Großzerstörer

Großzerstörer

Der Großzerstörer war ein Kriegsschifftyp des Ersten und Zweiten Weltkriegs und als solcher eine Sonderform des Zerstörers. Von diesem unterscheidet er sich vor allem durch seine stärkere Artilleriebewaffnung.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Entwicklung im Ersten Weltkrieg

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs stellte sich heraus, dass die deutschen Torpedoboote den britischen Zerstörern der Royal Navy erheblich unterlegen waren. Deshalb ließ die Kaiserliche Marine zunächst Zerstörer nach dem Vorbild der russischen Nowik konstruieren. Darüber hinaus begann die Entwicklung von besonders großen und schwer bewaffneten Einheiten, die mit vier 15 cm-Kanonen bestückt wurden, die S 113-Klasse. Allerdings konnten nur zwei von 12 geplanten Schiffen fertiggestellt werden.

Im gleichen Zeitraum baute Italien ähnliche Schiffe für die rumänische Marine. Sie wurden nach Kriegseintritt beschlagnahmt und als Aquila-Klasse bezeichnet, bewaffnet mit drei 15 cm-Geschützen und wie die Aufklärungskreuzer als Esploratori (Aufklärer) klassifiziert. Weitere Schiffe dieser Art mit acht 12 cm-Kanonen wurden erst nach Kriegsende fertig.

Entwicklung bis zum Zweiten Weltkrieg

Nach dem Washingtoner Vertrag von 1922 war es jedem beteiligten Staat gestattet, einen Teil der ihm zustehenden Zerstörertonnage für besonders schwere Schiffe zu verbauen.

Infolgedessen ging Japan zur Entwicklung von Zerstörern mit einer Hauptbewaffnung von sechs 12,7 cm-Kanonen über, weil es damit seine numerische Unterlegenheit auszugleichen hoffte. Obwohl diese sog. Special Type Zerstörer seinerzeit einen erheblichen Sprung in Größe und Kampfkraft bedeuteten, war die Entwicklung in anderen Marinen bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges auf einem ähnlichen Niveau angekommen. Als echte Großzerstörer können von japanischer Seite daher nur der im Krieg fertiggestellte Einzelgänger Shimakaze sowie die großen Luftabwehr-Schiffe der Akizuki-Klasse gelten.

Frankreich gab mehrere Klassen von Contretorpilleurs mit einer Hauptbewaffnung von fünf 13-, später fünf oder acht 13,8 cm-Kanonen in Bau, die zum Einsatz gegen Italien vorgesehen waren. Besonders die Schiffe der Le-Fantasque- und Mogador-Klassen zeichneten sich durch sensationelle Leistungsdaten aus und erzielten z. T. Geschwindigkeiten von über 40 kn.

Die italienische Antwort waren zunächst die Leichten Kreuzer der Condottieri-Klassen mit acht (später auch zehn) 15,2 cm-Geschützen (eigentlich Torpedokreuzer – erst die beiden wesentlich verbesserten Einheiten der letzten Ausführung vom Typ Duca degli Abruzzi mit der RN Luigi Savoia Duca degli Abruzzi bzw. RN Giuseppe Garibaldi konnten als echte Leichte Kreuzer bezeichnet werden) und später die Großzerstörer der Capitani-Romani-Klasse mit acht 13,5 cm-Geschützen. Diese letzteren italienischen „Leichten Kreuzer“, zu Beginn als Esploratori Oceanici Ozean-Aufklärungskreuzer klassifiziert, übertrafen die französischen Gegenstücke sowohl in der Feuerkraft als auch nochmals bei den Fahrleistungen, indem sie bis zu 42 kn (ca. 77 km/h) laufen konnten. Das frühere Jugoslawien hatte vor 1941 ebenfalls einen Großzerstörer, der mit vier 14 cm-Geschützen bestückt war, die Dubrovnik.

Ein Nachzügler dieser Entwicklung war die Sowjetunion, die zunächst ein Einzelschiff, die Taschkent, in Italien in Auftrag gab, bevor sie selbst mit dem Bau der Großzerstörer der Leningrad-Klasse begann. Diese Schiffe trugen fünf oder sechs 13 cm-Geschütze.

Auch einige deutsche Zerstörer des Zweiten Weltkriegs, die Z 23 bis Z 39, erhielten wieder eine überschwere Bewaffnung aus fünf 15 cm-Kanonen. Die sogenannten Spähkreuzer des Z-Plans gingen jedoch bereits über die Dimensionen der Großzerstörer hinaus.

Einsatz

Erster Weltkrieg

Die gebauten Zerstörer erfüllten ihren Zweck im Großen und Ganzen, die zwei gebauten Großtorpedoboote der S 113-Klasse wurden wie die entsprechenden italienischen Schiffe eher zur Aufklärung eingesetzt, da man sich in der Kaiserlichen Marine darüber bewusst war, dass diese mangels Panzerung eine ungenügende Standkraft besaßen und das Verlustrisiko im Kampf hoch war.

Die Großzerstörer spielten in diesem Konflikt insgesamt gesehen noch keine große Rolle.

Zweiter Weltkrieg

Allein die französischen Schiffe bewährten sich wirklich. Bedingt durch den Kriegsverlauf operierten sie nicht nur in den europäischen Randmeeren, sondern auch im Indischen und Pazifischen Ozean.

Ein Grundproblem aller Einheiten war ihre Überzüchtung. Dabei war ihre Bewaffnung für die relativ kleinen Schiffsrümpfe zu schwer, was sie zu schlechten Seeschiffen machte und wiederum die Zielgenauigkeit der Geschütze beeinträchtigte. Außerdem machten die großen Geschützkaliber die Hauptartillerie für die Flugzeugabwehr zu schwerfällig, sodass zusätzliche FlaK-Bewaffnung mitgeführt werden musste (was wiederum zusätzliches Gewicht bedeutete). Ferner waren sie ungepanzert, wodurch es ihnen für die Konfrontation mit größeren Einheiten an Standfestigkeit fehlte. Einer der größten Nachteile war schließlich ihr meist ungenügender Einsatzradius bzw. Fahrbereich.

Die französischen und italienischen Schiffe wurden kurz nach Kriegsausbruch als Leichte Kreuzer umklassifiziert, was eigentlich aufgrund der fehlenden Panzerung nicht gerechtfertigt war, aber die Unsicherheit über ihre Verwendungsmöglichkeiten widerspiegelt.

Zeit nach 1945

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dieser Schiffstyp nicht mehr gebaut, wovon nur zwei Einheiten der Capitani Romani-Klasse ausgenommen waren, die aber als normale Zerstörer mit leichterer Bewaffnung fertiggestellt wurden. Dem entsprach die Tendenz zum Größenwachstum bei allen Zerstörern der Nachkriegsflotten, deren Dimensionen schon die der früheren Großzerstörer erreichten oder sogar übertrafen.

Siehe auch


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