Wettbewerbsfähigkeit

Wettbewerbsfähigkeit

Wettbewerbsfähigkeit bedeutet in der Betriebswirtschaftslehre, dass Unternehmen an den für sie relevanten nationalen oder internationalen Märkten ihre Waren- bzw. Dienstleistungsangebot mit Gewinn absetzen können. Es spielen hierbei sowohl Preisfaktoren wie auch Entwicklung, Standort, Forschung, Service, Qualität eine Rolle.[1] Als wirtschaftspolitisches Schlagwort bezieht es sich auf die Rangordnung von ganzen Volkswirtschaften, und zwar in der Hauptsache im Hinblick auf die die Unternehmen begünstigenden wirtschaftsgeografischen und institutionellen Rahmenbedingungen.[2]

Inhaltsverzeichnis

Zum Begriff des Wettbewerbs

Bei Wettbewerb handelt es sich um das Rivalisieren von Marktteilnehmern um Ressourcen, Kunden, Absätze, Marktanteile usw. Indem der einzelne Anbieter den Kunden die besten und günstigsten Geschäftsbedingungen anbietet, entsteht Wettbewerb, sei es Preis-, Qualitäts-, Service- oder Designwettbewerb. Interner Eigenantrieb und/oder externer Konkurrenzdruck führen zu ständiger Entwicklung und Verwirklichung wettbewerblicher Vorteile gegenüber der Konkurrenz,[3] das heißt zu Wettbewerbsfähigkeit.

Preisliche Wettbewerbsfähigkeit

Ein Unternehmen gilt dann als preiswettbewerbsfähig, wenn es seine Produkte bzw. Artikel auf Märkten zu Preisen absetzen kann, die die entstehenden Kosten decken und in der Ergebnisrechnung eine angemessene Rendite auf das eingesetzte Kapital erbringen. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit ist vor allem auf solchen Märkten von Bedeutung, auf denen standardisierte Güter gehandelt werden. Handelsunternehmen können wegen ihrer regelmäßig hohen Artikelzahl vor allem durch differenzierte Handelsspannen (Mischkalkulation) ihre preisliche Wettbewerbsfähigkeit fördern.

Nicht-preisliche Wettbewerbsfähigkeit

Nicht-preisliche Parameter wie Qualität,Service, Design und Zuverlässigkeit der Lieferung sind für den Absatz der Produkte bzw. Artikel wesentlicher Bestandteil. Sie sind desto bedeutsamer, je größer die Variationsmöglichkeiten bei Produktherstellung und -gestaltung sind. Auch der Bekanntheitsgrad spielt eine große Rolle. Deshalb nehmen Marketing und Handelsmarketing im heutigen Zeitalter eine bedeutende Stellung ein und sind ein wichtiges Mittel auch im nicht-preislichen Wettbewerbskampf.

In der Betriebswirtschaftslehre

Mikroökonomisch betrachtet

Wenn von der Mikroökonomie gesprochen wird, so betrifft das im Allgemeinen die Untersuchung der Wettbewerbsfähigkeit auf Unternehmensebene. Als wettbewerbsfähig werden solche Unternehmen angesehen, die auf lange Sicht Gewinne auf dem nationalen und/oder auf internationalen Märkten erwirtschaften können und zugleich sich gegenüber anderen Unternehmen im gleichen Marktsektor behaupten können. Heutige Märkte haben vielfach einen großen Konkurrenzdruck, so müssen Unternehmen sich an diversen Größen messen, sei es Design, Preise, Bekanntheitsgrad, Standort usw. Das sind geläufige Mittel zur Messung von Wettbewerbsfähigkeit. Ein Unternehmen, das sich nicht im Markt durchsetzen kann und keine bestimmte Position besitzt, gefährdet somit seine Existenz. Konkurrenzkampf in einer marktmäßig organisierten Wirtschaft entscheidet über Existenz oder Untergang .[4]

Der Handel, namentlich der Einzelhandel, kennt zahlreiche Wettbewerbsbesonderheiten.[5] So führt die typische doppelte Einbindung jedes Handelsbetriebs in interformale und intraformale Konkurrenz (Schenk) dazu, dass die Wettbewerbsfähigkeit vor allem durch konkurrierende Betriebe anderer Betriebsform bzw. anderen Betriebstyps stärkeren Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit haben können als konkurrierende Betriebe desselben Betriebstyps. Auch können für die einzelnen Unternehmen eines Handelskonzerns, für die einzelnen Filialen eines Filialunternehmens und für die einzelnen Mitgliedsunternehmen einer Verbundgruppe des Handels mit den verschiedenen Standorten höchst unterschiedliche Grade der Wettbewerbsfähigkeit verbunden sein.

