Fatschenkind

Fatschenkind

Ein Fatschenkind, auch Fatschenkindl, ist ein Andachtsbild oder Gebildvotiv in Form eines mit Bändern umwickelten Säuglings, das vor allem in Süddeutschland und Österreich verbreitet war.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Wiege (1585) mit Fatschenkind des 18. Jahrhunderts (Bayerisches Nationalmuseum, München)

Das Lukasevangelium beschreibt das Jesuskind in Windeln gewickelt (Lk 2,7 EU). Die seit dem 3. Jahrhundert übliche Darstellung als Fatschenkind (lat. fascia ‚Binde, Wickelband‘)[1] hingegen gibt eine Kindertragemethode wieder, die angeblich das Wachstum der Gliedmaßen fördern sollte, wohl aber den gegenteiligen Effekt hatte. Dabei wird das gesamte Kleinkind, besonders aber Arme und Beine, so mit Bändern umwickelt, dass es sich kaum bewegen kann. Das Fatschen der Kleinkinder war bis in das 19. Jahrhundert üblich. Entsprechend wurde das Jesuskind dargestellt.

Synonym stehen Fatsche, Windelpaket, Büschel (Sudetenland), Spielzeug (Südtirol).

Kunstgeschichte und Brauchtum

Fatschenkind mit Wachsmodel, 18.Jhdt., Oberhausmuseum Passau

Im Mittelalter war es üblich, Novizinnen puppenartige Jesusfiguren zu schenken. Kostbar gekleidet und in Glaskästchen aufbewahrt, sollten sie zur persönlichen Frömmigkeit in der Klosterzelle dienen. So entstand auch der Beiname Trösterlein.

Auch bei dem seit dem Mittelalter und bis ins 19. Jahrhundert belegten Brauch des Kindelwiegens gehörte ein Fatschenkind dazu: In der Kirche war eine Krippe aufgestellt, in der ein Fatschenkind lag. Kinder tanzten vor ihm und sangen Weihnachtslieder, das Jesuskind wurde dabei in der Krippe gewiegt oder wurde von Arm zu Arm gereicht. Besonders beliebt hierbei war das aus dem 14. Jahrhundert stammende Lied Joseph, lieber Joseph mein …. Die Gemeinde demonstrierte damit anschaulich die Aufnahme Christi unter die Menschen. Ob dieser heute vergessene Brauch auf die Trösterlein der Frauenklöster zurückgeht oder umgekehrt, ist bis heute ungeklärt.

Auch als Backform für Gebildebrote ist das Fatschenkind in Gebrauch. Am Heiligen Abend kam in den Häusern im Herrgottswinkel ein Fatschenkind zur Aufstellung. Es handelte sich um ein in Seide, Spitzen und Rüschen eingefatschtes Wachsfigürchen in einem kleinen gerahmten Holzkasten mit einer Glasscheibe an der Schauseite. Den Körper bildete meist eine flache Stoff- oder Papierwalze. Die Innenwände des Kästchens sind mit buntem Papier, manchmal mit bestickter Seide, Steinen und Perlen ausgekleidet. Diese Kästchen wurden in Klöstern, aber auch von Privatpersonen, in der Regel Frauen, gefertigt.

siehe auch

Literatur

  • Stefan Hirsch (Hrsg.): Dem Leben verbunden… Fatschenkinder. Vorträge der Tagung „Dem Leben verbunden“ vom 19. November bis 1. Dezember 2002 im Kloster Seeon anlässlich der beiden Ausstellungen „Historische Fatschenkinder“ und „Malerei von Eckart Hahn“. Fachberatung Heimatpflege, Benediktbeuern 2005.
  • Alfred Fuchs: Volkskunst. In: Der Landkreis Freyung-Grafenau. Freyung 1982, ISBN 3-87553-192-2.

Weblinks

 Commons: Fatschenkind – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Fasche, österreichisch für Wickelband oder (Wund)-Binde

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