Kraftwerk Boxberg

Kraftwerk Boxberg

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Kraftwerk Boxberg
Kraftwerk Boxberg (2009)
Kraftwerk Boxberg (2009)
Lage
Kraftwerk Boxberg (Sachsen)
Kraftwerk Boxberg
Lage in SachsenSachsen Sachsen
Koordinaten 51° 25′ 7,3″ N, 14° 34′ 6,3″ O51.41868333333314.568425Koordinaten: 51° 25′ 7,3″ N, 14° 34′ 6,3″ O
Land Deutschland
Gewässer Umgebungsgewässer und Grundwasser aus den naheliegenden Tagebauen
Daten
Primärenergie Braunkohle
Brennstoff Braunkohle
Leistung 1907 MW
Typ Wärmekraftwerk
Betreiber Vattenfall Europe Generation AG
Projektbeginn 1970er
Betriebsaufnahme Werk III 1978–1979
Werk IV 2000
Turbine vier- und fünfgehäusige Kondensationsturbine
Kessel 4 × 815 Tonnen Dampf/h + 1 × 2422 Tonnen Dampf/h
Feuerung Braunkohlenstaub
Stand 19. Oktober 2009
Kraftwerk Boxberg und Tagebau Nochten im Vordergrund
Kraftwerk Boxberg, Sicht auf den Haupteingang

Das Kraftwerk Boxberg ist ein deutsches Braunkohlekraftwerk in Boxberg/O.L. in der Oberlausitz (Sachsen). Während seiner höchsten Ausbaustufe Anfang der 1980er Jahre war es das größte Kohlekraftwerk in der DDR.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau und technische Daten

Das Kraftwerk hat eine Nennleistung von 1900 MW, verteilt auf drei Kraftwerksblöcke. Das Werk 3 mit seinen beiden 500-MW-Blöcken wurde 1993–1995 modernisiert und unter anderem mit einer Rauchgasentschwefelungsanlage nachgerüstet. Das Werk 4 mit einer Leistung von 907 MW wurde von 1996 bis 2000 neu gebaut und speist seit 2000 Strom in das Verbundnetz ein. Ein weiterer Block ist in Bau. Er wird eine Leistung von 675 MW haben. Der Wirkungsgrad der älteren Anlage liegt bei circa 36 % während die neu errichtete Anlage annähernd einen Wirkungsgrad von 42 % erreicht. Auch die Kühlung erfolgt bei beiden Anlagen getrennt, während Werk 3 von drei Kühltürmen gekühlt wird, ist bei Werk 4 nur noch ein wesentlich leistungsstärkerer Kühlturm vorhanden. Der tägliche Braunkohleverbrauch des Kraftwerks beträgt bis zu 50.000 Tonnen. Die Kohle kommt zum größten Teil aus dem nahegelegenen Braunkohletagebau Nochten, wo sie aus einem 12 Meter mächtigen Flöz abgebaut wird, das 65 bis maximal 100 Meter tief liegt. Die jährliche Fördermenge beträgt etwa 17 Millionen Tonnen Rohbraunkohle. Der Betreiber des Kraftwerks ist Vattenfall Europe (ehemals VEAG).

Geschichte

Kraftwerk Boxberg im Juni 1990
Kraftwerk Boxberg im September 1990

Das erste Kraftwerk am Standort Boxberg wurde 1966 durch den VEB BMK Kohle und Energie errichtet. Anfang der 1980er Jahre waren bereits 14 Kraftwerksblöcke mit einer installierten Leistung von 3520 MW in Betrieb (12x 210 MW + 2x 500 MW). Zu dieser Zeit war Boxberg neben dem Kernkraftwerk Greifswald das größte Kraftwerk der DDR und das größte europäische Kraftwerk auf Braunkohlebasis; es bot damals 4.600 Menschen Arbeit.

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurden die meisten Kraftwerksblöcke aufgrund der nicht den bundesdeutschen Anforderungen entsprechenden Filtertechnik und Effizienz stillgelegt. Bis heute befinden sich Altanlagen des Kraftwerks Boxberg im Rückbau. So wurden die beiden Werke 1 und 2 mit insgesamt zwölf Blöcken mit je 210 MW im Zeitraum 1993–1998 stillgelegt. Am 13. April 2006 wurden vier der gesamt neun unbenutzten Kühltürme des Altwerkes gesprengt.

Unfall im Januar 1987

Im Winter 1986/1987 herrschte in weiten Teilen der DDR eine extreme Kälte, wodurch einerseits ein erhöhter Kohle- und Strombedarf sowie andererseits Probleme bei der Beschickung der Braunkohlekraftwerke resultierten, da die mit Erde vergleichbar feuchtere Rohbraunkohle auf Halden lagerte und größtenteils gefror. Am 14. Januar 1987 wurde Block 13 heruntergefahren und der Generator wurde vom Netz getrennt. Da in dem Schalterhäuschen eine Fensterscheibe eingeschlagen war, gefror in der Druckluftleitung eines Leistungsschalters Kondenswasser. Das führte zum einphasigen zweisträngigen Rückschalten des Generators. Auf den Läufer des Generators wirkten nun starke asynchrone Momente. Er beschleunigte und geriet in starke Schwingungen, was wiederum starke Vibrationen am Generator und dem umliegenden Maschinenhaus zur Folge hatte. Der Generator war über eine Verbindungswelle (ca. 50 cm Durchmesser) an die Turbine gekuppelt. Der Kopf dieser Welle und die Verbindungsbolzen wurden durch die auftretenden Kräfte abgeschert. Ein massiver Lagerbock, der an dieser Stelle die Verbindungswelle trug, wurde einige Meter weggeschleudert. Umherfliegende Trümmer zerrissen zahlreiche Leitungen, wie die des Wasserstoff-Kühl- und des Dichtölsystems. Der Wasserstoff entzündete sich explosionsartig. Das Dichtölsystem des Generators war steuerungstechnisch so sicher, dass sich weder die zwei Drehstrommotor-Pumpen, noch die Gleichstrommotor-Pumpe ausschalten ließen. Infolge der enormen Hitze knickten die nun erweichten Stahlträger der Dachkonstruktion und die vordere Fensterreihe des Maschinenhauses ein und es kam zum Einsturz des etwa 22 m hohen Gebäudes. Der Brand erfasste ebenfalls das Maschinenhaus von Block 14 und dessen Generator ging nach kurzer Zeit über Not-Abschaltung vom Netz. Das Restgebäude war etwa bis zur Höhe von 11 m, dem oberen Sockelrand der Mauerkonstruktion, mit Trümmern gefüllt.

