Heiliger Rock

Heiliger Rock
KITA-Tag der Heilig-Rock-Tage 2010

Der Heilige Rock ist eine Reliquie, die im Trierer Dom aufbewahrt wird und Fragmente der Tunika Jesu Christi enthalten soll. Die Echtheit des Heiligen Rockes ist umstritten. Seine wechselvolle Geschichte und seine mitunter ungünstigen Aufbewahrungsbedingungen führten dazu, dass eine textilarchäologische Untersuchung 1973/74 Herkunft und Alter nicht genau bestimmen konnte.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Nach dem Evangelium nach Johannes wurde ein Teil der Gewänder Jesu nach dessen Kreuzigung verteilt. Der Leibrock jedoch wurde unter den Soldaten verlost, da er für eine Zerteilung zu kostbar erschien. Denn er war „von oben her ganz durchgewebt und ohne Naht“ (Joh 19,23 EU). Der weiteren Überlieferung nach soll die Heilige Helena, Mutter Konstantins des Großen, den Hl. Rock nach Trier gebracht haben.[2]

Da man sich allerdings des Öfteren anlässlich einer Zeigung zu Ausbesserungen und Schutzmaßnahmen gezwungen sah, ist der Urzustand der Tunika zunehmend verändert worden. Laut verschiedenen Untersuchungen handelt es sich um mehrere Lagen verschiedener Stoffe, die durch das Alter zusammengeklebt sind; den Kern bildet eine Wolltunika.[3] Das Bistum Trier beschreibt den derzeitigen Zustand der Reliquie auf seiner Webseite wie folgt (2011): "Die durchgehenden Stofflagen des Vorderteils der Tunika bestehen heute, von innen nach außen gesehen, aus rotbraunem Seidensatin, aus bräunlichem Tüll und aus grünlichem Taft. Dieser Taft verfügt über eine Auflage von alten Stofffragmenten, die durch Gummitragant verbunden sind. Der Rückenteil besteht aus rotbraunem Seidensatin, bräunlichem Tüll, feiner Seidengaze, einer Filzschicht, grünlicher Taftseide, einer weiteren Filzschicht und Seidengaze. Es ist davon auszugehen, daß die Wollfasern, die heute einen teils zusammenhängenden, teils zerbröckelnden Filz bilden, das Kerngewebe darstellen. Dessen Alter kann nicht mehr genau bestimmt werden."[4]

Erinnerung an die Wallfahrten 1844 und 1891, Darstellung von 1891

Urkundlich erwähnt wurde der Heilige Rock erstmals am 1. Mai 1196, als Erzbischof Johann I. den Hochaltar im damals neu errichteten Ostchor des Trierer Domes weihte und die Reliquie darin einschloss. Jene urkundliche Ersterwähnung ist älter als die der Sandalen Christi welche sich im Besitz der nahen Abtei Prüm befinden.

Als Kaiser Maximilian I. anlässlich des Reichstags 1512 nach Trier kam, verlangte er, den Heiligen Rock zu sehen. Erzbischof Richard von Greiffenklau ließ in Anwesenheit des Kaisers sowie vieler Bischöfe und Prälaten den Altar öffnen. Nach einem Gedächtnisgottesdienst für die verstorbene Gemahlin Kaiser Maximilians I. forderten die Bürger lauthals, dass ihnen der Rock gezeigt werde. Das Domkapitel ließ – so zeigen es zeitgenössische Holzschnitte – an der Westapsis des Domes einen Balkon errichten, von dem aus ab dem 30.Juni mehrere Zeigungen stattfanden. Bis 1517 fanden dann jährlich Wallfahrten zum Heiligen Rock nach Trier statt. Auf Anweisung von Papst Leo X. sollten die Wallfahrten danach in Abstimmung mit den Aachener Heiltumsfahrten erfolgen. So wurden die nächsten Termine im Sieben-Jahres-Rhythmus festgelegt: 1524; 1531; 1538 und 1545. Wegen kriegerischer Auseinandersetzungen und reformationsbedinger Unruhen wurde der Rhythmus zunächst ausgesetzt, dann eingestellt. Der Heilige Rock wurde von 1632 bis 1794 mit einigen Unterbrechungen auf der Festung Ehrenbreitstein bei Koblenz aufbewahrt. Dort stellte ihn am 4. Mai 1765 Bischof Johann IX. Philipp von Walderdorff feierlich aus und veranlasste eine Wallfahrt.[5] Der letzte Trierer Kurfürst Clemens Wenzeslaus nahm die Reliquie mit nach Augsburg, sie kehrte erst 1810 wieder nach Trier zurück.

Eine frühe literarische Erwähnung findet sich im Versepos Orendel (um 1190 entstanden).

20 Pf-Sondermarke der Deutschen Bundespost (1959) zur Ausstellung 1959

Wallfahrten

Wallfahrten zum ausgestellten Heiligen Rock fanden bisher in den Jahren 1513, 1514, 1515, 1516, 1517, 1524, 1531, 1538, 1545, 1655, 1765 (Koblenz), 1810, 1844, 1891, 1933, 1959 und 1996 statt.

