Hans Habe

Hans Habe

Hans Habe, eigentl. János Békessy (* 12. Februar 1911 in Budapest; † 29. September 1977 in Locarno), war ein österreichischer Journalist, Schriftsteller und Drehbuchautor jüdischer Herkunft. Als Schriftsteller benutzte er die Pseudonyme Antonio Corte, Frank Richard, Frederick Gert, John Richler und Hans Wolfgang.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach dem Ersten Weltkrieg kam die Familie Békessy von Budapest nach Wien. Dort verursachte Habes Vater, Imre Békessy, mehrere Skandale, die Karl Kraus in seinen Werken immer wieder anprangerte. Als Kraus in seiner Zeitschrift Die Fackel die Polemik „Hinaus aus Wien mit dem Schuft” veröffentlichte, verließ Békessy Wien und ging nach Budapest zurück.

Bereits in Ungarn hatte Habe durch seine Mutter, die Lehrerin Bianca Marton, und seine Gouvernante Adele Bienert Deutsch gelernt. Er blieb mit seiner Mutter in Wien und besuchte von 1921 bis 1929 das Gymnasium Stubenbastei. Dort ging etwa zur selben Zeit Hilde Spiel zur Schule. Die beiden lernten einander 1927 kennen und verliebten sich. Ein Jahr später brach Habe mit Hilde Spiel, doch schätzten sie einander auch später noch, bis es in den sechziger Jahren aus politischen Gründen zum Zerwürfnis kam. Nach der Matura (Abitur) versuchte Habe in Heidelberg, Jus und Germanistik zu studieren. Obwohl er evangelisch getauft war, bekam er Schwierigkeiten wegen seiner jüdischen Herkunft, sodass er nach Wien zurückkehrte.

In diese Zeit fallen auch Habes erste literarische Versuche. Wahrscheinlich um sich von seinem Vater zu distanzieren, änderte Habe seinen Namen. Hans ist die deutsche Übersetzung von János und Habe steht lautmalerisch für die Anfangsbuchstaben von Hans Békessy (ung. „béke“ steht für „Frieden“).

Ab 1930 war Habe als Journalist bei der Wiener Sonn- und Montagspost tätig. Dort veröffentlichte er in einem Artikel den bisherigen Werdegang Adolf Hitlers. 1931 wechselte Habe als Chefredakteur zur Österreichischen Abendzeitung und wurde damit einer der jüngsten Chefredakteure Europas. 1932 heiratete er seine erste Ehefrau Margit Bloch. Die Ehe wurde geschieden, bald nachdem Habe seine zweite Ehefrau kennenlernte. Er heiratete im Juni 1934 Erika Levy, geschiedene Mosse, Tochter von Dr. Walter Levy, Eigentümer der Tungsram-Glühbirnenfabriken. Erikas erster Ehemann war der Arzt und Schriftsteller Dr. Erich Mosse, Sohne des Berliner Pressezaren Rudolf Mosse. Von Erika lässt sich Habe 1941 im amerikanischen Scheidungsparadies Reno scheiden. [1]

Anfang 1934 wechselte Habe zum Wiener Morgen und war auch (wenn auch nur einige Wochen) für den Pressedienst der faschistischen Heimwehr von Ernst Rüdiger Starhemberg tätig. Als Habe gewahr wurde, dass Benito Mussolini einer der größten Finanziers der Heimwehr war, kündigte er sofort wieder.

In den Jahren 1935 bis 1939 war Habe beim Prager Tagblatt angestellt. Für diese Zeitung ging er als Korrespondent nach Genf zum Völkerbund. Als solcher nahm er auch 1938 an der Konferenz von Évian teil, die Präsident Franklin D. Roosevelt initiiert hatte. Nebenbei konnte Habe 1936 mit seinem Roman Drei über die Grenze als Schriftsteller debütieren.

Als einer der Ersten wurde Habe 1938 nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich ausgebürgert und seine Bücher verboten. Deshalb ging Habe mit seiner Ehefrau ins Exil nach Frankreich. Dort meldete er sich im darauffolgendem Jahr als Freiwilliger und kämpfte mit dem 21ème Régiments de Marche de Volontaires Etrangers gegen die Deutschen. Am 21. Juni 1940 wurde er gefangengenommen und kam ins Sammellager Drancy nordöstlich von Paris. Mit Hilfe französischer Freunde konnte er von dort fliehen. Zusammen mit seiner Frau rettete er sich durch Frankreich und Spanien nach Portugal. Dieses „Abenteuer” thematisierte sein Freund Erich Maria Remarque in seinem Buch Die Nacht von Lissabon.

