Friedensburg (Radebeul)

Friedensburg (Radebeul)
Friedensburg mit Trockenmauersanierung und anschließender Neuaufrebung (2008) im Steinrücken

Die Friedensburg im sächsischen Radebeul ist ein derzeit geschlossenes Berggasthaus auf der Hangkante oberhalb von Niederlößnitz, in der Oberen Burgstraße 6. Unterhalb liegt der gleichnamige Steillagen-Weinberg Friedensburg, der zur Weinlage Radebeuler Steinrücken gehört. Die Silhouette der Niederlößnitzer Weinberge wird durch die Friedensburg, zusammen mit dem etwas westlich stehenden Wasserturm, bedeutend geprägt. Die Friedensburg liegt im Denkmalschutzgebiet Historische Weinberglandschaft Radebeul.[1]

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Friedensburg, Postkarte von 1903

Die Berggaststätte wurde als mittelalterliche Burganlage im Stil der Neogotik konzipiert, als Beispiel derer sie im Dehio aufgeführt ist,[2] genauer gehört sie zum Tudorstil. Sie ist ein Putzbau mit Ziegelstein- und Sandsteingliederungen. Auf der Ostseite steht ein zweigeschossiges, palasartiges Restaurationsgebäude auf quadratischem Grundriss. Der hohe Bau hat einen Zinnenkranz mit runden Ecktürmchen sowie ein Flachdach, zur Talseite befindet sich ein Balkon auf getreppten Konsolen aus Sandstein.

Westlich davon, durch einen kurzen Verbindungsbau angeschlossen, steht mittig ein dreigeschossiger, quadratischer Turm mit Zahnschnitt, Zinnenkranz sowie einem Fahnenmast. In der Talansicht zeigt der Turm ein neogotisches Dreifachfenster.

Die Westseite des Gebäudes wird durch einen auf L-förmigem Grundriss stehenden, zweigeschossigen Flügel gebildet, der flacher ausgebildet ist und ein Flachdach ohne Zinnen trägt. Vor diesem Flügel, dem Turm und dem Verbindungsbau befindet sich talseits eine hölzerne Veranda in einer aufwendigen Fachwerkkonstruktion aus Rundbögen, vor der sich wiederum eine Terrasse mit einem halbrunden Rondell befindet.

Auf der Hofseite ein steht ein Eingangsvorbau mit rundbogigem Zugang. Am Mittelbau befindet sich eine Inschrift „Friedensburg“, darunter eine Erinnerungstafel mit der Inschrift „Friedensburg. Erbauet im Jahre 1870–71 von Ernst Louis Gießmann“.

Geschichte

1868 brannte das an der Stelle stehende Winzerhaus aus dem 17. Jahrhundert, in dem bereits vorher ein Weinschank betrieben wurde, teilweise ab. Der Weinbergsbesitzer Ernst Louis Gießmann, Bruder von Max Gießmann, dem am Fuß des Weinbergs in der Burgstraße 2 das Badhotel (siehe Liste historischer Gasthäuser in Radebeul) gehörte, ließ unter Einbeziehung der stehengebliebenen Brandreste 1870/1871 durch die Baufirma „Gebrüder Ziller“ ein neues, weithin sichtbares Berggasthaus errichten. Aus Anlass des Friedensschlusses 1871 zwischen Deutschland und Frankreich erhielt das Gebäude den Namen Friedensburg.

Durch die bevorzugte Aussicht von der Hangkante entwickelte sich das Berggasthaus, das ab 1895 auch als Hotel diente, zu einem beliebten Ausflugsziel. 1896 wurde durch den Baumeister F. A. Bernhard Große für Carl Hermann Schmidt eine Veranda angebaut und 1902 eine zusätzliche Terrasse. 1925–1927 folgten für Gustav Stübner weitere Umbauten durch den Architekten Alfred Tischer.

Das sich seit 1914 im Besitz der Familie Stübner befindliche Anwesen wurde 1963 an die HO verpachtet, 1969 durch die Druckmaschinenwerke Planeta als Gästehaus übernommen und 1977 durch die Baumechanisierung Halle in ein Schulungs- und Ferienobjekt umgewidmet. Die Gaststätte selbst wurde von 1961 bis 1990 durch die HO bewirtschaftet.

Nach einer „juristisch umstrittenen Privatisierung“[3], da einer der ehemaligen Mitbesitzer aus der Familie Stübner im April einen Antrag auf Rückkauf des Grundstücks gestellt hatte, kam die Friedensburg im Mai 1990 über die Treuhandgesellschaft für den Preis von 160.000 DM in Privatbesitz. 1992 war eine Hotel- und Beteiligungsgesellschaft Pächter der Friedensburg, und 1993 erfolgte die Schließung der Gaststätte. In den Folgejahren erfolgte zeitweise eine provisorische Bewirtschaftung der Außenterrasse.

1999/2000 wurde die Fassade des unter Denkmalschutz[4] stehenden Gebäudes saniert und die Innenräume wurden umgebaut und modernisiert. Im August 2001 verstarb der Besitzer an den Folgen eines Unfalls und die Gläubigerbank suchte einen Nachfolger, der 2003 gefunden war.