Im Jahr 1810 wurde der Heilige Rock anlässlich seiner Rückführung aus Augsburg 18 Tage lang ausgestellt und von über 220.000 Pilgern besichtigt.

Zur Trierer Wallfahrt von 1844 kamen in den 7 Wochen über eine Million Pilger. Diese Zurschaustellung führte zu heftigen öffentlichen Debatten. Sie war Auslöser für Otto von Corvins antiklerikales Buch Pfaffenspiegel und Rudolf Löwensteins Spottgedicht Freifrau von Droste-Vischering zum heil’gen Rock nach Trier ging im Kladderadatsch. Der Priester Johannes Ronge schrieb einen Protestbrief an den Bischof von Trier, in dem er den „Götzendienst“ anprangerte, der mit der Wallfahrt zu der Reliquie geleistet würde. Das führte zu seiner Exkommunikation und zur Gründung der Deutschkatholischen Kirche, die zur freireligiösen Bewegung führte.

Anlässlich der Wallfahrt wurde die K.D.St.V. Bavaria Bonn im Cartellverband gegründet.

Im Jahr 1891 wurde in Pressemeldungen in Rom, Paris, London und Kairo über die Trierer Heilig-Rock-Wallfahrt, die Bischof Michael Felix Korum organisierte, geschrieben. Die Wallfahrt war zu einem kirchlichen Ereignis internationalen Ranges geworden. Es kamen fast zwei Millionen Pilger.[6]

1933 fand anlässlich des Heiligen Jahres die Ausstellung des Heiligen Rocks vom 23. Juli bis zum 8. September statt. Über zwei Millionen Pilger sahen die Reliquie.

Als vom 19. Juli bis zum 20. September 1959 der Heilige Rock ausgestellt wurde, sahen ihn 1,8 Millionen Pilger.

Logo der Heilig-Rock-Wallfahrt 2012

Die letzte Wallfahrt, in der die Tunika Christi ausgestellt wurde, brachte im Jahr 1996 unter dem Motto „Mit Jesus Christus auf dem Weg“ rund 700.000 Pilger nach Trier. Seitdem veranstaltet das Bistum Trier jährlich „Heilig-Rock-Tage“, zehntägige Veranstaltungen in der Art eines regionalen Katholikentags. Der Heilige Rock wird dabei nicht ausgestellt, jedoch können Besucher des Trierer Domes während der Heilig-Rock-Tage die Heiligtumskammer begehen, in deren Mitte sich der Schrein mit der durch mehrere Schichten Glas und Holz gesicherten Reliquie befindet. 2011 entfielen die Heilig-Rock-Tage. Stattdessen begann ab dem 6. Mai 2011 das Jahr der geistlichen Vorbereitung für die kommende Wallfahrt.

Die nächste Wallfahrt mit Zeigung des Heiligen Rockes, zu der Bischof Stephan Ackermann am 17. Februar 2010 auch Papst Benedikt XVI. im Rahmen einer Audienz in Rom eingeladen hat, wird vom 13. April bis 13. Mai 2012 stattfinden. 2012 jährt sich die erste Zeigung des Heiligen Rockes in Zusammenhang mit dem Reichstag zu Trier 1512 zum 500. Mal. Das Leitwort der Wallfahrt 2012 lautet „Und führe zusammen, was getrennt ist“. Es greift eine Zeile aus dem „kleinen Pilgergebet“ auf, das seit 1959 fester Bestandteil des Gebetsgutes der Trierer Kirche ist.

Siehe auch

Literatur

  • Erich Aretz, Michael Embach, Martin Persch, Franz Ronig (Hrsg.): Der Heilige Rock zu Trier. Studien zur Geschichte und Verehrung der Tunika Christi; Trier, 19962; ISBN 3-7902-0173-1.
  • Michael Embach: Dokumentation zur Trierer Heilig-Rock-Verehrung; in: Jahrbuch des Kreises Trier-Saarburg, 1991.
  • Michael Hesemann: Die stummen Zeugen von Golgatha. Die faszinierende Geschichte der Passionsreliquien Christi; München: Hugendubel, 2000; ISBN 3-7205-2139-7.
  • Ursula Bartmann: Ein "Reiseführer" zum Heiligen Rock; Trier: Paulinus, 2010; ISBN 978-3-7902-1800-8.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ursula Bartmann: Kleiner Reiseführer zum Heiligen Rock; Seite 69–75.
  2. Wetzer und Welte, Kirchenlexikon, Band 9, Seite 333, Herder, 1852, Zur Trierer Tradition des Hl. Rockes
  3. Untersuchungsbericht von 1891
  4. Webseite des Bistums Trier, über den Hl. Rock
  5. Zur Hl. Rock-Ausstellung bzw. Wallfahrt von 1765
  6. Meyers Konversationslexikon 1905

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