Ärzte für die Dritte Welt

Ärzte für die Dritte Welt
Ärzte für die Dritte Welt
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Gründer Bernhard Ehlen
Gründung 1983
Sitz Frankfurt am Main
Ursprung Deutschland
Personen

Maria Furtwängler

Aktionsraum weltweit
Schwerpunkt basismedizinische Hilfe
Methode Aufklärung, Einsatz, Hilfe
Motto Jeder Mensch zählt.
Website www.aerzte-dritte-welt.de

Die humanitäre Hilfsorganisation Ärzte für die Dritte Welt ist seit 1983 mit ärztlicher Hilfe in medizinischen Notstandsgebieten der Dritten Welt aktiv, zumeist in Slums von Großstädten. Der ärztliche Einsatz im Massenelend versteht sich als Zeugnis für den Wert und die Würde des einzelnen Menschen. Jährlich gehen ca. 330 Ärztinnen und Ärzte nach Indien, Bangladesch, Kenia, Nicaragua und auf die Philippinen, um in Projekten dort schwer kranke Menschen zu behandeln, die sich keinen Arztbesuch leisten könnten. Ärzte für die Dritte Welt sind ausgezeichnet mit dem Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für Soziale Fragen DZI.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ärzte für die Dritte Welt wurde 1983 in Frankfurt vom Jesuitenpater Bernhard Ehlen gegründet. Er hatte 1981 bei seiner Arbeit mit hungernden Flüchtlingen in Somalia erlebt, wie Ärzte häufig schon mit bescheidenen Mitteln sinnvoll helfen und sogar Leben retten können. Er wollte deshalb eine Hilfsorganisation mit deutschen Ärzten aufbauen, die in Notstands- und Armutsgebieten unentgeltlich Hilfe leistet. Um eine möglichst große Zahl von Mitarbeitern zu gewinnen, war die Idee, bereits Einsätze mit einer Mindestdauer von anderthalb Monaten zu akzeptieren. So können Ärztinnen und Ärzte ihren Jahresurlaub nutzen, ohne gleich zu „Aussteigern“ werden zu müssen.

Finanzierung

Die Ärzte arbeiten unentgeltlich und tragen zudem mindestens die Hälfte der Flugkosten selbst. Spesen und Aufwandsentschädigungen gibt es nicht. Finanziert werden die mittlerweile 15 Ambulanzen vor allem aus Spenden sowie aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). 2007 betrugen diese Einnahmen laut Website 9,2 Mio. € (davon Spenden 4,4 Mio. € und BMZ-Mittel 2,5 Mio. €). Sitz der Organisation ist Frankfurt am Main. Kuratoriumspräsidentin ist die Ärztin und Schauspielerin Maria Furtwängler‚ bekannt u.a. aus der ARD-Krimireihe Tatort.

Arbeitsweise

Innerhalb fester Langzeitprojekte bieten die "German Doctors" in allgemeinen Gesundheitszentren, aber auch in Ambulanzen und mobilen Krankenstationen kostenlose Behandlung für die Ärmsten der Armen. Um die notwendige Kontinuität zu garantieren, folgen die Einsätze lückenlos aufeinander. Dabei sind ständig mehrere Ärztinnen und Ärzte vor Ort tätig. Sie arbeiten grundsätzlich mit einheimischen Schwestern und Healthworkern zusammen, um die notwendige Anpassung an Kultur, Mentalität und Religion der Patienten zu gewährleisten.

Die Ärztinnen und Ärzte

Insgesamt waren seit 1983 mehr als 2.330 Ärztinnen und Ärzte an über 4.600 Einsätzen beteiligt. Während die meisten die üblichen sechs Wochen in einem Projekt tätig sind, gibt es auch einige so genannte Langzeiteinsätze. 2007 arbeitete eine Ärztin über ein Jahr auf den Philippinen. Rund 14 Prozent der Ärzte sind unter 36 Jahre alt. Eine große Rolle spielt auch der Einsatz von Senioren. Jeder fünfte Einsatz wird mittlerweile von einem Arzt oder einer Ärztin über 62 Jahre geleistet.

Projekte

Kalkutta/Indien

Hier fand im Gründungsjahr 1983 der erste Einsatz statt. Heute gibt es eine Ambulanz mit einer Bettenstation für Kinder, ein Sozialzentrum, zwei mobile Ambulanzen sowie eine Außenstelle in einem ländlichen Vorort. Acht Ärzte sind ständig anwesend. Eines ihrer Hauptanliegen ist die Bekämpfung der Tuberkulose.

Manila/Philippinen

Begonnen wurde 1983 an den „Smokey Mountains“, den Müllbergen von Manila, und in den riesigen Slums von Tondo. 1992 wurde dann in Bagong Silang, einem mit 300 000 Menschen bevölkerten Aussiedlungsgebiet, ein großes Gesundheitszentrum eröffnet. Daneben werden die 20 000 Bewohner der neuen Smokey Mountains, der Müllberge in Patyatas, kostenlos medizinisch versorgt. Seit Sommer 2002 fährt zudem regelmäßig ein Ärzteteam zu den Ureinwohnern auf der Nachbarinsel Mindoro. Vier Ärzte arbeiten ständig hier.

