Fernsehgottesdienst

Fernsehgottesdienst

Der Fernsehgottesdienst ist ein besonders vorbereiteter Gottesdienst, der durch Mikrofone und Fernsehkameras aufgezeichnet wird, um zu einem späteren Zeitpunkt gesendet zu werden. Weit häufiger werden Fernsehgottesdienste inzwischen allerdings für die zeitgleiche Direktübertragung produziert. Orte dafür sind besondere Kirchen, aber auch andere markante Plätze (z. B. Platz vor dem Petersdom in Rom, die „Papstwiese“ neben der Autobahn bei Regensburg 2006, Kirchentagsstadien).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Fernsehgottesdienste gibt es weltweit seit 1948. Evangelische Fernsehgottesdienste gibt es in Deutschland allerdings erst seit dem 14. Dezember 1952 (Hamburg), römisch-katholische seit dem 25. März 1953 (Köln). In Österreich erfolgte die erste Ausstrahlung eines Gottesdienstes 1959 (aus Salzburg). Ab dem sogenannten „Lutherjahr“ 1983 waren Fernsehgottesdienste auch in der DDR geduldet und möglich, wenn Sendeanstalten aus dem Westen die Übertragung bezahlten.

Katholische Bedenken

Namhafte Theologen formulierten in der Anfangsphase starke Bedenken gegen den Fernsehgottesdienst. Romano Guardini, Karl Rahner und Hermann Volk stellten fest, dass

  • eine volle und persönliche Gottesdienstteilnahme („participatio“) am Fernsehgerät nicht möglich sei;
  • der Geheimnischarakter des Gottesdienstes verletzt werde;
  • die heilige Würde der Kulthandlung verweltlicht werde („Profanierung des Gottesdienstes“).

Aufgrund dieser Bedenken haben die katholischen Bistümer des deutschsprachigen Raumes 1989 „Leitlinien für die mediale Übertragung von gottesdienstlichen Feiern“ erarbeitet. So hat die Kirche nach Angabe des ZDF „Schulungen für Regisseure und Kameraleute durchgeführt, um ihnen die Bedeutung von Kirchenräumen unterschiedlicher Stilrichtungen zu erschließen“ und die „intentionale Teilnahme“ der Zuschauer am gottesdienstlichen Geschehen zu ermöglichen und zu optimieren.[1]

Evangelische Bedenken

Im evangelischen Bereich wurden ähnliche Bedenken laut. Zusätzlich sehr stark war jedoch der Einwand, dass das Wortgeschehen des Gottesdienstes durch die Übertragung von bewegten Bildern gestört wird. Es wurde an den Apostel Paulus erinnert, der im Römerbrief schreibt: „Der Glaube kommt aus dem Hören!“ (Röm 10,17 EU). So hatte im Protestantismus das Medium, welches das „Fern-Sehen“ ermöglicht, einen nachgeordneten theologischen Stellenwert im Vergleich zum Hören.

Konfessionsübergreifende Ansichten über die Nutzung neuer Medien

Allgemein gelten liturgische Veranstaltungen als zentrale Veranstaltung einer Kirchengemeinde. Gottesdienste stiften Gemeinschaft und persönliche Begegnung nicht nur mit Gott, sondern auch mit Glaubensgeschwistern. Von besonderem Wert ist deshalb die Nähe zur Gemeinde vor Ort. Fernsehgottesdienste können deshalb kein Ersatz für den regelmäßigen Kirchgang sein. Auch Urlaubern und Reisenden wird deshalb meist, sofern möglich, der Besuch eines Gottesdienstes vor Ort nahegelegt. Akzeptiert werden Fernsehgottesdienste überall dort, wo alte oder kranke Personen nicht mehr persönlich eine Kirche aufsuchen können oder in Ländern, wo Angehörigen von Minderheiten keine Ortsgemeinde der eigenen Konfession zur Verfügung steht. Von Bedeutung ist für viele Kirchen, insbesondere im freikirchlichen Bereich, auch die Tatsache, dass kirchenfernen Menschen mit dem Fernsehen ein niederschwelliges Angebot zur Verfügung steht, über das Fernsehen einen neuen Kontakt zur Kirche zu finden.

Gegenwärtige Praxis

ARD

Die ARD überträgt Gottesdienste nur an besonderen Feiertagen bzw. (katholisch) Hochfesten wie Ostern, Christi Himmelfahrt, Pfingsten und Weihnachten, oft mit bischöflichen Zelebranten aus Kathedralkirchen. Einzelne Sender der ARD übertragen regional wichtige Gottesdienste in eigener Verantwortung (Jubiläen, Einführungen von Leitenden Geistlichen etc.)

