Kindersterblichkeit

Kindersterblichkeit

Kindersterblichkeit beziffert den Anteil der Kinder, die im Zeitraum der ersten fünf Lebensjahre sterben, bezogen auf 1.000 Lebendgeburten. Die Sterblichkeit im ersten Lebensjahr bezeichnet man als Säuglingssterblichkeit. Laut UNICEF ist Mangelernährung die Hauptursache für Kindersterblichkeit.

In Deutschland betrug die Kindersterblichkeit 2006 3,8 pro 1.000 Lebendgeburten[1] in Österreich 3,6 pro 1.000 Lebendgeburten.[2] Für die Schweiz wird die Zahl für 2008 auf etwa 4 geschätzt.[3]

Inhaltsverzeichnis

Ursachen

Perinatale Komplikationen sind Hauptursache für die Kindersterblichkeit. Diese steht vor allem in Entwicklungsländern zu über 50 Prozent in Zusammenhang mit Mangelernährung. In Subsahara-Afrika verursachen auch Malaria und Aids einen großen Teil der Kindersterblichkeit.[4]

Historische Entwicklung

Im Mittelalter war die Kindersterblichkeit in Europa enorm hoch. Das Lexikon des Mittelalters gibt an, dass mehr als die Hälfte der Kinder keine 14 Jahre alt wurden. In der Frühen Neuzeit begann die Kindersterblichkeit langsam zu sinken; deutlich sank sie erst mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert.

Heute ist die Verringerung der weltweiten Kindersterblichkeit um zwei Drittel gegenüber 1990 eines der UN-Millenniumsziele.[5]

Nach Angaben der UNICEF starben 1990 12,7 Millionen Kinder unter fünf Jahren, 2006 waren es 9,7 Millionen[6], 2007 9,2 Millionen, was einem Rückgang von 27 % entspricht.[7] Davon starben 2006 4,8 Millionen in Afrika südlich der Sahara, 3,1 Millionen in Südasien. In Lateinamerika, Osteuropa und Ostasien betrug die Sterblichkeit 1990 55 Todesfälle pro 1.000 Geburten, 2006 waren es 27.[6] Auch innerhalb der Länder sind zum Teil große Unterschiede in der Kindersterblichkeit messbar. Neben Unterschieden in der geographischen Verteilung sind Kinder aus ärmeren Haushalten signifikant stärker gefährdet als Kinder aus reichen.[4] In den Industrieländern sterben etwa 0,7 Prozent der Neugeborenen vor ihrem fünften Geburtstag.[7]

Entwicklung in Deutschland

Kindersterblichkeitsrate (Tode pro 1.000 Geburten)

1870 starben in Deutschland fast 250 von 1.000 Kindern.[8] Dabei gab es starke regionale Unterschiede. So lag im 19. Jahrhundert die Sterblichkeit in der Donauregion bei etwa 35 Prozent, in Südbaden, der Rheinebene und Nord-Württemberg bei unter 20 Prozent. Zu beachten ist bei diesen Zahlen auch, dass die statistische Erfassung ungenau ist. So war etwa der Erfassungszeitraum nicht immer mit den ersten 5 Lebensjahren definiert, oder aus religiösen Gründen wurden tot geborene Kinder als nachgeburtliche Sterbefälle deklariert.[9]

Häufigste Todesursache war dabei Durchfall, wobei vor allem Kinder gefährdet waren, die nicht gestillt wurden. Ärmere Gesellschaftsschichten hatten dabei eine höhere Sterblichkeit als reiche. [4]

Die Kindersterblichkeit in Deutschland sank bis 1910 auf etwa 160, 1930 auf unter 100 und 1970 auf etwa 25.[8] Ursache für den Rückgang waren der wachsende Wohlstand, konsequentes Stillen sowie beratende, soziale und hygienische Maßnahmen und auch die Kinderheilkunde. Der Rückgang ab 1970 ist zu einem großen Teil auf eine Weiterentwicklung der Geburts- und Perinatalmedizin zurückzuführen.[4]

