Send

Send

Der Send oder auch das Sendgericht ist ein Begriff aus der kirchlichen Rechtsgeschichte. Vor dem Sendgericht (ehemals auch Sinode) genannten kirchlichen Gericht wurden von den Geistlichen im Beisein der gräflichen Schultheißen Schandtaten, Sünden und Laster der Gemeindeglieder behandelt und gerügt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Ausdruck Send geht auf das Wort Synode zurück und bezeichnet die regelmäßig stattfindenden geistlichen Sittengerichte des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Der Send entstand im 9. Jahrhundert aus der bischöflichen Visitation. Als Rechtsbuch dienten zwei Bücher von Regino von Prüm mit dem Titel De causis synodalibus et ecclesiasticis disciplinis. Häufiger Anlass von Anzeigen und Beschwerden waren Fluchen und gotteslästerliche Reden, unordentliches Wesen, Zecherei, Kartenspiel, uneheliche Verhältnisse und Kindschaften, aber auch Missachtung der Sonntagsruhe durch Verrichtungen in Feld und Flur.

Strafen

Über festgesetzte Strafen der Sendgerichte ist aus der Frühzeit wenig überliefert. Meist genügten von der Kanzel verkündete Rügen und Ermahnungen, seltener auch die öffentliche Bloßstellung durch Umhängen des Schand- oder Lastersteins. Schwere Übeltaten, Vergehen und Verbrechen wurden als sogenannte Malefizsachen oder halsgerichtliche Straftaten sowieso nicht vom Send, sondern von obrigkeitlichen Gerichten wie dem Vogteigericht geahndet.

Aus reformatorischer Zeit sind zum Teil reichhaltige Straf- und Sanktionskataloge überliefert. Leichtere Vergehen wurden unter vier Augen gerügt, schwerere durch Geldstrafen, die in der Regel in die Almosenkasse zu entrichten waren. Daneben konnte auch der zeitlich begrenzte oder dauerhafte Ausschluss vom Abendmahl (Kirchenbann) oder die Verweigerung der kirchlichen Amtshandlungen (Begräbnis, Trauung) ausgesprochen werden; oft waren die Gerügten auch nicht als Paten bei Taufen zugelassen.

Ablauf

Man wohnte zuerst einem Gottesdienst bei, der meist vor einem "Kreuzaltar" dem Volksaltar stattfand. Wenn dies nicht in der sogenannten Sendkirche stattfand ging man dann mit einer Prozession zur Sendkirche. Dort stand vor dem Sendstuhl ein Tisch mit einer weißen und schwarzen Decke gedeckt (als Zeichen für Gut und Böse). Darauf lag ein Kreuz mit Kerzen, davor ein Stöckchen, ein Stein, ein Blatt Papier und eine Schere – zum Beweis der Gerichtsbarkeit.

Weitere Entwicklung

In der katholischen Kirche

Seit dem 11. Jahrhundert ging die Sendgewalt auch auf die Archidiakone und später auch auf die Priester über und erlebte im hohen Mittelalter sozusagen ihre Blütezeit. Im Sachsenspiegel aus der Zeit um 1230 heißt es: Jeder Christenmensch, sobald er zu seinen Jahren gekommen ist, ist verpflichtet, das Sendgericht zu besuchen drei mal im Jahr innerhalb des Bistumes, darin er ansassig ist (Ssp. Ldr. I/2,1) Es scheint, dass der Adel das Sendgericht des Bischofs und der Bauernstand das Sendgericht des Archidiakons aufsuchte. Doch das Konzil von Trient (1545–1563) sprach den Bischöfen wieder die alleinige Richtergewalt zu.

Reformation

In einigen protestantischen Territorien erlebte der Send in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine letzte Blüte. Zahlreiche Kirchenordnungen schreiben die Erneuerung der Sendgerichte vor, oft auch unter anderen Namen wie beispielsweise Kirchenzensur. Neu war daran, dass die Amtsgewalt nicht mehr von den Vertretern der Amtskirche, also den Pfarrern, Superintendenten, Dekanen oder Konsistorien (Kirchenleitungen) ausgeübt wurde, sondern von aus der Gemeinde gewählten Männern. Diese Wahl fand normalerweise auf Zeit, seltener auch auf Lebenszeit statt. Die Mitglieder des Send wurden als Sendschöffen, (Kirchen-)Zensoren, Älteste oder auch Presbyter (griechisch: Älteste) bezeichnet.

