Filles de Kilimanjaro

Filles de Kilimanjaro
Filles de Kilimanjaro
Studioalbum von Miles Davis
Veröffentlichung 1969
Label Columbia Records
Format CD, LP
Genre Fusion Jazz
Anzahl der Titel 5 (1 Alternate Take)
Laufzeit 56:17

Besetzung

Produktion Teo Macero
Studio Columbia 30th Street Studios, New York City
Chronologie
Miles in the Sky
(1967)
Filles de Kilimanjaro In a Silent Way
(1969)

Filles de Kilimanjaro [1] ist ein Album von Miles Davis, das im Juni und September 1968 aufgenommen wurde und 1969 bei Columbia Records veröffentlicht wurde.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte des Albums

Nach vier Studio-Alben - wie E.S.P. (1965) oder Miles Smiles (1966) - die noch sämtlich mit akustischen Instrumenten aufgenommen worden sind, präsentierte Miles Davis 1968 in seinem Quintett eine Neuerung: Herbie Hancock spielte neben den Piano auch Keyboards; durch dessen E-Piano erhielt die Musik des Quintetts einen ganz neuen Charakter. Ein weiterer neuer Aspekt waren die Kompositionen Davis wie Stuff bzw. Wayne Shorters wie Fall, Paraphenalia oder Nefertiti, die als „endlose Melodien“ (P. Wießmüller) angelegt waren, die denen des Trompeters Don Cherry nahe kamen.[2] Bereits auf dem Album Miles in the Sky (1968) leitete Davis vorsichtig die Tendenz ein, rudimentär klangliche Stimmungen des Rock mit einzubeziehen. Es tauchten zum ersten Mal elektronische Instrumente wie E-Gitarre[3], Fender-Bass oder das E-Piano auf. „Dabei wurden die Rockaspekte, besonders die rhythmischen, nicht krass hervorgekehrt, sondern eher nur angedeutet; die elektrischen Instrumente mischen sich mit den akustischen“, schrieb Eric Nisenson zu den wegweisenden Sessions im Juni und September 1968.[4]

Der Jazzhistoriker Arrigo Polillo zitiert Joe Zawinul, der in Wayne Shorter die entscheidende Person sah, die Miles Davis dazu bewegte. musikalisches Neuland zu erkunden; „und die Stücke, die er schrieb, hatten auch die Wirkung, das, was Miles brachte, in einem gewissen Umfang zu verändern. Alles fing an, als Wayne ›Nefertiti‹ für die Miles Davis Gruppe schrieb. Das war der Beginn einer neuen Welt.“[5] Im Vorfeld des Albums hörte Davis gemeinsam mit Gil Evans die Aufnahmen von Jimi Hendrix.[6]

Das Album

Bei den Juni-Sessions 1968 spielten Wayne Shorter, Saxophon, Herbie Hancock, Electric Piano, Ron Carter, Bass und Tony Williams, Schlagzeug. Aufgenommen wurde das Titelstück, die Komposition Toute de Suite sowie Petits Machins, an dem Gil Evans mitgewirkt haben soll. Bei der Aufnahmesitzung im September wechselten dann Chick Corea für Hancock und Dave Holland (für Carter) ein, so dass hier auch seine kurzlebige Band Tout de Suite zu hören ist.[7] Dem Einfluss Gil Evans ist es zuzurechnen, dass „sich in dem Album eine Reihe neuer origineller Einfälle und musikalischer Segmente niederschlug. Den Schwerpunkt setzte dabei das Klavier, das den Klangcharakter, die Farben des Ensemblesounds, neu bestimmt.(...) Die rhythmische und melodische Dichte der Improvisationen wurde generell reduziert; es treten wieder einfachere Skalen, Bluestonleiter und eine Dur-Moll-Übergangsharmonik in den Vordergrund.“ [8]

Filles de Kilimanjaro kann als eine Art Übergangsalbum zwischen seinen akustischen Aufnahmen (bis Nefertiti 1967) mit seinem zweiten Quintett und der später folgenden Rockjazz-Periode (ab In a Silent Way 1969) gesehen werden. Jedoch werden „die Rockaspekte, besonders die rhythmischen, nicht krass hervorgekehrt, sondern eher nur angedeutet, die elektrischen Instrumente mischen sich mit den akustischen in Stücken, deren Stimmung, Textur und rhythmischea Gefühl sich oft ändern. Besonders deutlich ist das in Mademoiselle Mabry zu hören, einem Blues, der wie ein after hours funk über einem lässigen Rockyhythmus beginnt. Die sich immer mehr steigernde Intensität stört weder das Blues-feeling noch die gedankenvollen Improvisationen von Miles Davis und Wayne Shorter.“[9] Filles ist Teil eines „permanenten Evolutionsprozesses (der Musik Davis´), der enger als vorher in Zusammenhang mit der Akkulturation seitens der abendländischen Kunstmusik und der Musik der "Dritten Welt" zu bringen ist“, so der Musikwissenschaftler Franz Kerschbaumer zum Stil von Miles Davis. [10]

