Kaneš

Kaneš
Kültepe

Kaneš (Kanesch), heute Kültepe war eine bronzezeitliche Siedlung in Zentral-Anatolien 20 km nordöstlich von Kayseri.

Inhaltsverzeichnis

Ausgrabungen

Seit 1880 tauchten auf dem Markt Keilschrifttafeln auf, die nach ihrer Herkunft kappadokische Tafeln genannt wurden. Es handelt sich um ca. 3000 Texte, die meisten sind inzwischen publiziert. 1925 wurde Kültepe als ihr Herkunftsort identifiziert[1].

Ausgrabungen:

Chronologie

Die Gleichsetzung von Kültepe mit Nesa wurde zuerst von H. G. Güterbock vorgeschlagen [2] Die Besiedlung wird in drei Phasen aufgeteilt:

  • Karum II, 1880–1810 v. Chr., Blütezeit der Siedlung
  • Karum Ib, 1810–1740 v. Chr., Niedergang
  • Karum Ia frühhethitische Siedlung Kaneša, verkürzt Neša

Der Beginn der assyrischen Ansiedlung wird gewöhnlich in die Regierungszeit von Erišum I. gesetzt. Diese Chronologie wird inzwischen als zu kurz betrachtet. Aus der Karum-II-Periode sind insgesamt 129 limmu-Namen bekannt[3]. Aus Eski Saray in Kültepe stammt ein Dendro-Datum für die Karum-II-Periode von 2033 (keine Waldkante)[4].

Aufbau der Siedlung

Die Siedlung besteht aus der anatolischen Stadt Nescha und der assyrischen Händlersiedlung (karum) im Außenbezirk. In der Akropolis lag unter Anderem ein Palast, der auch Lagerräume besaß. Die Palastschreiber bedienten sich der assyrischen Sprache und benutzten Keilschrift.

Assyrische Handelskolonie

Ruinen von Kaneš mit dem Berg Erciyes Dağı im Hintergrund

In der Vorburgsiedlung befand sich ein Handelsposten des Alt-assyrischen Reichs (karum). Dieser war eine Station für Karawanen von und nach Assyrien. Hier wohnten auf ca. vier Hektar schätzungsweise 500 bis 700 Menschen - die Händler und ihre Familien- und auch Kaufleute aus Anatolien und Syrien. Architektonisch unterscheidet sich die Siedlung kaum von einer einheimischen Stadt. Zahlreiche Heiraten zwischen Assyrern und örtlichen Frauen sind durch die Heiratsverträge belegt. Die Einwohner des karum lebten nach assyrischem Recht, waren also extraterritorial. Sie durften aber zum Beispiel keine einheimischen Sklaven besitzen. Gehandelt wurde vor allem mit assyrischen und babylonischen (ṣubātū ša A-kà-dí-e)[5] Textilien, Zinn aus Innerasien und anatolischem Silber. Die Assyrer transportierten auch ostanatolisches Kupfer (Schwarzmeergebiet und Ergani Maden) nach Westen. Larsen schätzt, dass zur Karum-II-Zeit ca. 100.000 Stück Wollstoff aus Assyrien hierher gebracht wurden. Die Wege der Eselskarawanen waren von kleineren Wegestationen (wabaratum) und größeren Handelsniederlassungen (karu) gesäumt, die sich vor allem in den Stadtkönigreichen der Region befanden. Gegen die Zahlung einer Abgabe (nišatum) garantierten die örtlichen Herrscher die Sicherheit der Kaufleute und das Fernhalten von Rivalen aus dem Süden. Sie hatten außerdem ein Vorverkaufsrecht auf zehn Prozent aller transportierten Textilien. Außerdem mussten die Assyrer eine Maut im Wert von zehn Prozent der beförderten Waren zahlen. Es existierten auch Vereinbarungen zum Umgang mit Schmugglern, die diese Abgaben zu umgehen suchten.

ḫarrâm sukînim, die "Straße der Gefahr", konnte benutzt werden, um Kaneš und den dort erhobenen Zoll (šaddu'atum) zu umgehen. Sie führte unter Anderem nach Durḫumid/Duruḫmid. Lewy will die "Straße der Gefahr" mit dem Handelsweg verbinden, der von Akçadağ (Timilkia) über Darende, Gürün und Pınar Başı zum Halys und nach Alişar und Bogazköy führt[6].

Funde

Es wurden Rollsiegel gefunden. Die Funde sind im Museum für anatolische Zivilisationen in Ankara ausgestellt.

