle Modefarben eingefärbt. Für Damenbekleidung verwendet man bei uns meist die leichtere Wamme.


Siehe auch

 Commons: Bisamfelle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Commons: Bekleidung aus Bisamfellen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Commons: Bisamfellverarbeitung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkung

  1. Die angegebenen vergleichenden Werte (Koeffizienten) sind das Ergebnis vergleichender Prüfung durch Kürschner und Rauchwarenhändler in Bezug auf den Grad der offenbaren Abnutzung. Die Zahlen sind nicht eindeutig, zu den subjektiven Beobachtungen der Haltbarkeit in der Praxis kommen in jedem Einzelfall Beeinflussungen durch Gerbung und Veredlung sowie zahlreiche weitere Faktoren hinzu. Eine genauere Angabe könnte nur auf wissenschaftlicher Grundlage ermittelt werden. Die Einteilung erfolgte in Stufen von jeweils 10 Prozent, nur die schwächsten Arten bekamen die Wertklasse von 5 bis 10 Prozent. Die nach praktischer Erfahrung haltbarsten Fellarten wurden auf 100 Prozent gesetzt.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Christian Franke/Johanna Kroll: Jury Fränkel’s Rauchwaren-Handbuch 1988/89, 10. überarbeitete und ergänzte Neuauflage. Rifra-Verlag Murrhardt
  2. a b John C. Sachs: Furs and the Fur Trade, Sir Isaac Pitman & Sons Ltd., London, 3. Auflage, ohne Datum (1950er Jahre?), S. 76-78, 137 (engl.)
  3. Heinrich Dathe, Paul Schöps: Pelztieratlas, VEB Gustav Fischer Verlag Leipzig, 1986, S. 122
  4. Dr. Paul Schöps; Dr. H. Brauckhoff, Stuttgart; K. Häse, Leipzig, Richard König, Frankfurt/Main; W. Straube-Daiber, Stuttgart: Die Haltbarkeitskoeffizienten der Pelzfelle in Das Pelzgewerbe, Jahrgang XV, Neue Folge, 1964, Nr. 2, Hermelin Verlag Dr. Paul Schöps, Berlin, Frankfurt/Main, Leipzig, Wien, S. 56-58
  5. WDR 2: OWL auf Bisam-Jagd, Interview: Beate Depping, Bisamfänger: Josef Sandheinrich. 23. März 2009, Script der Sendung
  6. a b c Emil Brass: Aus dem Reiche der Pelze, Verlag neue Pelzwaren-Zeitung, Berlin, 1911, S. 603-609
  7. a b c Jochen Sager: Was sind „Nierenstellen“ bei Bisamfellen. In: Rund um den Pelz. Rhenania-Verlag, Koblenz November 1975, S. 8
  8. H. Wensky: ''Interessantes über die Bisamratte. In Rund um den Pelz, November 1954, S. 14-16
  9. a b Paul Cubaeus: Das Ganze der Kürschnerei, A. Hartleben's Verlag, Wien, Pest, Leipzig, 1891, S. 305-316
  10. Heinrich Lomer: Der Rauchwarenhandel, Selbstverlag, Leipzig, 1864 S. 18 (Primärquelle Dathe/Schöps)
  11. a b c Heinrich Dathe, Paul Schöps: Die Bisamratte, in Das Pelzgewerbe, Beilage zur Zeitschrift Hermelin, Hermelin-Verlag, 1951, Nr. 3, S. 1-15
  12. Friedrich Hering: Bisam, Skunks, amerikanische Opossum, in Rauchwarenkunde. Elf Vorträge aus der Warenkunde des Pelzhandels, Verlag der Rauchwarenmarkt, Leipzig, 1931, S. 26-35
  13. Max Bachrach: Fur, Prentice-Hall Inc., 1936, S. 122-123 (engl.)
  14. Cyril J. Rosenberg: Furs & Furriery, Sir Isaac Pitman & Sons Ltd., London, 1927, S. 185-201 (engl.)
  15. J. Sager: Flankendrüsenschäden bei der Bisamratte (Ondatra zibethicus). In: Rund um den Pelz, Heft 3, Rhenania-Fachverlag, Koblenz März 1977, S. 93
  16. Johann Christian Schedels neues und vollständiges Waaren-Lexikon oder deutliche Beschreibung aller rohen u. verarbeiteten Produkte, Kunsterzeugnisse und Handelsartikel, Verlag Carl Ludwig Brede, Offenbach am Main, 1814
  17. Paul Larisch, Josef Schmid: Das Kürschner-Handwerk, III. Teil, Die Verarbeitung der Felle, 1. Jahrgang Nr. 2, Paris, November 1902, S. 55
  18. W. Künzel: Vom Rohfell zur Rauchware, Alexander Duncker Verlagsbuchhandlung, Leipzig, ohne Datum (um 1935?), S. 17 u. 100
  19. Erhard Klumpp, Kurt Floericke: Pelzbüchlein, Kosmos, Franck'sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig, 1930, S. 19
  20. Friedrich Lorenz: Rauchwarenkunde, Volk und Wissen volkseigener Verlag, 1958, S. 48
  21. Alexander Tuma: Pelzlexikon, VII. Band, Verlag Alexander Tuma, Wien, 1949, S. 86-90
  22. Paul Schöps, Ludwig Brauser, August Dietzsch, Kurt Häse, Richard König sen., Friedrich Malm, W. Straube: Der Materialbedarf für Pelzbekleidung, in Das Pelzgewerbe, 1965 Nr. 1, S. 9 (angenommen wurden die Maße für ein sogenanntes Mantelbody, damals 112 cm hoch, unten 160, oben 140 cm breit; Ärmel 60 x 140 cm. - Anm.: Zwischen der Auslassverarbeitung und der „ganz“felligen Verarbeitung besteht augenscheinlich ein Missverhältnis.)
  23. Jahresberichte der Landelijke coördinatiecommissie Muskusrattenbestrijding
  24. Hans Werner, Gera: Die Kürschnerkunst, Verlag Bernh. Friedr. Voigt, Leipzig, 1914, S. 70

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