Makroökonomisch betrachtet

Wenn von der Makroökonomie gesprochen wird, so betrifft das die Untersuchung einer ganzen Volkswirtschaft (Land, Region). Die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft ist anders zu betrachten als die eines einzelnen Unternehmens, da eine Volkswirtschaft nicht einfach vom Markt verschwinden kann, in Konkurs gehen oder ihre vollständige Absatzfähigkeit verlieren kann. Da jedes einzelne Land im Besitz von handelsfähigen Waren, Gütern oder Dienstleistungen ist. Anpassungsmechanismen regulieren die Wettbewerbsfähigkeit ganzer Volkswirtschaften, da jedes Land einen bestimmten komparativen Vorteil hat. Dadurch erreicht man, dass jedes Land mit seinen speziellen Fähigkeiten, die es besitzt, einen Beitrag für die Welt leistet und somit der Wohlstand der ganzen Menschheit verbessert wird. Um eine gute Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen, müssen die Parteien einer Volkswirtschaft (Staat, Haushalt, Unternehmen) die vorhandenen Ressourcen auf dem globalen Markt in ein attraktives Angebot für potenzielle Investoren umsetzen.[6]

Mesoökonomisch betrachtet

Unter dem Gesichtspunkt der Mesoökonomie wird die Wettbewerbsfähigkeit weder auf Unternehmensebene noch auf der Ebene einer gesamten Volkswirtschaft untersucht, sondern in mittleren Aggregationszuständen, wie sie von Unternehmenssektoren, Branchen oder Verbundgruppen gebildet werden. Bedingt durch die vorherrschende traditionelle Zweiteilung in Mikro- und Makroökonomie ist der mesoökonomische Ansatz von der Theorie weitgehend vernachlässigt worden. Das ist umso bemerkenswerter, als sich die freiwilligen Verbundformen (z. B. Genossenschaften, Freiwillige Ketten oder Franchise-Systeme) in der Praxis außerordentlich gewährt haben. Insbesondere der Handel hat erfolgreiche Kooperationen verschiedener Art hervorgebracht. Die Mitgliedschaft in solchen Verbundgruppen hat nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit von Klein- und Mittelbetrieben gestärkt, sondern vielfach ihr Überleben im Preis- und Leistungswettbewerb erst ermöglicht. Dabei bringen die Verbundgruppen des Handels mehrere Wettbewerbsimpulse mit sich: Intra-Gruppen-Wettbewerb, Inter-Gruppen-Wettbewerb, horizontale und vertikale Wettbewerbsanregung, letztlich Anregungen des Wettbewerbs sowohl auf mikroökonomischer als auch auf makroökonomischer Ebene.

Standortqualität bzw. - attraktivität

Subjektive Standortüberlegungen betreffen das Unternehmen. Die Überlegung ist: Welcher Standort hat die geringsten Kosten (Quadratmeterpreis, Lohne/Gehälter, Betriebskosten)? Dem „Standort Deutschland“ zum Beispiel wird aufgrund hoher Unternehmenssteuer sowie teurer Immobilien-Preise eine schwache Position im Hinblick auf Standortattraktivität zugeschrieben. Das schreckt viele Unternehmen ab, da dies die internationale Wettbewerbsfähigkeit gefährden kann. Die Folgen können Verlust an Marktanteilen im internationalen Markt, Produktionsverlagerung ins Ausland und der Abbau von Arbeitsplätzen sein. Bei objektiver Standortüberlegung stellt man sich die Frage, welche individuellen Bedürfnisse der Kunde an den Standort legt (1a oder 1b Lage/Grüne Wiese).[7]

Die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft in der Wirtschaftspolitik

Seit Jahren schon ist in der Wirtschaftspolitik das Schlagwort von der Wettbewerbsfähigkeit aufgetaucht. Im März 2000 hatte es der Europäische Rat von Lissabon auf die Tagesordnung gesetzt, als er im Rahmen der sog. Lissabon-Strategie gefordert hatte, aus der Europäischen Union die wettbewerbsfähigste und dynamischste Wissensökonomie der Welt zu machen. Jeder Mitgliedstaat wurde aufgefordert, hierfür zielführende Politiken zu implementieren. In Luxemburg zum Beispiel wurde zur Beobachtung der damit zusammenhängenden Aufgaben von der Tripartite zu Beginn des Jahres 2003 beschlossen, ein Observatoire de la Compétitivité einzurichten.

Der Begriff der "Wettbewerbsfähigkeit" entstammt offenkundig der Betriebswirtschaftslehre, wo er sich klarerweise auf die inneren und äußeren Beziehungen eines Unternehmens bezieht. Insbesondere meint es auf diesem Gebiet die Fähigkeit eines Unternehmens, in einem Umfeld von Mitwettbewerbern seine Marktanteile vergrößern zu können. Diese Begriffsbedeutung kann so nicht auf Volkswirtschaften angewandt werden und kann sogar als unhinterfragtes Schlagwort zu einem falschen Bild der internationalen Wirtschaftsbeziehungen führen und in Politik umgesetzt zu großem Schaden führen.[8] In der Wirtschaftspolitik eingesetzt, kann daher der Begriff allenfalls nur mit großer Sorgfalt neu bestimmt verwendet werden.