Bibel TV

Über Bibel TV wird seit Oktober 2009 drei Mal wöchentlich der evangelische Studiogottesdienst Die Stunde des Höchsten aus der Kapelle der Zieglerschen Anstalten ausgestrahlt zu „Sendezeiten, die nicht mit den üblichen Gottesdienstzeiten der Kirchengemeinde kollidieren.“[2] Gestaltet werden die Gottesdienste neben Pastor Heiko Bräuning jedes Mal von einem bekannten Künstler aus dem Bereich der Kirche und einem Talkgast.

ERF Fernsehen

Der Evangeliums-Rundfunk sendet seit Sendestart im März 2009 an Sonntagen und kirchlichen Feiertagen in seinem Fernsehprogramm denselben Gottesdienst als Fernsehaufzeichnung, der zuvor im Radioprogramm gesendet wurde. Zuvor wurden sie bereits für das Radioprogramm produziert. Die Sendungen werden in der Regel in Gemeinden evangelischer Freikirchen oder auch Landeskirchen aufgezeichnet, die der Evangelischen Allianz nahestehen.

Hope TV

Das Medienwerk der Siebententagsadventisten Hope Channel TV sendet mehrmals wöchentlich Gottesdienstaufzeichnungen aus wechselnden Gemeinden des eigenen Gemeindeverbunds. Die meisten gottesdienstlichen Sendungen stehen am Samstag (der heilige Wochentag dieser Kirchen ist der Sabbat) auf dem Programm. Dazu kommen weitere liturgische Sendungen, wie etwa Lobpreis- und Gebetsveranstaltungen.

Das Vierte, Rheinmaintv und Tele 5

Seit Februar 2008 wird jeden Sonntag der Gottesdienst „Hour of Power“ der reformierten Kirche aus der kalifornischen Megachurch Crystal Cathedral gesendet. Dieser Fernsehgottesdienst erreicht nach eigenen Angaben weltweit 10 – 30 Millionen Zuschauer und ist damit der größte regelmäßig ausgestrahlte Gottesdienst. Gesendet wird der Gottesdienst über Das Vierte, Rheinmaintv und Tele 5 in deutscher Sprache, teilweise mehrmals wöchentlich pro Sender, sowie auch auf Bibel TV.

K-TV

Über K-TV werden mehrmals wöchentlich Heilige Messen live aus der Studiokapelle in Dornbirn (Österreich) oder aus dem Vatikan übertragen. Weiterhin gibt es außerordentliche Gottesdienstübertragungen zu besonderen Anlässen. Dazu kommen Angelusgebet, Rosenkranzandacht und weitere liturgische Feiern, wie Anbetungs- und Gebetsveranstaltungen.[3]

ORF

Etwa 16 mal im Jahr sendet der ORF an Sonntagen oder Feiertagen meist Liveübertragungen von katholischen und evangelischen Gottesdiensten.[4]

Schweizer Fernsehen

Im Programm von SF 1 werden unter der Betreuung der Redaktion Sternstunde Religion in unregelmäßigen Abständen (etwa 1-2 Mal monatlich) und oft zu bestimmten Anlässen Gottesdienste ausgestrahlt. Gestaltet werden sie überwiegend von der katholischen und evangelisch-reformierten Kirche.[5]

ZDF

Das ZDF strahlt seit 1986 an jedem Sonntag einen Gottesdienst aus, abwechselnd evangelisch und katholisch. Er wird in der Regel auch in Österreich und in der Schweiz ausgestrahlt. Seit dem 18. Mai 2008 werden in der Programmplanung auch orthodoxe und evangelisch-freikirchliche Gemeinden berücksichtigt.[6]

siehe Hauptartikel: Gottesdienst im ZDF

Literatur

  • Wilm Sanders, Gottesdienstübertragungen im Fernsehen, in: Handbuch der Liturgik, Leipzig 1995, S. 808-915, ISBN 3-525-57191-7
  • Hans Erich Thomé, Gottesdienst frei Haus? Fernsehübertragungen von Gottesdiensten, Göttingen 1991, ISBN 3-525-60374-6

Quellen

  1. Klaus Schmidt und Ingo Witt (ZDF): Service für die Seele — Gottesdienste im ZDF
  2. Informationen über die Rahmenbedingungen: Der Gottesdienst (abgerufen am 28. Februar 2010)
  3. Programmheft des Senders (z.B. Februar 2010, S. 8/9)
  4. wörtlich zitiert von der Website des ORF
  5. SF-Redaktion Sternstunde Religion: Die Gottesdienste 2010 (abgerufen am 24. März 2010)
  6. Bericht über den Gottesdienst aus einer Pfingstkirche im christlichen Medienmagazin Pro vom 8. Mai 2008 (noch einsehbar im Webarchiv)

Weblinks


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