Foedus

Foedus

Das foedus (Plural foedera) war in der römischen Republik die gängige Form des zwischenstaatlichen Vertrages und noch bis in die Spätantike ein wichtiges Instrument römischer Außenpolitik. Ein foedus wurde u. a. vom pater patratus aus dem Priesterkollegium der Fetialen geschlossen. Dabei kam es zu einem - von einem Schweineopfer begleiteten - Schwur, in dem ein Fluch gesprochen wurde, der das römische Volk insgesamt verfluchte, wenn es die Vereinbarungen des Vertrages zuerst brechen sollte (Livius 1,24). Diese Art der Vertragsbeeidung war völkerrechtlich besonders verbindlich und wurde nur in Ausnahmefällen für Verträge von besonderer Bedeutung angewendet (Rom-Alba, Liv. 1,24; Rom-Latiner, Dion Hal. 6,21; Partizier-Plebejer, Dion Hal. 6,88f.; Rom-Karthago, Liv. 30,43,9. Die Historizität dieser frühen foedera ist in der Forschung allerdings umstritten).

Neben dem Eid der Fetialen gab es noch den Feldherreneid bzw. Magistrateneid, in dem der Fluch nur die eidleistende Person traf (Polybios 3,25,6ff. für den angeblich ersten Vertrag zwischen Rom und Karthago). Diese Eidform wurde insbesondere von Feldherren während des Kriegszuges angewendet - die Eidgötter und die Eidzeremonie konnten dabei differieren (vergl. Zack, Studien 52ff. und 190ff.). Gelegentlich genügte schon der Handschlag zur rituellen Beeidung des Vertrages. Die alternativen Arten der Vertragsbeeidung blieben während der Republik nebeneinander stets erhalten. Noch in der Zeit des M. Terentius Varro gehörte der Eid der Fetialen zur gängigen Praxis (Varro Ling. Lat. 5,86), und sogar in der Zeit des frühen Prinzipats beeidet der Kaiser Claudius Verträge als pater patratus nach dem Ritus der Fetialen (Suet. Claud. 25,5).

Die Feldherren der Republik konnten foedera als Feldherrenvertrag (mit einem persönlichen Eid) abschließen oder als Vorverträge in der Form der sponsio (mit Ratifikationsvorbehalt; ohne verbindliches ius iurandum - Bsp. Pax Caudina) vereinbaren. In beiden Fällen erfolgte die innerrömische Ratifizierung nachträglich durch den Senat und/oder durch das Zusammenwirken von Senat/Volksversammlung und Magistrat (siehe Zack, Studien 190ff). Die Inhalte der Verträge richteten sich nach den aktuellen Anliegen - oft war in ihnen die gegenseitige militärische Beistandspflicht vereinbart. Es wurde gelegentlich unterschieden zwischen einem foedus iniquum und einem foedus aequum (vgl. Liv. 34,57,7ff und Liv. 28,34,7 mit Pomponius Digesten 49,15,5 pr.1f), wobei das letztere die Beistandspflicht und gegenseitige Anerkennung von gleichwertigen Partnern meint und das erstere einen Vertrag zwischen ungleichen Partnern (z.B. zwischen Rom und einem dedierten und dann restituierten Gemeinwesen; vgl. Liv. 1,38 zum Charakter der deditio).

Beim foedus kann man nach drei Sachgruppen unterscheiden: foedus pacis (zum Friedensschluss), foedus societatis (zur Bündnisbildung), foedus amicitiae causa factum (auf der Grundlage von zwischenstaatlicher Freundschaft vgl. Pomponius Dig. 49,15,5 pr.1f). Unterscheidet man nach der Art der Beeidung, kann man zwischen dem foedus der Fetialen, dem Feldherrenfoedus und der sponsio differenzieren (so bereits Theodor Mommsen).

Die republikanischen Spielarten der Vertragsbeeidung blieben zunächst auch in der Zeit des Prinzipats erhalten, doch konzentrierte sich die Kontrolle der Außenpolitik zunehmend auf den mehrfach privilegierten princeps, der das rechtlich und politisch kaum begrenzte Recht zum Vertragsschluss erhielt. In den Quellen bezeichnet foedus daher spätestens seit der Hohen Kaiserzeit dann ganz allgemein einen Vertrag, den die Römer mit Nichtrömern schlossen; insbesondere mit den Sassaniden wurden zwischen dem 3. und dem 6. Jahrhundert mehrere foedera geschlossen und beeidet, die teils lediglich Friedensabkommen waren, teils aber auch Verpflichtungen zu Hilfeleistungen oder Tributen enthielten. Auch mit "Barbaren" (etwa Goten oder Hunnen) wurden solche Verträge geschlossen. Nichtrömische Gruppen, die nach Abschluss eines foedus auf Reichsterritorium angesiedelt wurden und dafür zur Heeresfolge verpflichtet waren, nannte man in der Spätantike foederati.

Siehe auch

Das Wort ging ein in folgende Begriffe:

Literatur

  • Karl-Heinz Ziegler: Völkerrechtsgeschichte: Ein Studienbuch, 2. Aufl. München 2007.
  • Karl-Heinz Ziegler: Zum Völkerrecht in der römischen Antike, in: Iurisprudentia universalis: Festschrift für Theo Mayer-Maly, 2002, S. 933-944.
  • Alfred Heuß: Die völkerrechtlichen Grundlagen der römischen Außenpolitik in republikanischer Zeit, Leipzig 1933 Nachdruck Aalen 1963 (Grundlage der modernen Forschung).
  • Raimund Schulz: Die Entwicklung des römischen Völkerrechts im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr. (Historia-Einzelschriften), Stuttgart 1995.
  • Andreas Zack: Studien zum "Römischen Völkerrecht", Edition Ruprecht Göttingen 2. Aufl. 2007 (neuerer grundlegender Versuch der historischen Systematisierung nach Eugen Täubler)

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