Tagebau Garzweiler

Tagebau Garzweiler
Tagebau Garzweiler (I und II)
Garzweiler II panorama.png
Abbau von Braunkohle
Abbautechnik Tagebau
Größte Tiefe 160 m
Abraum pro Jahr 175-225 Mio. t
Förderung/Jahr 35-45 Mio. t
Betreibende Gesellschaft RWE Power AG
Beschäftigte 1.725
Betriebsbeginn vor 1940 (Grube Neurath), 1987 (Zusammenschluss zu Großtagebau Garzweiler), 2006 (Garzweiler II)
Betriebsende 2045 (genehmigte Betriebsdauer)
Nachfolgenutzung Rekultivierung, Restsee
Geografische Lage
Koordinaten 51° 3′ 15″ N, 6° 30′ 35″ O51.0541666666676.5097222222222Koordinaten: 51° 3′ 15″ N, 6° 30′ 35″ O
Tagebau Garzweiler (I und II) (Nordrhein-Westfalen)
Tagebau Garzweiler (I und II)
Lage Tagebau Garzweiler (I und II)
Gemeinde Bedburg, Grevenbroich, Jüchen, Erkelenz und Mönchengladbach
Bundesland Nordrhein-Westfalen
Staat Deutschland
Revier Rheinisches Braunkohlerevier

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Der Braunkohletagebau Garzweiler ist ein Tagebau der RWE Power AG (bis 2003 der RWE Rheinbraun AG), im rheinischen Braunkohlerevier in Nordrhein-Westfalen und wurde nach dem Dorf Garzweiler in der Gemeinde Jüchen (Rhein-Kreis Neuss) benannt. Das Dorf Garzweiler wurde vom Braunkohletagebau abgebaggert und ist heute – insbesondere im Umfeld der Umweltbewegung – ein Synonym für den Abbau von Braunkohle im Tagebau.

Inhaltsverzeichnis

Der Tagebau

Rheinisches Braunkohlerevier
geplantes Abbaugebiet Garzweiler II
Schaufelradbagger 288 im Tagebau Garzweiler

Der Großtagebau Garzweiler (heute Garzweiler I) entstand im Jahre 1983 durch den Zusammenschluss der bestehenden Abbaufelder Frimmersdorf-Süd und Frimmersdorf-West. Frimmersdorf-Süd war seinerseits um 1960 aus dem Zusammenschluss zweier Gruben (Grube Neurath und Grube Heck) hervorgegangen, deren Ursprünge bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen[1].

Der Abbau durch das RWE-Tochterunternehmen RWE Power AG erfolgte bisher im ersten von zwei geplanten Abschnitten Garzweiler I und II. Garzweiler I betrifft ein 66,0 km² großes Gebiet östlich der mittlerweile abgebaggerten Trasse der Autobahn A 44, das Abbaugebiet Garzweiler II betrifft das westlich der A 44 gelegene Gebiet und ist 18,0 km² kleiner als Garzweiler I. Am 31. März 1995 genehmigte die Landesregierung NRW den Braunkohleplan Garzweiler II. Am 18. Juni 2006 griffen die Schaufelradbagger auf das neue Gebiet über. Betroffen sind erstmals mit 40 km² Gebietsflächen der Stadt Erkelenz (Kreis Heinsberg). Etwa ein Drittel der Stadtfläche wird beansprucht. 6,5 km² liegen auf dem Gebiet der Gemeinde Jüchen und etwa 1,5 km² auf Gebiet der Stadt Mönchengladbach; letztere wird somit auch erstmals vom Tagebau beansprucht.

Der geplante Abbauzeitraum reicht von 2006 bis 2045.

Garzweiler II besitzt Braunkohlereserven von 1,3 Milliarden Tonnen. Die Braunkohle entstand aus weitflächigen Wäldern und Mooren, die sich in der Niederrheinischen Bucht vor 30 bis vor 5 Millionen Jahren entwickelten. Die Geologie der Niederrheinischen Bucht ist gekennzeichnet durch langanhaltende Senkungsbewegungen in den letzten 30 Millionen Jahren, die zur Ablagerung eines bis zu 1300 m mächtigen Sedimentpaketes durch die Nordsee und durch viele Flüsse geführt haben, in dem sich heute bis zu 100 m mächtige Braunkohleflöze befinden.

Der Braunkohletagebau Garzweiler erfordert die Umsiedlung ganzer Ortschaften. Zwölf Dörfer und 7600 Bürger sind vom geplanten Garzweiler II betroffen.

Die Sümpfungsmaßnahmen, die erforderlich sind, um das Grundwasser abzupumpen, reichen weit über den Tagebau hinaus. So sind auch die Bruchwälder im Naturpark Maas-Schwalm-Nette durch das Absinken des Grundwasserspiegels bedroht. Mit großem Aufwand wird Ersatzwasser mittels eines Systems von Rohrleitungen und Sickergräben in diesen Bereich gefördert.

