Michael Brynntrup

Michael Brynntrup

Michael Brynntrup (* 7. Februar 1959 in Münster in Westfalen) ist ein deutscher Filmemacher und Videokünstler. Neben Experimentalfilmen und Videoinstallationen gehören zu seinen bekannteren Arbeiten auch Elektrografie, Digitalkunst und Netzkunstprojekte. Seit 2006 ist Michael Brynntrup Professor für Film/Video an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig (HBK Braunschweig).

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Die biografischen Angaben fasst Michael Brynntrup auf seiner website so zusammen: „Tod des eineiigen Zwillingsbruders bei der Geburt, seither Studium der Philosophie.“ Diese Kurzbiographie ist programmatisch: Tod, Geburt, Doppelgänger- und Wiederholungsmotive sind in fast jedem seiner Filme zu finden, immer auch mit philosophischen Untertönen. So beginnt sein Film Plötzlich und unerwartet – eine Déjà-Revue (1993) mit einem Zitat von Michel de Montaigne: „Sinnen auf den Tod, ist Sinnen auf Freiheit. Wer sterben gelernt hat, versteht das Dienen nicht mehr.“ Freiheit und deren Grenzen sind in Brynntrups Arbeiten immer thematisch, inhaltlich wie formal. Er beschäftigt sich in seinen Filmen mit Grenzüberschreitungen, Extremen und Tabus; als Experimentalfilmer untersucht er u. a. die gesellschaftliche Medienrealität (wie z. B. in dem Film E.K.G. Expositus, 2003), und versucht eine Sprache des Films zu entwickeln, die über technische Limits, über allgemeine Sehgewohnheiten und Filmkonventionen weit hinausgeht.

Michael Brynntrup (aka Brinntrup, Bryntrup, o. ä.) stammt aus einer alteingesessenen westfälischen Bauernfamilie bei Münster. Hier machte Brynntrup 1977 am Gymnasium Paulinum sein Abitur und studierte anschließend zunächst Rechtswissenschaft, dann Philosophie. 1981 zog Brynntrup nach Freiburg und studierte dort Literatur und Kunstgeschichte. Seine theoretische Auseinandersetzung mit der Gegenwartskunst formuliert er in dem Essay Eine Vorstudie zum Schlusspkt. (1981). Auf einer mehrmonatigen Reise nach Italien (1981/82) beginnt er seinen ersten Film September, Wut – eine Reise (auch: Die Reise in I), den er 1982 in Berlin fertigstellt.

Brynntrup lebt seither in Berlin. Bis zum Ende der 80er Jahre arbeitet er fast ausschließlich mit Super-8. Es entstehen Mehrfachprojektionen, Filmperformances und meist kurze Filme, die zur Boomzeit des Super-8 Formats eine weite Verbreitung finden. Der bekannteste Film dieser Zeit ist Jesus – Der Film, ein zweistündiger Super-8 Monumentalfilm, zu dem über zwanzig Super-8 Filmemacher und Gruppen eine Episode aus dem Neuen Testament beisteuern (1986). Ende der 80er Jahre entsteht Der Elefant aus Elfenbein, ein Zyklus von acht Totentänzen, bei dem verschiedene Performance-Künstler in jeweils einer Episode mit einem Totenkopf agieren. Der Zyklus kommt 1993 zum Abschluss mit dem 16mm-Film Plötzlich und unerwartet – eine Déjà-Revue.

Mit über 15 Teilnahmen bei der Berlinale (seit 1983) gehört er zu den meistpräsentierten Regisseuren des bedeutendsten Festivals in Deutschland. Das Museum of Modern Art New York widmete ihm mehrere Film Exhibitions. Zahlreiche Experimental- und Kurzfilmfestivals zeigten Retrospektiven seiner Arbeiten (z.B. das Tampere International Short Film Festival, 2004).

Ausstellungen (Auswahl)

  • 2007 EXiS – Experimental Film and Video Festival, Werkschau, Seoul
  • 2006 HOTEL EUROPA LTD., KOFIC Namyangju Studios, Korea
  • 2005 Festival Paris Cinéma, Werkschau 'Focus on Director', Paris
  • 2004 Tampere International Short Film Festival, Werkschau 'Up Close And Personal', Tampere
  • 2003/04 KINOUT/STILLING, Riksutstillinger 21 Kunstvereine, Norwegen
  • 2003 São Paulo Int'l Short Film Festival, Werkschau, São Paulo
  • 2002 ACHTUNG, 'Rotes Foyer' im Kino Arsenal, Berlin
  • 1999 HIER ENDET DAS INTERNET, internet, Berlin
  • 1996 HERZSOFORT.SETZUNG, Stuttgarter Filmwinter, Ausstellung im Künstlerhaus Stuttgart
  • 1992 'LEBENDE BILDER - still lives', Werkschau, The Museum of Modern Art, New York
  • 1991 'Gastreise Nederland', Tour durch 10 Städte in den Niederlanden
  • 1988 SO SIEHT EIN PRISE AUS, Internationales Kurzfilm-Festival Hamburg, Werkschau, Hamburg
  • 1987 'Cineprobe', Werkschau, The Museum of Modern Art, New York
  • 1986 'MISSIONSTOURNEE', Jesusfilm-Tour durch 40 Städte der BRD
  • 1985 VIELE TIERE FRESSEN IHR NACHGEBURT AUF, Interfilm 3, Kino Eiszeit Berlin

Filmografie (Auswahl)

  • Face It! (Cast Your Self), 2007
  • Tabu2000.net, 2006
  • Gender Agenda, 1999-2006
  • Das Ovo (Ovo – das Video), 2005 (mit Ovo Maltine)
  • The Hong Kong Showcase (eine Fallstudie), 2005
  • Blue Box Blues (die Inszenierung einer Fotografie), 2004
  • E.K.G. Expositus (die öffentlichen und die künstlerischen Medien), 2003
  • Stummfilm für Gehörlose (online), 2002
  • Achtung – die Achtung (concentration chair), 2001 (mit Mario Brendel, Ron Athey, Harry Toste)
  • Netc.Etera – der Film zum Film, 2000
  • Kein Film | No Film, 2000
  • NY 'NY 'n why not, 1999 (mit Kaspar Kamäleon)
  • Tabu V (wovon man nicht sprechen kann), 1998
  • Loverfilm – eine unkontrollierte Freisetzung von Information, 1996
  • Homo Erectus, 1989–93
  • Aide Mémoire – ein schwules Gedächtnisprotokoll, 1995 (mit Jürgen Baldiga)
  • All you can eat, 1993
  • Plötzlich und unerwartet – eine Déjà-Revue, 1993 (mit Mara Mattuschka, Udo Kier, Ichgola Androgyn)
  • Liebe, Eifersucht und Rache, 1991 (mit BeV StroganoV)
  • Iss doch wenigstens das Fleisch auf, 1986–89
  • Die Statik der Eselsbrücken, 1990
  • Narziss und Echo, 1989 (mit Tima die Göttliche, Helge Musial)
  • Höllensimulation – frei nach Platos Höhlengleichnis, 1987
  • So sieht eine Prise aus, 1983–85
  • Veronika (vera ikon), 1986
  • Testamento Memori, 1986
  • Jesus – Der Film, 1986
  • Handfest – freiwillige Selbstkontrolle, 1984
  • Der Rhein – ein deutsches Märchen, 1983
  • Todesstreifen – ein deutscher Film, 1983
  • September, Wut, eine Reise, 1982

Weblinks


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