In Deutschland gibt es regionale Unterschiede bei der Säuglingssterblichkeit. 2004 starben in Nordrhein-Westfalen 5 Kinder pro 1.000 Geburten, wobei im Bundesland selbst eine Ungleichverteilung von 3,3 im Rhein-Sieg-Kreis bis 8,7 in Gelsenkirchen zu verzeichnen war. Auch gab es Unterschiede nach der Staatsangehörigkeit. So starben in Nordrhein-Westfalen 4,6 Kinder pro 1.000 Geburten von Eltern deutscher Staatsangehörigkeit, aber 11,1 von Eltern mit ausländischer Staatsangehörigkeit. In Baden-Württemberg und Bayern betrug die Sterblichkeit 3,4.[4]

Kindersterblichkeit weltweit

Nach Angaben von UNICEF aus dem Jahr 2009 sterben derzeit jedes Jahr 8,8 Millionen Kinder unter fünf Jahren. Viele davon an Unterernährung oder Krankheiten, die leicht zu verhindern/behandeln wären. Allein 40 % aller Todesfälle ereignen sich in den ersten 28 Lebenstagen. Lungenentzündung, Durchfall und Malaria sind die häufigsten Krankheiten. Die meisten Kindertode werden in Afrika südlich der Sahara und in Südasien verzeichnet, wobei in fünf Ländern etwa die Hälfte aller Todesfälle registriert werden: Indien, Nigeria, die Demokratische Republik Kongo, Pakistan und Äthiopien. In allen diesen Ländern gibt es große Unterschiede im Gesundheitszustand der Bevölkerung – sowohl zwischen ländlichen und städtischen Gebieten als auch zwischen Arm und Reich.

Jedoch gibt es auch Fortschritte. In einigen der ärmsten Länder konnten bedeutende Erfolge erzielt werden. So konnte beispielsweise Malawi seine Kindersterblichkeitsrate innerhalb von 20 Jahren um fast die Hälfte senken. Maßnahmen waren: Erhöhung der Anzahl von Hebammen, eine wesentlich verbesserte Impfungsrate und Investitionen in eine verbesserte Kinderernährung. [10]

Verweise

Weblinks

Fußnoten

  1. START INS LEBEN – Einflüsse aus der Umwelt auf Säuglinge, ungeborene Kinder und die Fruchtbarkeit. Umweltbundesamt, abgerufen 26. Sept. 2008.
  2. Gesundheit Österreich GmbH, Leistungsfähigkeit des österreichischen Gesundheitssystems im Vergleich, Juli 2008, S. 12
  3. Infant mortality rate. In: cia.gov. 4. Sept. 2008.
  4. a b c d e Oliver Razum, Jürgen Breckenkamp: Kindersterblichkeit und soziale Situation. Ein internationaler Vergleich. In: Deutsches Ärzteblatt. Köln 43.2007, 104.
  5. Goal 4. Reduce child mortality. United Nations Development Programme, abgerufen 26. Sept. 2008.
  6. a b UNICEF Zahl kindlicher Todesfälle sinkt erstmals unter 10 Millionen. 13. Sept. 2007.
  7. a b Nachrichten · Ausland – Unicef. Weltweite Kindersterblichkeit weiter gesunken. In: Deutsches Ärzteblatt. Köln 12. Sept. 2008.
  8. a b Kindersterblichkeit und soziale Situation. Ein internationaler Vergleich. In: aerzteblatt.de. Dtsch. Arztebl. 43.2007, 104, A-2950 / B-2599 / C-2520
  9. Stefanie Kölbl: Dissertation – Das Kinderdefizit im frühen Mittelalter – Realität oder Hypothese? Geowissenschaftlichen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität, Tübingen 2004, S. 29–30. (PDF-Datei)
  10. 20 Jahre Kinderrechte.

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