Noosphäre

Noosphäre

Der Begriff der Noosphäre [nooˈsfɛːrə] (altgr. νοῦς nous, „Geist“, „Verstand“) stammt ursprünglich aus dem Kontext der Theologie und der Philosophie; er wurde erstmals 1922 von Pierre Teilhard de Chardin in seiner Kosmogenese geprägt.[1] Noosphäre bezeichnet dort eine Phase der geistigen Entwicklung, in der die Menschheit zu einem Geist zusammenwächst. In dieser teleologischen Weltsicht ist dieses Ziel die Einheit in oder mit Jesus Christus; Teilhard de Chardin bezeichnet diesen Punkt als Omegapunkt oder auch als Ziel der Geschichte. Vor der Umdeutung durch Teilhard de Chardin wurde der Begriff von Édouard Le Roy geprägt. Beide hörten 1922 Vorlesungen bei Wladimir Iwanowitsch Wernadski.

Der russische Geologe Wladimir Iwanowitsch Wernadski nutzte den Terminus jedoch erst wesentlich später 1937, am ausführlichsten in der Arbeit Der wissenschaftliche Gedanke als planetare Erscheinung (Научная мысль как планетное явление). Dieser Artikel sollte Teil seines großen Lebenswerkes Der chemische Aufbau der Biosphäre der Erde und ihre Umgebung (Химическое строение биосферы Земли и ее окружения) werden, das erst 1977 auf Russisch erschien, wo er die evolutionäre Umwandlung der Biosphäre in eine Sphäre der menschlichen Vernunft – die Noosphäre – beschreibt (Kosmologie).

Zur weiteren Entwicklung und Verwendung des Begriffs:

  • Wladimir Iwanowitsch Wernadski (18631945)
  • Pierre Teilhard de Chardin (18811955)
  • Édouard Le Roy (1870–1954), Les origines humaines et l'evolution de l'intelligence (Paris, 1928)

In neuerer Zeit wurde der Begriff der Noosphäre von Medientheoretikern und Vordenkern der Open-Source-Bewegung revitalisiert und mit einer veränderten, enttheologisierten Bedeutung belegt, die sich inhaltlich eher an Wernadski als an de Chardin anlehnt.

Marshall McLuhan bezeichnet die Noosphäre als „kosmische Membran, die sich durch die elektrische Erweiterung unserer verschiedenen Sinne rund um den Globus gelegt hat“, also als „ein technisches Gehirn für die Welt“.

Eric S. Raymond verwendet den Begriff der Noosphäre in seinem Aufsatz Homesteading the Noosphere, in dem er Probleme des Projektmanagements bei Open Source diskutiert. Noosphäre beschreibt Raymond als „den Raum aller denkbaren Gedanken“; er unterscheidet dabei zusätzlich mit Faré Rideau zwischen Noosphäre (noosphere) und Ergosphäre (ergosphere) (vgl. [1]).

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Noosphäre – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Literatur

  • Georgy S. Levit: Biogeochemistry, Biosphere, Noosphere: The Growth of the Theoretical System of Vladimir Ivanovich Vernadsky (1863-1945) („Studien zur Theorie der Biologie“; Bd. 4; Hrsg. von Olaf Breidbach und Michael Weingarten). Berlin: VWB, 2001 online Katalog, ISBN 3-86135-351-2 - zugleich Oldenburg Univ. Dissertation 2000 online Text
  • Georgy S. Levit: The Biosphere and the Noosphere Theories of V. I. Vernadsky and P. Teilhard de Chardin: A Methodological Essay. International Archives on the History of Science/Archives Internationales D'Histoire des Sciences, 50 (144) - 2000: S. 160-176. online Text
  • Eric Steven Raymond: The Cathedral and the Bazaar. enthält unter anderem The Cathedral and the Bazaar, Homesteading the Noosphere (online Text, online Text), The Magic Cauldron und Revenge of the Hackers). O'Reilly: 2001. ISBN 0596001088
  • E. LeRoy: Les origines humaines et l'evolution de l'intelligence. Paris, 1928
  • Paul R. Samson, David Pitt (Hrsg.): The Biosphere and Noosphere Reader: Global Environment, Society and Change. ISBN 0-415-16644-6
  • Wladimir Iwanowitsch Wernadski: Biosphere. 1926
  • Wladimir Iwanowitsch Wernadski: Some words about noosphere. 1944

Quellen

  1. Tambov State Technical University: The Prominent Russian Scientist V.I.Vernadsky, in Englisch, zuletzt abgerufen am 21. August 2007

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