Dort erlangte das Ehepaar Habe Visa und konnte Ende 1940 in die USA emigrieren. Bei seiner Einbürgerung lernte Habe Eleanor Close kennen, geschiedene Rand, geborene Hutton. Ihre Mutter war Marjorie Merriweather Post. Sie war demnach die Enkelin und Erbin von Charles W. Post, dem Gründer von General Foods Inc. Hans Habe heiratete sie im April 1942. Sie hatten miteinander einen Sohn, Anthony Niklas Habe (geb. 1944).

Ende 1942 wurde Habe in die US Army eingezogen und im „Military Intelligence Training Center” in Camp Ritchie, Maryland in psychologischer Kriegführung ausgebildet. Mit der Propaganda-Einheit 1st Mobile Radio Broadcasting Company der Ritchie Boys ging Habe im März 1943 nach Nordafrika und nahm auch an der Besetzung Italiens teil. Er wurde u. a. bei der Landung bei Salerno eingesetzt. 1944 wurde er Ausbilder in Psychologischer Kriegführung in Camp Sharpe bei Gettysburg, Pennsylvania.

In seinen Memoiren berichtete Heym (fast neidisch) von dieser Zeit „… war es nur Generälen gestattet, nach eigenem Geschmack geschneiderte Sonderuniformen zu tragen - und Lieutenant Habe.”

Im Herbst 1944 übernahm Habe eine Abteilung innerhalb der Stabsgruppe für Propaganda und Psychologische Kriegführung (P&PW Detachment) der 12. Armeegruppe, die deutsche Zeitungen herausgeben sollte. Habe suchte sich für seine Abteilung u. a. folgende Mitarbeiter aus: Stefan Heym (Schriftsteller), Conny Kellen (Ex-Sekretär von Thomas Mann), Hanus Burger (Regisseur), Joseph Wechsberg (Journalist), Otto Brandstätter (Rechtsanwalt), Max Kraus (Student), Walter Kohner (Schauspieler), Benno Frank (ehemaliger Schauspieler aus Mainz) und Ernst Cramer, später Vorsitzender der Axel-Springer-Stiftung. In der Folge kamen noch der Schriftsteller Klaus Mann und Hans Wallenberg, Sohn des ehemaligen B.Z. am Mittag-Chefredakteurs, hinzu. Bis zum November 1945 gründete Habe in der amerikanischen Besatzungszone 18 Zeitungen.

Anschließend wurde Habe von der amerikanischen Besatzungsmacht mit der Aufgabe betraut, die Neue Zeitung in München zu schaffen.[2] Habe fungierte als Chefredakteur, der Schriftsteller Erich Kästner war für das Feuilleton zuständig und Stefan Heym kümmerte sich um die Außenpolitik.

Im Dezember 1946 lässt sich Habe von Eleanor scheiden und heiratet im selben Monat die sechs Jahre ältere Schauspielerin Ali Ghito, die er schon 1938 kennengelernt, nach dem Krieg gesucht und wiedergefunden hatte. Doch fast gleichzeitig beginnt er ein Verhältnis mit der Filmschauspielerin Eloise Hardt, was zu einem Ehekrieg zwischen Ali Ghito und Hans Habe führt. Habe lässt sich 1948 in Mexiko scheiden und heiratet einen Tag später Eloise Hardt, bevor die Scheidung rechtskräftig wird. Deswegen klagt ihn Ali Ghito der Bigamie an und liefert dem Stern pikantes Material für einen Artikel, der Anfang Juni 1952 erscheint. Rechtskräftig wird die Ehe mit Ali Ghito erst 1953 geschieden.

1949 wurde Habe Chefredakteur der Münchner Illustrierten und 1951 des Echos der Woche. Nebenbei verfasste und redigierte Habe in den Jahren 1946 bis 1953 auch Drehbücher für verschiedene Firmen in Hollywood.

Mit Eloise Hardt hatte Habe eine Tochter, Marina Elizabeth (* 1951; am 1. Januar 1969 in Hollywood ermordet). 1955 wird die Ehe geschieden. In den Jahren 1952 bis 1953 schrieb Habe für die Los Angeles Daily News jeden zweiten Tag die Kolumne Outside America.