Schriftzeugnisse

Bei Ausgrabungen wurden Tontafeln mit altassyrischer Keilschrift, die sogenannten Kappadokischen Tafeln gefunden, deren Sprache der Linguist Bedřich Hrozný teilweise als indoeuropäisch identifizierte. Heute nennt man diese Sprache Hethitisch. Bei der Wiederaufnahme der Ausgrabungen im Jahre 1948 fanden die türkischen Archäologen Tahsin Özgüç und Nimet Özgüç eine Vielzahl weiterer Tontafeln in assyrischer und hethitischer Sprache. Inzwischen sind mehr als 20.000 Texte aus mindestens 70 Archiven ausgegraben worden[7], meist Geschäftsbriefe, Inventarlisten und Urkunden. Teilweise ist dadurch sogar der Name des Hauseigentümers bekannt. Die Tontafeln umfassen einen Zeitraum von ca. 50 Jahren. Die gefundenen Keilschrifttafeln tragen das Kürzel 'kt' für Kültepe bzw. 'k' für kārum. Die Jahre 1948 bis 1972 werden durch die Buchstaben a-z bezeichnet, danach werden die letzten beiden Stellen der Jahreszahl genutzt[8]. Die meisten dieser Texte sind bislang unpubliziert.

Verwaltung

Insgesamt sind mehr als dreißig Titel aus der einheimischen Verwaltungshierarchie überliefert (Veenhof 1982, 154)

  • rabi simmiltim: höchster Beamter nach dem König. Er besitzt eigene Arbeiter, darunter Kupferschmiede
  • rabi huršātim Halkiašu
  • rabi sikkitim, der Oberbefehlshaber der Streitkräfte
  • rabi paššurī, der Oberhofmeister
  • rabi mahʾīrm, der Marktaufseher
  • rabi tergumannī, der oberste Dolmetscher
  • rabi ṣābim/rabi ṣābē
  • rabi masṣṣartim/rabi maṣṣaratim
  • rabi rē'êm/rabi rē'ê
  • alaḫḫinnum

Religion

In Kaneš wurde der Sonnengott Šiu verehrt. Nach der hethitischen Eroberung wurde er nach Zalpa verschleppt. Erst unter Anitta kehrte er in seine Heimatstadt zurück.

Siehe auch

Literatur

  • M. Larsen: The Old-Assyrian city state and its colonies. Kopenhagen 1976
  • Gil Stein: The political economy of Mesopotamian colonial encounters. In Gil Stein (Hrsg.), The archaeology of colonial encounters: comparative perspectives. School of American Research advanced seminar series, Santa Fe, School of American Research Press, 2005
  • Emin Bilgiç (Hrsg.): Ankara Kültepe tabletleri. (Ankaraner Kültepe-Tafeln), Türk Tarih Kurumu Yayinlarindan, Ankara 1990
  • Emin Bilgiç, Karl Hecker (Übers.): Ankaraner Kültepe-Texte, Texte der Grabungskampagne 1970. Freiburger altorientalische Studien, Beihefte: Altassyrische Texte und Untersuchungen 3, Steiner, Stuttgart 1995.
  • Cécile Michel: Tablettes paléo-assyriennes de Kültepe. Boccard, Paris 1997.
  • Nimet Özgüç: Seals and seal-impressions of the level Ib from Karum-Kanish. Ankara 1968.

Einzelnachweise

  1. Jan Gerrit Dercksen, The old Assyrian copper trade in Anatolia. Istanbul 1996, Nederlands Historisch-Archaeologisch Instituut te Istanbul. Publications de l'Institut historique-archéologique néerlandais de Stamboul 75
  2. H. G. Güterbock. Eretz-Israel V, 1958 (Mazar Gedenkschrift), 45-50.
  3. Klaas Roelof Veenhof, The Old Assyrian list of year eponyms from Karum Kanish and its chronological implications. Ankara: Turkish Historical Society 2003
  4. P. Kuniholm, Dendrochronological perspectives on greater Anatolia and the Indo-Hittite language familiy. In: Robert Drews (Hrsg.), Greater Anatolia and the Indo-Hittite language family (Washington: Institute for the Study of Man, 2001), 29
  5. W. F. Leemans, Foreign trade in the Old Babylonian period as revealed by texts from southern Mesopotamia. Studia et documenta ad iura Orientis antiqui pertinentia 6. Leiden : E. J. Brill, 1960, 99
  6. Hildegard Lewy, Neša. Journal of Cuneiform Studies 17/4, 1963, 104
  7. Klaas R. Veenhof, "Modern" features in Old Assyrian Trade. Journal of the Economic and Social History of the Orient 40/4, 1997, 338
  8. Klaas R. Veenhof, "Modern" features in Old Assyrian Trade. Journal of the Economic and Social History of the Orient 40/4, 1997, 336

Weblinks

 Commons: Kaneš – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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