Schaufelradbagger im Tagebau Garzweiler

Ursprüngliche Planung

Aufgrund des Widerstands der Bevölkerung wurde der geplante Tagebau Garzweiler II durch den Bergbautreibenden vorerst verkleinert: Ursprünglich war ein Flächenbedarf von 6800 ha vorgesehen, d. h. Abbaggerung bis zur A 46 bei Erkelenz und Hochneukirch [2], nunmehr werden noch 4800 ha beansprucht. Die Dörfer Wanlo, Venrath, Kaulhausen, Wockerath und Kückhoven werden somit vorerst nicht abgebaggert.

Verkehr

Zwei Autobahnen liegen im geplanten Tagebaugebiet: die A 44 und die A 61. Die A 44 wurde im Oktober 2005 für den Verkehr gesperrt und bis Juni 2006 abgebrochen. Die A 61, die seit der Sperrung der A 44 deren Verkehr aufnimmt, wurde zuvor auf Kosten von RWE Power auf drei Fahrspuren je Richtung ausgebaut. Nach dem Jahr 2017 soll ein Neubau der A 44 auf einer neuen, weiter östlich gelegenen Trasse erfolgen. Im Anschluss soll die A 44 den Verkehr der A 61 aufnehmen, da diese dann ebenfalls abgebaggert werden soll.[3]

Transport der Kohle

Die in Garzweiler abgebaute Braunkohle wird überwiegend in den Kraftwerken der Region verfeuert, der Transport von Garzweiler zum Kraftwerk Frimmersdorf und zum Kraftwerk Neurath erfolgt sowohl über die auch als Nord-Süd-Bahn bekannte Eisenbahnstrecke der RWE Power AG, als auch per Bandförderung.

Panoramaaufnahme vom Tagebau Garzweiler mit diversen Baggern im Einsatz und den Kraftwerken in Grevenbroich-Frimmersdorf (links) und -Neurath sowie Bergheim-Niederaußem (rechts) im Hintergrund
Panoramaaufnahme vom Tagebau Garzweiler mit diversen Baggern im Einsatz und den Kraftwerken in Grevenbroich-Frimmersdorf (links) und -Neurath sowie Bergheim-Niederaußem (rechts) im Hintergrund

Umsiedlung von Ortschaften

Jüchen-Holz, menschenleere Dörfer im Umsiedlungsgebiet
Spenrath 2007
Spenrath 2009 im September – Blick vom gleichen Standpunkt wie obiges Bild
Abriss und Einebnung Otzenraths
Protestschild am Ortseingang von Holzweiler

Bereits umgesiedelte Ortschaften

Ortschaften, die sich in Umsiedlung befinden

Noch umzusiedelnde Ortschaften

Siehe auch: Liste abgebaggerter Ortschaften

Soziale Problematik der Umsiedlung

Hauptartikel: Umsiedlungen im Rheinischen Braunkohlegebiet

Nach dem Abriss der Ortschaften Garzweiler und Otzenrath werden zur Zeit Holz, Spenrath und Pesch eingeebnet. Die Bewohner wurden an neue Standorte bei Jüchen, Hochneukirch, sowie künftig am Rand von Erkelenz umgesiedelt. Dort entstanden und entstehen neue Wohnsiedlungen, in die nur einzelne Relikte der alten Heimat mitgenommen wurden. Während die Otzenrather zu 80 % an den neuen Standort umgesiedelt sind, gelang dies bei anderen Orten nicht in vergleichbar hohem Maße. Landwirte können zudem am neuen Standort nicht mit den nötigen Wirtschaftsflächen rechnen. Für das Weiterleben der alten Dorfgemeinschaften am neuen Ort kommt dem Vereinswesen eine zentrale Bedeutung zu, das dementsprechend vom Tagebaubetreiber gefördert wird.

In den Erkelenzer Ortschaften Borschemich und Immerath leben die noch ausharrenden Bewohner mit den negativen Folgen der anstehenden Umsiedlung. Häuser werden zunehmend verlassen und die Dörfer entwickeln sich nicht mehr und veröden.

Restloch

Nach Abbau der Braunkohle soll das verbleibende Restloch im westlichen Teil des Tagebaues zu einem See umgestaltet werden.[4] Dieser stellt für die Tagebauindustrie eine kostengünstige Möglichkeit zur pflichtgemäßen Rekultivierung dar, da das Volumen der geförderten Rohstoffe fehlt, der Abraum nicht in großem Ausmaß neu bewegt werden muss und die Wirtschaftlichkeit des staatlich mit „Erhaltungssubventionen“ geförderten Bergbaus weiter gesenkt werden würde. Ab 2045 sollen circa 40 Jahre lang rund 60 Millionen Kubikmeter Wasser jährlich aus dem Rhein in das Loch geleitet werden. Dieser See wird bis zu 185 m tief sein, eine Fläche von 23 km² besitzen und eine Füllmenge von 2 Milliarden m³ Wasser aufweisen. Die Fläche des Sees wird fast so groß sein wie das Steinhuder Meer in Niedersachsen und bis zu 60mal so tief. Damit dieser geplante See nicht versauert, wird schon heute dem Abraum Kalk zugesetzt.