Dieser Ausfall von 1000 MW führte in den folgenden Monaten zu spürbaren Engpässen in der Elektroenergieversorgung der DDR. Der Staatsrat der DDR leitete eine Untersuchung ein, um einen zunächst vermuteten Sabotageakt auszuschließen. Dass bei einer Havarie dieses Ausmaßes niemand tödlich verletzt wurde, muss als großes Glück bezeichnet werden.

Die Beseitigung der Havariefolgen erfolgte mit Hochdruck, das heißt, die Kontingente von NVA-Soldaten zur Beräumung wurden erhöht und später doch durch schwere Technik aus Westdeutschland und Fachkräfte ersetzt. Die Wiederinbetriebnahme verzögerte sich trotzdem von Februar/März bis Oktober/November 1987.

Die vielfach gepriesene Energieverbundleitung des RGW von der DDR bis zu den Kraftwerken der Sowjetunion/Mongolei erwies sich als Utopie – so bezog die DDR zusätzlich Energie aus der ČSSR, die dafür den Strom aus Westdeutschland oder/und Österreich bezog, den wiederum die DDR bezahlte, weil sie keine Verbundleitung zu diesen Lieferanten hatte.

Unfall im September 2000

Am 10. September 2000 ereignete sich ein weiterer schwerer Unfall, bei dem auch Personen zu Schaden kamen. Aus einer geplatzten Frischdampfleitung trat unkontrolliert Dampf aus und fügte zwei Mitarbeitern schwere Verbrühungen zu. Die beiden Verletzten wurden in Spezialkliniken nach Berlin und Leipzig geflogen. Einer der beiden Mitarbeiter wurde so schwer verletzt, dass er verstarb. Eine angrenzende Bekohlungsanlage sowie Anlagen des Nachbarblocks wurden ebenfalls beschädigt.[1]

Neubau Block R

in Bau befindlicher Block R

Bis zum Jahr 2011 entsteht am Standort ein weiterer Kraftwerksblock mit einer Leistung von 675 MW. Am 16. Oktober 2006 begannen die Erdarbeiten, und am 13. April 2007 fand die Grundsteinlegung für den neuen Block statt. Um diesen mit Kohle zu versorgen, wurde der gestundete Tagebau Reichwalde durch Vattenfall Europe Mining (ehemals LAUBAG) wieder aktiviert. Damit die höhere Kohlemenge für das Kraftwerk bereitgehalten und zur Verfügung gestellt werden kann, entstand von Juni bis Oktober 2009 auf dem Kohlelagerplatz des Kraftwerkes ein neues „Schüttgut-Absetz-und-Wiederaufnahmegerät“ (Schaufelradbagger kombiniert mit kleinem Absetzer).

  • Höhe des Kesselhauses: 135 Meter
  • Höhe des Kühlturms: 155 Meter

Rückbau der Schornsteine

Im Jahr 2000 begann der Rückbau des Schornsteins des Werkes 3, als erster von vier 300 m hohen Stahlbeton-Schornsteinen. Ein Sprengabbruch konnte aus Gründen der sich in der Nähe befindlichen Anlagen der Rauchgasreinigung und Entaschung nicht durchgeführt werden. Aus diesem Grund kam eine Spezialabbruchmaschine mit drei aufgesetzten Spezialbaggern mit hydraulischen Abbruchzangen von 500 t zum Einsatz. Damit wurde der Schaft und das Futtermauerwerk segmentweise abgebrochen. Durch Ein- und Ausfahren der drehbaren Auflagerbühnen wurde die Abbruchmaschine auf die neu hergestellte Arbeitsebene abgesenkt. In gleicher Folge wurde der Schornstein abschnittsweise abgetragen. Der Betonabbruch wurde innen über eine Fuchsöffnung abgefahren. Eine äußere Kletterbühne gewährleistete einen Schutz vor unbeabsichtigt herabfallen Abbruchmaterialen über die Außenseite. Im gleichen Verfahren werden die 300-m-Schornsteine des Kraftwerkes Jänschwalde abgetragen. Von den drei übrigen 300-m-Schornsteinen wurden zwei am 9. Mai 2009 gegen 11 Uhr gesprengt. Um dies zu ermöglichen, musste die ehemalige Bekohlungsanlage und eine Kohlebandbrücke abgebaut werden. Für den dritten war eine Sprengung wegen seiner Nähe zum aktiven Kraftwerk nicht möglich. Er wird schrittweise von innen heraus abgebaut.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Kraftwerk Boxberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. www.kraftwerke-online.de: Überschattete Feier

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