Friedensburg von der Rückseite (2011)

Da die Stadt Radebeul kein Vorkaufsrecht hatte, wurden seitens der Stadt nach dem Verkauf Gespräche mit dem neuen Besitzer über das weitere Vorgehen geführt. Auf die Intention des Besitzers hin, die Gaststätte wieder bewirtschaften zu wollen und die Außenanlagen parkartig zu gestalten, wurde von der Stadt im Oktober 2003 ein Aufstellungsbeschluss zu einem Bebauungsplan zur Sicherung dieses Vorhabens gefasst. Im Juli 2004 wurde ein Bauantrag für eine Gaststätte mit 60 Plätzen im Erdgeschoss sowie Beherbergung und eine Wohnung im Obergeschoss eingereicht und Anfang 2005 genehmigt. Im April 2006 wurde der Bebauungsplan, der die Bestimmungen der Baugenehmigung enthielt, vom Stadtrat beschlossen und im Juli rechtskräftig. Im April 2007 erhielt die Stadtverwaltung Unterlagen, aus denen Abweichungen der Baumaßnahmen gegenüber den Genehmigungen hervorgingen, die sich bei einer Kontrollbegehung bestätigten. Der folgende Nachtragsgenehmigungsantrag enthielt Änderungen der Raumaufteilung, enthielt jedoch weiterhin die gastronomische Nutzung nebst Betriebswohnung. Der bauaufsichtlichen Genehmigung aus dem April 2008 wurde jedoch vom Besitzer widersprochen. Es folgte ein Normenkontrollantrag des Besitzers vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht gegen den rechtsgültigen Bebauungsplan, der im Oktober 2010 noch nicht entschieden war. Der Widerspruch gegen die Nachtragsgenehmigung ist inzwischen durch die Landesdirektion Dresden zurückgewiesen worden. Der Bauzaun steht weiterhin. [5]

Im März 2011 wurde im Internet eine Verkaufsannonce geschaltet[6], in der die Friedensburg für 3,5 Millionen Euro zum Verkauf angeboten wurde. Laut Annonce „umfasst der herrschaftliche Gebäudekomplex nunmehr 5 abgeschlossene Wohneinheiten, ein großes hallenartiges Treppenhaus mit Atriumcharakter, den neu fundamentierten Turm und die besonders gestalteten Außenanlagen mit Parkcharakter, neuer Auffahrt, neu gestalteter Terrasse und Freianlagen, Freizeit- und Fitnessbereich mit Swimmingpool, Sauna und Fitnessraum.“[7] Seit Mai 2011 liegt der Planentwurf zum Bebauungsplan Friedensburg zur öffentlichen Einsicht und Kommentierung aus. Bis zur Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans wurde im April 2011 eine Satzung über eine Veränderungssperre für das Gebiet der Friedensburg durch den Stadtrat beschlossen.[8]

Bis April 2008 wurden ca. 2000 m² Weinbergsmauern im Weinberg unterhalb der Friedensburg neu gesetzt. Im gleichen Monat wurden von der Sächsischen Weinkönigin Irene I. und vielen freiwilligen Helfern 50 Jahre nach der letzten Nutzung als Weinberg Rebstöcke der Sorten Riesling, Spätburgunder, Gutedel und Traminer gepflanzt. Der Weinberg wird vom städtischen Weingut Hoflößnitz bewirtschaftet.

Literatur

  • Frank Andert (Redaktion); Große Kreisstadt Radebeul. Stadtarchiv Radebeul (Hrsg.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. 2. Auflage. Stadtarchiv, Radebeul 2006, ISBN 3-938460-05-9. 
  • Markus Hänsel; Thilo Hänsel; Thomas Gerlach (Nachwort): Auf den Spuren der Gebrüder Ziller in Radebeul. 1 Auflage. Notschriften Verlag, Radebeul 2008, ISBN 978-3-940200-22-8. 
  • Volker Helas (Bearb.); Landesamt für Denkmalpflege Sachsen und Stadt Radebeul (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen: Stadt Radebeul. SAX-Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-004-3. 
  • Ulrich Schröder: Was ist los mit der Friedensburg? Im Stadtplanungs- und Bauaufsichtsamt nachgefragt. In: Radebeuler Amtsblatt. Große Kreisstadt Radebeul, Oktober 2010, S. 6, abgerufen am 5. Januar 2011 (PDF).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Volker Helas (Bearb.); Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Stadt Radebeul (Hrsg.): Stadt Radebeul. [Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen]. SAX-Verlag, Beucha 2007, S. 238 f. sowie beiliegende Karte.
  2. Barbara Bechter, Wiebke Fastenrath et al. (Bearb.): Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen I, Regierungsbezirk Dresden. Deutscher Kunstverlag, München 1996, ISBN 3-422-03043-3, S. 730–739. 
  3. Frank Andert (Redaktion); Große Kreisstadt Radebeul. Stadtarchiv Radebeul (Hrsg.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. 2. Auflage. Stadtarchiv, Radebeul 2006, ISBN 3-938460-05-9, S. 56 f. 
  4. Verzeichnis der Kulturdenkmale der Stadt Radebeul. Große Kreisstadt Radebeul, 17. April 2008, S. 20, abgerufen am 4. Februar 2009 (PDF).
  5. Radebeuler Amtblatt 10/2010: Was ist los mit der Friedensburg? S. 6. ISSN 1865-5564.
  6. Designer-Schloss mit Postkarten-Blick. (Nicht mehr online verfügbar.) Ehemals im Original, abgerufen am 11. März 2011.
  7. Peter Redlich: Friedensburg soll verkauft werden; Sächsische Zeitung Seite; 15; 11. März 2011
  8. Radebeuler Amtblatt 05/2011. S. 13.
51.11548611111113.638611111111

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