Mindanao/Philippinen

Elf Ärzte und ein Zahnarzt arbeiten ständig in diesem Großprojekt. Seit 1985 wird der Norden der 13-Millionen-Insel durch vier „Rolling Clinics“ sowie ein Armenkrankenhaus in der Hafenstadt Cagayan de Oro versorgt. 1994 wurde ein kleines Armenhospital in Valencia eingerichtet, 2006 eines in Buda. Seit 1987 gab es mehrere groß angelegte Tuberkuloseprogramme sowie verschiedene Ausbildungsprojekte für Frauen und Mütter.

Cebu/Philippinen

Seit 2004 versorgen zwei Ärzte mit einer mobilen Ambulanz in der Mega-Stadt Cebu die Menschen, die auf und vom Müll leben müssen. Zusätzlich fahren sie auch regelmäßig verarmte Fischerdörfer am Küstenstreifen an.

Dhaka/Bangladesh

In einer mobilen Ambulanz sind seit 1989 zwei Ärzte jeweils halbtags an verschiedenen Orten sowie in einem Gesundheitszentrum in den Großstadtslums im Einsatz. Neben drei Hüttenschulen für insgesamt 1200 Kinder wurden zwölf Tiefbrunnen zur Trinkwasserversorgung und 18 Latrinen gebaut. Durch die besseren hygienischen Bedingungen konnten Krankheiten deutlich zurückgedrängt werden.

Chittagong/Bangladesh

In einem von der örtlichen Partnerorganisation betriebenen Gesundheitszentrum steht seit 2002 die Tür der mit zwei Ärzten besetzten Ambulanz jederzeit offen. Regelmäßig gibt es auch Hausbesuche in den Slums.

Nairobi/Kenia

Sechs Ärzte arbeiten ständig im „Matare Valley“, wo sich 180000 Menschen auf engstem Raum ballen, zumeist ohne Trinkwasser, Strom und Abfallentsorgung. Gemeinsam mit einheimischen Helfern werden hier täglich bis zu 600 Patienten versorgt. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in diesem Projekt in der Betreuung AIDS-kranker Patienten.

Serabu/Sierra Leone

Seit 2010 arbeitet ständig ein deutscher Facharzt aus den Bereichen Chirurgie, Geburtshilfe, Kinderheilkunde oder Public Health im Serabu Community Hospital mit.

Managua/Nicaragua

In der Ciuadad Sandino, einem Aussiedlungsgebiet mit 150 000 Menschen in der Nähe von Managua, wird ein großes Gesundheitszentrum betreut. Gemeinsam mit einem Zahnarzt und einheimischen Gesundheitsarbeitern sorgen ständig zwei Ärzte für die Schwerkranken in der Ambulanz. Zusätzlich stellt eine Langzeitärztin in der Kleinstadt Ocotal im Norden von Nicaragua die medizinische Versorgung der vernachlässigten ländlichen Bevölkerung sicher.

Finanzielle Unterstützung

Neben den neun Langzeitprojekten unterstützt Ärzte für die Dritte Welt weltweit ca. 130 Partnerprojekte in 23 Ländern.

Der Verein

„Ärzte für die Dritte Welt“ ist ein beim Amtsgericht in Frankfurt am Main eingetragener gemeinnütziger und mildtätiger Verein. 23 Jahre lang war sein Gründer Bernhard Ehlen Geschäftsführer. Im Jahr 2006 trat Dr. Harald Kischlat seine Nachfolge an. Finanziert wird der Verein aus Spenden, Bundesmitteln der Entwicklungshilfe und Zuweisung von Bußgeldeinnahmen. Die Ausgaben für die neun Projekte mit den ständig anwesenden 38 Ärztinnen und Ärzten aus Deutschland sowie einheimischen sieben Ärzten und über 360 Krankenschwestern, Übersetzern, Fahrern beliefen sich im Jahr 2007 auf 3,5 Millionen Euro. Die Verwaltungskosten, die bei sieben Prozent der Gesamtausgaben liegen, werden von einem separaten Förderkreis übernommen.

Anfang 2010 geriet „Ärzte für die Dritte Welt“ in die Schlagzeilen, weil Gründer Bernhard Ehlen im Laufe des Skandals um das Canisius-Kolleg Berlin einen Fall sexuellen Missbrauchs an einem Schüler eingestand.[1] Es stellte sich heraus, dass Ehlens 2006 erfolgter Rücktritt als Geschäftsführer auf diesen Fall zurückzuführen war. Ein inzwischen ausgeschiedenes Vorstandsmitglied der Organisation war damals informiert gewesen, hatte darüber jedoch Stillschweigen bewahrt. Ehlen trat von seinem Vorstandsamt zurück und verließ auch den Verein. Inzwischen hat „Ärzte für die Dritte Welt“ ein externes Expertengremium berufen, um zu klären, ob es im Rahmen von Ehlens Tätigkeit für die Organisation zu Übergriffen gekommen ist.[2] Am 3. August 2010 hat das Bundesministerium für Entwicklung und Zusammenarbeit die Fördermittel wieder entsperrt.[3]

Als Kontrollgremium fungiert ein Kuratorium. Dessen Präsidentin ist die Ärztin und Schauspielerin Maria Furtwängler. Ihr zur Seite steht neben zwei Ärzten noch der ehemalige Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer.

Ärzte für die Dritte Welt ist Mitglied bei oder unterstützt folgende Organisationen: Initiative für Transparente Zivilgesellschaft VENRO, Gemeinsam für Afrika, Aktionsbündnis gegen AIDS.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bericht der Frankfurter Rundschau vom 5. Februar 2010
  2. Pressemitteilung vom 5. Februar 2010
  3. Pressemitteilung vom 27. September 2010

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