Immer wieder im Gespräch ist ebenfalls der geplante Bau eines Großflughafens im Bereich des (ca. 2035 wieder verfüllten) Abbaugebietes.[5][6]

Protest und Widerstand von Tagebaugegnern

Protest von Tagebaugegnern auf einer Obstwiese des BUND am Grubenrand

Unter dem Dach der Vereinten Initiativen sammelte sich der Bürgerprotest der betroffenen Ortsteile. Verschiedene Klagen der Städte Erkelenz und Viersen gegen den Tagebau in den Jahren 1997 bis 2001 vor dem Verwaltungsgericht Aachen und im Instanzenzug vor dem Oberverwaltungsgericht Münster wurden ebenso abgewiesen wie eine Verfassungsbeschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. Während sich die Gemeinden seitdem auf die Umsiedlungen konzentrieren, sind die juristischen Auseinandersetzungen noch nicht völlig abgeschlossen. Die Berufungsverfahren gegen die Fortführung des Tagebaus eines Immerather Bürgers und des BUND vor dem Oberverwaltungsgericht Münster wurden am 21. Dezember 2007 zurückgewiesen. Der BUND besitzt als Tagebaugegner eine Obstwiese am Grubenrand bei Otzenrath. Gegen die Nichtzulassung der Revision wollen die Kläger Beschwerde einlegen. Als Protest gegen die anstehende Räumung haben sie ein Zeltlager auf der Obstwiese errichtet. Nach neuntägiger Besetzung wurde es am 10. Januar 2008 zwangsweise geräumt und die 87 Obstbäume anschließend vom Tagebaubetreiber entfernt. Im Dezember 2008 setzten der BUND und der Immerather Bürger ihren stellvertretenden Widerstand juristisch fort und legten jeweils Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein.[7]

Siehe auch

Literatur

  • A. Beil, S. Noethlichs, D. Olles: Garzweiler II – Eine Region im Protest. In: Heimatkalender des kreises Heinsberg, 2000, S. 199–221.
  • Holger Kaiser, Frederik Petersohn: Opposition im Landtag von Nordrhein-Westfalen: Die CDU-Fraktion und der Braunkohletagebau „Garzweiler II“ in der 12. Wahlperiode (1995–2000). Münster, Berlin, London 2007, ISBN 978-3-8258-0167-0.
  • Horst Ulrich: Städtebauliche Dokumentation Umsiedlung Garzweiler, Priesterath, Stolzenberg, Jüchen, südliche Jülicher Straße. Jüchen 1997, ISBN 3-9804847-0-X
  • Rolf Sevenich: Garzweiler II. Kersting, Aachen 1996, ISBN 3-928047-12-4
  • Adelheid Schrutka-Rechtenstamm (Hrsg.): Was bleibt, ist die Erinnerung. Volkskundliche Untersuchungen zu Dorfumsiedlungen im Braunkohlenrevier. Erkelenz 1994.
  • Eusebius Wirdeier, Johannes Nitschmann: Garzweiler oder wie die Braunkohlen-Connection eine ganze Region verheizt. Vorwort von Bärbel Höhn. Emons, Köln 1995, ISBN 3-924491-68-2
  • Hambachgruppe (Hrsg.): Verheizte Heimat – Der Braunkohletagebau und seine Folgen. Aachen 1985, ISBN 3-924007-14-4

Weblinks

 Commons: Garzweiler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Forschungsstelle Rekultivierung, abgerufen am 23. September 2010
  2. Karte der Braunkohle-Lagerstätten aus einer Untersuchung von Rheinbraun und der Landeregierung, auf der die Entscheidung für den Tagebau Garzweiler II (= Frimmersdorf West-West) in den 1980er-Jahren basiert
  3. Stadt Mönchengladbach, Fachbereich Umweltschutz und Entsorgung, Abteilung Braunkohle, Landschaft, Luft-Klima (Hrsg.): BRAUNKOHLENBERICHT. Fortschreibung 2008 / 2009. Mönchengladbach September 2009, 4.2 Planfeststellungsverfahren A 44n, S. 16 f (Online-Dokument; PDF, 2,73 MB).
  4. Braunkohlenplan Garzweiler II der Bezirksregierung Köln, zeichnerische Darstellung, 1:50.000, 3 MB PDF, abgerufen am 9. August 2010
  5. Abheben über Garzweiler, Welt am Sonntag vom 10. August 2003
  6. Großflughafen bewegt das Land, Welt am Sonntag vom 21. Oktober 2007
  7. http://www.wdr.de/themen/politik/nrw/garzweilerII/081205.jhtml?rubrikenstyle=wirtschaft (am 8. November 2010 nicht mehr verfügbar)

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