Fremdherrschaft

Fremdherrschaft

Der Begriff Fremdherrschaft (manchmal auch Xenokratie, von altgriech. ξένος [xenos], „Fremder“, auch „Gast“, und κρατεῖν [kratein], „herrschen“) bezeichnet vorwiegend im geschichtlichen Zusammenhang Militärdiktaturen, die nach der Eroberung eines Gebietes errichtet werden, und über eine Verwaltung durch Besatzungstruppen hinausgehen, sowie allgemein jede Herrschaft von Fremden in einem bestimmten Territorium. Mit der Verwendung dieser Bezeichnung wird zugleich die Legitimität der bestehenden Herrschaftsform in Frage gestellt. Gewöhnlich werden politische Institutionen installiert, deren Führungspositionen nicht militärisch sind und von zivilen Angehörigen der erobernden Macht beziehungsweise lokale Statthalter (Vasallen) besetzt werden.

Inhaltsverzeichnis

Deutscher Sprachgebrauch

Im deutschen Sprachgebrauch tauchte der Begriff vermehrt nach 1815 als Bezeichnung der napoleonischen Herrschaft über Deutschland auf. Die Herrschaft Napoloens wurde in Deutschland aber auch ambivalent erlebt. So sahen viele in ihm zugleich einen Befreier.[1]

Im Prozess der Nationenbildung wird der Begriff einer Fremdherrschaft oft als völkisch-nationalistischer Kampfbegriff antidemokratischer und präfaschistischer politischer Richtungen verwendet, der in den konservativen nationalrevolutionären Strömungen im Begriff „amerikanisch-plutokratische Fremdherrschaft” den Hinweis auf eine „Anti-US-System-Einstellung“ anbietet.[2] Als Topos im Antisemitismus beschwört der Begriff als verschwörungstheoretische Ideologie die weltweite angebliche Zionisten-Macht.[3]

Kolonialismus und Völkerrecht

Kolonialherrschaft wurde oft als Fremdherrschaft wahrgenommen, mit der Folge, dass die Betroffenen bisweilen lieber schlecht von Ihresgleichen als gut von Fremden regiert werden wollten.[4]

Insbesondere von Staaten der Dritten Welt wird die Auffassung vertreten, dass das Selbstbestimmungsrecht der Völker auch mit Waffengewalt verwirklicht werden dürfe und eine Unterstützung der nach Selbstbestimmung strebenen Völker von Seiten Dritter kein Akt der Aggression sei. Die Aggression liege vielmehr bei der die Fremdherrschaft ausübenden Kolonialmacht.[5]

Gegen Fremdherrschaft gibt es verschiedene Formen des Widerstandes. Die UN-Generalversammlung bekräftigte im Sinne des Selbstbestimmungsrecht der Völker das Recht, gegen Fremdherrschaft zu kämpfen:

„Die Generalversammlung […] bekräftigt die Rechtmäßigkeit des Kampfes aller unter Kolonial- und Fremdherrschaft stehenden Völker, insbesondere des palästinensischen Volkes, um die Ausübung ihres unveräußerlichen Rechts auf Selbstbestimmung und nationale Unabhängigkeit, die es ihnen ermöglichen wird, ihr politisches, wirtschaftliches und soziales System ohne Einmischung von außen zu bestimmen.“[6]

Siehe auch

Literatur

  • Christian Koller: Fremdherrschaft. Ein politischer Kampfbegriff im Zeitalter des Nationalismus. Campus, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-593-37863-9 (Inhalt).

Einzelnachweise

  1. Vgl. Franz Dumont, Befreiung oder Fremdherrschaft? Zur französischen Besatzungspolitik am Rhein im Zeitalter der Revolution, in: Peter Hüttenberger/Hansgeorg Molitor (Hg.): Franzosen und Deutsche am Rhein 1789–1918–1945, Essen 1989, S. 91–112.
  2. Christian Koller: Fremdherrschaft. Ein politischer Kampfbegriff im Zeitalter des Nationalismus.
  3. Brandenburgerische Landeszentrale für Politische Bildung in der Rezension zu Ch. Koller
  4. Wolfgang Reinhard, Kolonialgeschichtliche Probleme und kolonialhistorische Konzepte, in: Jörn Leonhard/Rolf G. Renner (Hg.): Koloniale Vergangenheiten, (post-)imperiale Gegenwart, S. 35.
  5. Andreas Kunze, Der Stellenwert des Art. 26 I GG innerhalb des grundgesetzlichen Friedensgebotes, 2004, S. 19.
  6. Offizielles Protokoll der 45. Tagung der UN-Generalversammlung, Beilage Nr. 49 (A/45/49), S. 308 f.

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