Die Luxemburger Regierung zum Beispiel ging von folgender Definition aus: Die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft ist ihre Fähigkeit, dauerhaft Einkommen zu generieren sowie ein hohes Beschäftigungsniveau und soziale Kohäsion, und zwar im internationalen Wettbewerb.

Auf diesem Gebiet liefern Anzeichen für internationale Wettbewerbsfähigkeit die bekannten Benchmarking Studien wie das World Competitiveness Yearbook vom Institute for Management Development (IMD) oder der Global Competitiveness Report des Weltwirtschaftsforums (WEF). Deren Ergebnisse erscheinen häufig sehr disparat zu sein; so figuriert zum Beispiel Luxemburg beim IMD Luxemburg von 60 untersuchten Ländern auf dem 9. Rang, beim WEF auf dem 21. von 102 Plätzen.[9]

In der Krise der Weltwirtschaft rückt auch wieder die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten EU ins Blickfeld. Da die Länder der Eurozone ein einheitliches Währungsgebiet darstellen, hat kein einzelnes Mitgliedland mehr die Chance, eine eigenständige Währungspolitik und Geldpolitik zu betreiben. Wird diesem Souveränitätsverlust und Verlust an Steuerungsfähigkeit nicht entgegengewirkt, kann dies Wettbewerbsnachteile für sämtliche Mitglieder der EU nach sich ziehen.[10]

Literatur

  • Paul Krugman: Der Mythos vom globalen Wirtschaftskrieg: Eine Abrechnung mit den Pop-Ökonomen. Campus, Frankfurt/Main 1999, ISBN 3-593-36147-7.
  • Stefan Müller, Martin Kornmeier: Internationale Wettbewerbsfähigkeit: Irrungen und Wirrungen der Standort-Diskussion. München 2000, ISBN 3-8006-2570-9.
  • Michael E. Porter: Wettbewerbsstrategie: Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurrenten. Frankfurt/Main 10. Auflage, 1999. ISBN 3-593-36177-9
  • Horst Gersmeyer: Wettbewerbsfähigkeit von Wirtschaftsstandorten unter besonderer Berücksichtigung industrieller Cluster. Europäische Hochschulschriften. ISBN 3-631-52142-1
  • Hans-Otto Schenk: Marktwirtschaftslehre des Handels. Wiesbaden 1991, ISBN 3-409-13379-8.
  • Michael Tolksdorf: Dynamischer Wettbewerb. Einführung in die Grundlagen der deutschen und internationalen Wettbewerbspolitik. ISBN 3-409-18307-8.
  • Udo Maier: Der Wirtschaftsstandort Deutschland im globalen Wettbewerb. Schriften zur Nationalökonomie. ISBN 3-931319-19-9.
  • Daniel Solbach: Integrierter Umweltschutz, Internationale Wettbewerbsfähigkeit und Standortqualität. ISBN 3-86016-070-2.
  • Friedrich J. Amling: Industriestandort Bundesrepublik Deutschland. Europäische Hochschulschriften.
  • Thomas A. Stewart: Der vierte Produktionsfaktor. Wachstum und Wettbewerbsvorteile durch Wissensmanagement. ISBN 3-446-19230-1.
  • Jürgen Matthes: Die Rolle des Staates in einer neuen Weltwirtschaftsordnung. ISBN 978-3-602-24135-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Horst Gersmeyer: Wettbewerbsfähigkeit von Wirtschaftsstandorten unter besonderer Berücksichtigung industrieller Cluster. Europäische Hochschulschriften.
  2. Le concept de compétitivité. In: Lionel Fontagné: Compétitivité du Luxembourg: une paille dans l’acier. Rapport pour le Ministère de l’Economie et du Commerce extérieur du Grand-Duché de Luxembourg.. S. 30.
  3. Michael Tolksdorf: Dynamischer Wettbewerb.
  4. Horst Gersmeyer: Wettbewerbsfähigkeit von Wirtschaftsstandorten unter besonderer Berücksichtigung industrieller Cluster. Europäische Hochschulschriften
  5. Hans-Otto Schenk: Die Wettbewerbsbesonderheiten des Handels und der Handelskooperationen. In: Handelsforschung 2000/01, hrsg. von Volker Trommsdorff, Köln 2001, S. 173-198, ISBN 3-935118-26-0
  6. Udo Meier: Schriften zur Nationalökonomie.
  7. Daniel Solbach: Integrierter Umweltschutz, internationale Wettbewerbsfähigkeit und Standortqualität.
  8. Paul Krugman: Competitiveness: A Dangerous Obsession. In: Foreign Affairs, Vol. 73 (1994), No. 2, pp. 28–45.
  9. La Compétitivité: Objectif de Politique Économique. n°1, Juni 2004.
  10. Stephen Fidler: Europe's Next Great Test: Competitiveness Is Lacking. The Wallstreet Journal, 26. März 2010.

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