Grafschaft Wölpe

Grafschaft Wölpe
Gedenkstein mit Wappen Wölpe an der Zufahrt zum früheren Schloss in Erichshagen

Der Grafschaft Wölpe war im Mittelalter das Herrschaftsgebiet einer Adelsfamilie im mittleren Weserraum bei Nienburg/Weser, die 1302 erlosch. Der Sitz der Grafen von Wölpe war die heute ebenfalls nicht mehr bestehende Burg- und Schlossanlage im Nienburger Ortsteil Erichshagen-Wölpe am Bachlauf der Wölpe.

Inhaltsverzeichnis

Adelsgeschlecht

Gemälde von Schloss Wölpe 1823, links die Ursprungsanlage als Turmhügelburg
Lage von Schloss Wölpe, später als Amtsgebäude bezeichnet, in Erichshagen 1778

Die Herkunft der Wölper Grafen ist ungewiss. Es ist möglich, daß sie von einem 1091 bezeugtem Edelherren Gerbert I. von Stumpenhausen abstammen. Zumindest waren sie mit den Edelherren und Grafen von Stumpenhausen und darüber mit den Grafen von Hoya verwandt. Der erste bekannte Wölper war Egilbert I., vermutlich erstmals bezeugt in einer undatierten Urkunde von Bischof Siward von Minden (1124-1140). Sein Bruder könnte der Edelherr Dietrich I. von Ricklingen (1132-1152) gewesen sein.

Der Herrschaftsbereich der Grafschaft war nicht durch feste Grenzen beschrieben, sondern war mehr ein abstraktes Gebilde verschiedener Rechte und Güter in der weiteren Umgebung. Es erstreckte sich über den Bereich von der Weser bis zur Leine und zur Olpe mit Gütern im Lüneburger Land, im Bistum Bremen und im Amt Neustadt. Im 13. Jahrhundert umfasste die Herrschaft 4 Städte und etwa 220 Dörfer. In dem von ihnen um 1200 gegründeten Neustadt ließen die Grafen von Wölpe die Wassermühle und die Liebfrauenkirche errichten. Die erste urkundliche Nennung des Ortes erfolgte 1215, als die Wölper Grafen die Wassermühle dem Kloster Mariensee überschrieben. In Neustadt ließen sie mit dem Wölper Silberpfennig eigene Münzen prägen, um ihre Macht auszubauen. Die Grafen unterstützten die Besiedlung in der Umgebung, um ihren Herrschaftsbereich auszudehnen. Unter anderem wurde von ihnen die Burg Neustadt sowie einige Hagensiedlungen, wie Rodewald, gegründet.

Niedergang

Mit dem Tod von Bernhard III. von Wölpe 1310 war die Linie des Geschlechtes derer von Wölpe erloschen. Der letzte Graf war Otto von Wölpe (1258 - 1307), der in den geistlichen Stand getreten war. Er verfügte über keinen männlichen Erben und verkaufte die Grafschaft Wölpe 1301 an Graf Otto von Oldenburg-Delmenhorst. Dieser wiederum veräußerte die Grafschaft 1302 für 6.500 Silbermark an Herzog Otto den Strengen. Der Welfenherzog ließ das Wölper Gebiet durch einen Amtmann (Drost) von der Burg, die zum Amtshof wurde, verwalten.

Adelssitz

Der heute nicht mehr bestehende Ort Wölpe wurde urkundlich erstmals 788 als Alapa in der Bremer Stiftungsurkunde erwähnt, bei der es sich jedoch um eine Fälschung handeln soll. Später tauchte der Ort als Wilipe, Welepe und Welpa auf. Das Geschlecht derer von Wölpe errichtete an der vermutlich nach ihnen benannten Stelle eine Burg. Wie ein Gemälde von 1823 zeigt, handelte es sich um eine Turmhügelburg, die in sumpfigen Gelände lag. An ihr floss schon damals die Bach Wölpe, ein Zufluss der Aller, vorbei. Das Gewässer wurde zu breiten Gräften ausgebaut, die das Schloss an drei Seiten umflossen, was auf dem Lageplan (siehe Bild) von 1778 noch erkennbar ist. In der ersten überlieferten Nennung von 1151 wurde die Burg als Wilipa bezeichnet, als sie zur Kirche in Minden gehörte. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts verlegten die Wölper Grafen ihr Festes Haus in das nahegelegene Drakenburg und später nach Neustadt am Rübenberge, wo sie sich ein neues Zentrum schufen.

Niedergang

Letzter Rest des Amtes Wölpe, das frühere Amtsgerichtsgebäude von 1852
Heute nur noch ein überwucherter Burghügel, links das Amtsgerichtsgebäude

In der Hildesheimer Stiftsfehde zwischen 1519-1523 wurde die Burg Wölpe zerstört und danach von Herzog Erich I. als Schloss wieder hergerichtet. Er gründete nahe dem Schloss eine Siedlung, die nach ihm (Erich) und wegen der Dorfform eines Hagenhufendorfs (-hagen) als Erichshagen benannt wurde. Trotzdem hieß der Ort lange Zeit im Volksmund Wölpe. 1624 besuchte der dänische König Christian IV. während des Dreißigjährigen Krieges das Schloss Wölpe. Ein Jahr später, 1625, wurde es von den Söldnertruppen des Feldherrn Tilly erobert und beschädigt. Wegen der Schäden wurde das Schloss nach dem Krieg geschleift und zum Amtsgebäude umgestaltet. Mit dem Schutt wurde der frühere Burggraben, den die Wölpe speiste, zugeschüttet. Von diesem Amtshof wurde das Amt Wölpe verwaltet. Im 19. Jahrhundert wurde ein weiteres Amtsgebäude nahe der Straße errichtet, das heute noch besteht. Es ist das ehemalige Amtsgerichtsgebäude, das an der Hauptstraße an der Zufahrt zum Burghügel liegt. Es diente langjährig als Försterei und ist heute ein Wohnhaus. Die Siedlung Wölpe unweit des Amtshofes hatte im 19. Jahrhundert etwa 100 Bewohner. Das Amt wurde 1859 im Zuge einer Gemeindereform aufgelöst und den Kreisstädten Nienburg und Neustadt zugeteilt. 1877 wurde das alte Amtsgebäude auf Abbruch verkauft.

Vom Schloss erhalten geblieben ist nur der 4,5 m hohe und 80 x 80 m große Erdhügel. Auf ihm befinden sich drei erhöhte Stellen, die auf die Lage ehemaliger Gebäude hinweisen. Der Hügel liegt am östlichen Ortseingang von Erichshagen, der Amtsgarten genannt wird. Der Burggraben war Anfang des 20. Jahrhunderts noch sichtbar. Die ehemalige Burgstelle ist erreichbar über einen ca. 200 m langen Damm durch die Niederung. Der Burghügel ist mit Bäumen und Brennnesseln bewachsen, wobei letztere als Ruderalflora einen Zeiger für die frühere Besiedlung darstellen.

Bedeutende Vertreter

Literatur

  • Marcus René Duensing: Die Chronik der Grafschaft Wölpe, Diepenau 1999, ISBN 3-929793-69-5
  • Ernst Andreas Friedrich: Wenn Steine reden könnten. Band IV, Landbuch-Verlag, Hannover 1998, ISBN 3-7842-0558-5
  • Dieter Riemer: Grafen und Herren im Erzstift Bremen im Spiegel der Geschichte Lehes, Bremerhaven/Hamburg 1995 (Diss. phil. Oldenburg) S. 141 ff ISBN 3-923-725-89-2

Weblinks

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