Die Ausübung verschwand in beiden Konfessionen allmählich im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts. Im 19. Jahrhundert war der Send überall in Deutschland, wo er hauptsächlich und fast ausschließlich gegolten hatte, verschwunden.

Send in Münster

Das Sendschwert am Rathaus als Zeichen des Marktrechts der Stadt Münster während des dreimal im Jahr stattfindenden Sends.

Hauptartikel: Send (Münster)

Während dieser Zeit galt in Münster ein besonders strenger Marktfriede, der jeden Bruch, der mit Blutvergießen verbunden war, bis 1578 mit dem Tode bestrafte.

Heute ist der Send in Münster die größte Kirmes der Region, welche drei Mal im Jahr am Wochenende auf dem Hindenburgplatz vor dem Schloss stattfindet. Dort gibt es neben vielen Fahrgeschäften auch den traditionellen „Pottmarkt“.

Quellen

  • A. Erler: Artikel Send. In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Band 5. Dritte Auflage 1961, Sp. 1697–1698.
  • Gottfr. Corbach: Beiträge zur Bergischen Geschichte. SCRIBA Verlag, Köln 2001. Nachdruck der Ausgabe von 1976. ISBN 3-921232-48-1.
  • Albert Michael Königer: Die Sendgerichte in Deutschland. München 1907.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • send — W1S1 [send] v past tense and past participle sent [sent] ▬▬▬▬▬▬▬ 1¦(by post etc)¦ 2¦(radio/computer etc)¦ 3¦(person to place)¦ 4 send (somebody) a message/signal 5 send your love/regards/best wishes etc 6¦(cause to move)¦ 7 send… …   Dictionary of contemporary English

  • send — /send/ verb past tense and past participle sent /sent/ 1 BY POST/RADIO ETC (T) to arrange for something to go or be taken to another place, especially by post: send sb a letter/message/card: Honestly, I get tired of sending Christmas cards. |… …   Longman dictionary of contemporary English

  • send — [ send ] (past tense and past participle sent [ sent ] ) verb transitive *** 1. ) to mail a letter or package to someone: I sent the letters yesterday, so they should arrive today. send someone something: I ll send you a copy of the report. send… …   Usage of the words and phrases in modern English

  • send — [send] verb sent PTandPP [sent] [transitive] 1. to arrange for something to go to another place: • The computer network can send data at very high speeds. send something to somebody • He sent a memo to board members …   Financial and business terms

  • send — send1 [send] vt. sent, sending [ME senden < OE sendan, akin to Ger senden, Goth sandjan, caus. formation, “to cause to go” < IE base * sent , to go, find out, discover > L sentire, to feel, sense, OIr sēt, way] 1. a) to cause to go or be …   English World dictionary

  • send*/*/*/ — [send] (past tense and past participle sent [sent] ) verb [T] 1) to arrange for something such as a letter or email to be delivered to someone in another place I sent the letters yesterday, so they should arrive today.[/ex] Send me an email when… …   Dictionary for writing and speaking English

  • send — ► VERB (past and past part. sent) 1) cause to go or be taken to a destination. 2) cause to move sharply or quickly; propel. 3) cause to be in a specified state: it nearly sent me crazy. ● send down Cf. ↑send down ● …   English terms dictionary

  • Send — Send, v. t. [imp. & p. p. {Sent}; p. pr. & vb. n. {Sending}.] [AS. sendan; akin to OS. sendian, D. zenden, G. senden, OHG. senten, Icel. senda, Sw. s[ a]nda, Dan. sende, Goth. sandjan, and to Goth. sinp a time (properly, a going), gasinpa… …   The Collaborative International Dictionary of English

  • Send — may be: *Send, Surrey, England *HMP Send, the women s prison at Send *SEND protocol *Send (album), a 2003 album by the rock band Wire *Send (audio), an output from an audio mixer which is usually designed to carry a given channel to an effects or …   Wikipedia

  • send — send, dispatch, forward, transmit, remit, route, ship are comparable when they mean to cause to go or to be taken from one place or person or condition to another. Send, the most general term, carries a wide range of implications and connotations …   New Dictionary of Synonyms

  • send-up — UK / US or sendup UK [ˈsendˌʌp] / US noun [countable] Word forms send up : singular send up plural send ups informal a way of talking or behaving in which you copy the way that someone else talks or behaves in a humorous way He does a brilliant… …   English dictionary

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”