Das Album wurde unter Mitwirkung von Gil Evans aufgenommen [11] (er hatte bereits zwischen 1957 und 1963 für bedeutende Davis-Alben arrangiert und komponiert), auch wenn er namentlich nicht erwähnt wurde. Evans komponierte mit Davis das Stück Petit Machines (später auch als Eleven aufgenommen). Die Einleitung zum Stück Mademoiselle Mabry, obwohl Davis zugeschrieben, ist von Evans aus dem Jimi-Hendrix-Stück And the Wind Cries Mary erarbeitet und enthält dessen Umkehrung; in diesem Stück wurden auch Teile des Stücks On Broadway von Jerry Leiber and Mike Stoller verwendet [12]. Evans machte die Arbeit mit Davis für dieses Album viel Freude; er kümmerte sich nicht darum, ob er in den Credits genannt wurde.[6]

Davis heiratete Betty O. Mabry Davis im September 1968 und benannte das Stück Mademoiselle Mabry (Miss Mabry) nach ihr[12][13]. Das Stück wurde im Monat der Hochzeit aufgenommen[12]. Betty Davis erscheint auch auf dem Album-Cover[14].

Das Album wurde von Columbia auch als Teil eines 6er CD Sets, Miles Davis Quintet 1965-68: Complete Columbia Studio Recordings, veröffentlicht.

Titel des Albums

  • (Originalausgabe Columbia CS 9750 bzw. in der CD-Ausgabe CK 86555)
  1. Frelon brun (Miles Davis) 5:37
  2. Tout de suite (Miles Davis) 14:07
  3. Petits machins (Little Stuff) (M. Davis/G. Evans[15]) 8:04
  4. Filles de Kilimanjaro (Miles Davis) 12:01
  5. Mademoiselle Mabry (Miss Mabry) (Miles Davis) 16:33
  6. Toute de Suite (alternate take) 14:36 [16].

Rezeption des Albums

Während der All Music Guide das Album mit 4 1/2 (von fünf) Sternen auszeichnet, erhält es im The Penguin Guide to Jazz nur 3 von 4 Sternen.

Von den Hörern des WDR-Jazzradio wurde es 2006 auf Platz 10 der Besten Miles Davis Alben gewählt, nach A Tribute to Jack Johnson und vor Miles Davis Live at Fillmore.[17]

Literatur/Quellen

  • Ian Carr: Miles Davis - The Definitive Biography. Revised edition 1998 HarperCollins ISBN 0-00-6530265
  • Erik Nisenson: Round About Midnight - Ein Portrait über Miles Davis. Wien, Hannibal, 1985
  • Arrigo Pollilo: Jazz. München, Piper 1981
  • Peter Wießmüller: Miles Davis - Sein Leben, seine Musik, seine Schallplatten. Gauting, Oreos (Collection Jazz) 1985

Weblinks

Anmerkungen

  1. zu deutsch: "Die Mädchen vom Kilimandscharo"
  2. zit. nach Wießmüller, S. 38
  3. Auf "Miles in the Sky" gespielt von George Benson
  4. zit. nach Nisenson, S. 161 f.
  5. Zit. nach A. Polillo, S. 594.
  6. a b Stephanie Stein Crease: Gil Evans: Out of the Cool – His life and music. A Cappella Books/Chicago Review Press, Chicago 2002, S. 267f.
  7. Es waren die ersten Aufnahmen, bei denen Corea und Holland mit Davis zusammen spielten, wobei Davis darauf bestand, dass Corea E-Piano spielte. Vgl. Scott Yanow Jazz On Records. The First Sixty Years. San Francisco 2003, S. 687
  8. zit. nach Wießmüller, S. 152
  9. zit. nach Nisenson, S. 162
  10. zit. nach Wießmüller aus der monographischen Untersuchung Miles Davis - stilkritische Untersuchungen zur musikalischen Entwicklung seines Personalstils. Graz 1978
  11. John Szwed: So What: The Life of Miles Davis, first ed., S. 273, New York: Simon & Schuster 2002, ISBN 0-684-85982-3
  12. a b c Paul Tingen: Miles Beyond: The Electric Explorations of Miles Davis, 1967-1991, S. 52, Billboard Books,U.S. 2001, ISBN 0-823-08346-2
  13. Miles Davis Autobiographie, Campe Paperback, 1993, S.348. Zur Zeit der Aufnahme hatte er sich von Cicely Tyson, seiner späteren dritten Frau, getrennt und war, wie er selber schrieb, frisch in Betty Mabry verliebt
  14. Szwed, S. 269
  15. Evans wird nicht genannt.
  16. Der Track Tout de suite (Alternate Take) ist bei der CD-Edition hinzugefügt. Titel 3 ist am 19. Juni 1968 aufgenommen, die Titel 2 und 6 am 20. Juni 1968 und Titel 4 am 21. Juni. Die restlichen Stücke entstanden am 24. September, bei denen Corea und Holland Herbie Hancock bzw. Ron Carter ersetzen. Vgl. Miles Davis Discography Project
  17. Hörervoting bei WDR-Jazzradio 2006

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