Nachdem er aus dem von den Amerikanern finanzierten Echo der Woche im Frühsommer 1952 ausgeschieden war,[3] ging Habe als Kolumnist für Los Angeles Daily News wieder in die USA, kehrt aber im September 1953 als Chefkorrespondent dieser Zeitung nach Europa zurück. 1953 lernte er in München auch seine sechste und letzte Ehefrau, die ungarische Schauspielerin und Sängerin Licci Balla kennen, die Vermählung findet 1955 in Salzburg statt. In der Folge lebte er unter anderem in St. Wolfgang am Wolfgangsee. Er schrieb weiterhin kommentierende Kolumnen zur allgemeinen Politik aus konservativer Sicht, u. a. für die Kölnische Rundschau. 1960 lässt er sich in Ascona, Schweiz, nieder. Er wurde dort der Nachbar von Robert Neumann.

Im Alter von 66 Jahren starb Hans Habe an einer Drüsenkrankheit am 29. September 1977 in Locarno.

Habes literarisches Werk ist dem traditionellen Erzählstil verbunden. Er setzte sich zwar sehr kritisch mit der Nachkriegsliteratur auseinander, konnte jedoch mit der Gruppe 47 z. B. überhaupt nichts anfangen. Seine Romane behandelten oft aktuelle, auch politische Themen und basierten nicht selten auf autobiographischen Erfahrungen. Einige seiner Romane wurden verfilmt, so u. a. 1943 „The Cross of Lorraine“ („A Thousand Shall Fall“) von Tay Garnett, 1962 „Im Namen des Teufels“ von John Paddy Carstairs, 1975 Das Netz von Manfred Purzer und 1988 „Mission nach Evian“ von Erika Szanto.

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

  • Drei über die Grenze (1936)
  • Eine Zeit bricht zusammen (1938)
  • Zu spät?(1939, später neu aufgelegt unter dem Titel "Staub im September", ehemals geplanter Titel war "Tödlicher Friede")
  • Kathrin oder der verlorene Frühling (1943)
  • Wohin wir gehören (zuerst engl. Aftermath 1946 N.Y. & 1947 London.- Dt. 1948. Niederländ. Naspel 1966)
  • Ob Tausend fallen (1947)
  • Ich stelle mich (1954)
  • Off limits (1955)
  • Im Namen des Teufels (1956)
  • Die Rote Sichel (1959)
  • Ilona (1960)
  • Die Tarnowska (1962)
  • Tod in Texas (1964)
  • Die Mission (1965; über die Konferenz von Evian)
  • Im Jahre Null (1966)
  • Christoph und sein Vater (1966; über Thomas Harlan)
  • Wien, so wie es war (1969)
  • Das Netz (1969)
  • Wie einst David (1971)
  • Erfahrungen (1973)
  • Palazzo (1975)
  • Leben für den Journalismus. - München : Droemer Knaur, 1976. - ISBN 3-426-00430-5
  • Weg ins Dunkel (1977)
  • Ungarischer Tanz (1983, posthume Neuauflage von "Die Rote Sichel" unter anderem Titel)
  • Ich stelle mich: Meine Lebensgeschichte (posth. 1987)

Literatur

  • Simon, André: J'accuse!. - in: Exil, Sonderband 1, 1987. - S. 114-126
  • McMurray, David M.: Conserving individual autonomy in exile : Hans Habe's struggle against totalitarism. - Nashville, Tenn. : Univ. Pr., 2001. - ISBN 0-493-14435-8

Einzelnachweise

  1. Hermine Adelheid Mayr: Hans Habe als Kolumnist der Zeitungen des Axel Springer Verlages, Diplomarbeit, Wien 2009, S.29 [1]
  2. Wilfried F. Schoeller (Hg.): Diese merkwürdige Zeit. Leben nach der Stunde Null - Ein Textbuch aus der "Neuen Zeitung", Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main u. a. 2005, S.662f.
  3. Laut Frederick Forsyth (Die Akte Odessa) musste die Zeitschrift schließen, weil wichtige Anzeigenkunden ihre Aufträge zurückzogen, als Habe eine Serie über die Nachkriegskarrieren ehemaliger SS-Angehöriger veröffentlichte.

Weblinks

Siehe auch


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