Afrasiab (Stadt)

Afrasiab (Stadt)
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Afrasiab (Stadt) (Usbekistan)
Afrasiab (Stadt)
Afrasiab (Stadt)

Der Tell von Afrasiab (usbekisch Afrosiyob) liegt nördlich von Samarkand (Marakanda) in Usbekistan. Er besteht aus einer Zitadelle (Schahr-i-Stan) und der eigentlichen befestigten Stadt. Er ist ca. 220 ha groß und von dreieckiger Form. Er weist vier Bauphasen auf. Die Stadt hat ein System rechtwinkliger gepflasterter Straßen und entsprechender Wohnblocks. Auch Moscheen und Werkstätten wurden ausgegraben.

Inhaltsverzeichnis

Name

Der Name Afrāsiāb (persisch ‏افراسياب‎) wird volkstümlich mit dem Namen des legendären Königs von Tūrān in Verbindung gebracht, doch Wissenschaftler sehen den Namen als eine Entstellung des tadschikischen Wortes Parsīāb an (sogdisch Paršvāb), was „Oberhalb des schwarzen Flusses“ bedeutet - der Fluss Sīāh-Āb, „Schwarzer Fluss“, fließt nördlich der Stadt.[1]

Geschichte

Afrasiab war schon in gräko-baktrischer Zeit (etwa 250 v. Chr. bis 10 n. Chr.) eine bedeutende Siedlung. Nach dessen Fall Ende des 2. Jahrhunderts wurde es Teil des Kuschan-Reiches.

Nach dem Ende des Sasaniden-Reiches um 628 geriet Sogdien und damit auch Afrasiab zunehmend unter chinesischen Einfluss. Ab 636 begann auch die arabische Eroberung, die 651 Merw erreichte. Nach 670 verloren die Chinesen Zentralasien an die Tibeter, Sogdien fiel in der Folge ab 673 an die Umayyaden. im 7. Jahrhundert prägte man hier auch eigene Münzen[2]. Aus dieser Zeit stammen auch Wandmalereien, die den Empfang Gesandter aus China und Korea zeigen.

In sogdischer Zeit befand sich in Afrasiab der Palast des ichschidischen Herrschers von Samarkand. Seit dem 9. Jh. stellte hier, wahrscheinlich wegen des zurückgehenden Porzellanexportes aus China eine Manufaktur weiße Keramik mit abstrakten und floralen Unterglasurmalereien her, die unter anderem die byzantinische Keramikproduktion beeinflussten. Die Gemeinde wurde reich und mächtig durch die Kontrolle der Seidenstrasse.

Vor der mongolischen Eroberung Zentralasiens war Afrasiab Teil des Reiches des Choresm-Schahs. Nachdem Buchara bereits 1220 gefallen war, griff Dschingis Khan Samarkand an. Die turkmenische Garnison lief zu den Mongolen über, die sie aber niedermachen ließen. Nach fünftägigem hartnäckigem Widerstand fiel Afrasiab und wurde vollständig zerstört.

Bekannt ist Afrasiab außerdem aus einem Gedicht des Persers Sa'adi: „Die Spinne webt die Vorhänge im Palast der Cäsaren, die Eule ruft von Afrasiabs Türmen die Stunde aus.“ Diese Zeilen über die Vergänglichkeit weltlicher Macht soll Mehmed II. Fatih nach der Eroberung Konstantinopels 1453 bei der Besichtigung der Ruinen des Großen Palastes zitiert haben.

Wandmalereien

Ausgedehnte Wandmalereien scheinen für sogdische Paläste typisch zu sein. Außer in Afrasiab finden sie sich auch in Pendschikent, Schachristan und dem bulgarischen Palast in Waraschscha. Sie befinden sich in einem Palast in der Südstadt in einem Saal von 10 × 10 m² Größe. Sogdische Inschriften informieren über die Identität der Dargestellten und liefern so wichtige Information über die National-Tracht en der Zeit. An der Südwand ist der Empfangs von hunnischen Botschaftern unter Leitung von Bur-Satak aus Tschangian am Hofe dargestellt. Unter ihnen ist auch ein Botschafter aus Korea vertreten. Auf der Ostwand sind vor blauem Hintergrund speerbewehrte Reiter auf der Tigerjagd in sogdischem Stil dargestellt, während die Nordwand chinesischen Stil zeigt.

Terrakottafiguren

In Afrasiab wurden vielfältige Terrakottafiguren ausgegraben. Dazu gehören eine behelmte Athene, Terrakottas nach Arethusa-Stil, sogdische und türkische Reiter, Jungen und Mädchen mit königlicher Kopfbekleidung, dämonische Kreaturen sowie ein bewaffneter sogdischer Paladin.[3]

Bestattungen

Gebeine wurden nach zoroastrischer Tradition in beschmückten Beinhäusern aufbewahrt.[3]

Museum

Das Museum von Samarkand wurde 1896 gegründet. Es enthält Funde aus Afrasiab vom 4.-13. Jh.

Ausgrabungen

Bereits kurz nach der russischen Eroberung Zentralasiens fanden hier Grabungen statt, unter anderem durch Oberstleutnant Krestovskij 1833 und Major Borzenkov 1874. Man zog hauptsächlich schmale Suchgräben und deckte so Gebäude auf, konnte aber die Stratigraphie und Baugeschichte nicht klären. Nach den Militärs übernahm der Archäologe I. Veselovskij die Grabungen, seit dem Beginn des 20. Jh. war hier V. L. Vjatkin tätig, dann I. A. Terenoschkin. Seit 13 Jahren gräbt eine französisch-usbekische Expedition unter F. Grenet and M. Ch. Isamiddinov in Afrasiab.

Die Schichten Afrasiab II und III stammen aus der gräko-baktrischen Zeit. Schon jetzt war die Stadt ein Zentrum der Keramikproduktion. In Afrasiab III wurde eine sehr feine Ware mit rotem Überzug und roter Glasur hergestellt. In den Bauwerken finden zum ersten Mal gebrannte Ziegel Verwendung. Auch in der Zeit des Kuschan-Reiches war Afrasiab eine bedeutende Siedlung.

Schah-i-Sinda

Friedhof neben Schah-i-Sinda

Die Schah-i-Sinda (Persisch: „Der lebende König“) ist eine Gräberstraße am Rande von Afrasiab. Hier sind unter anderem der Gelehrte Kadi Zade Runi und weibliche Mitglieder der Herrscherfamilie von Samarkand begraben. Das Grab von Kussam ibn Abbas, dem Neffen Mohammeds ist der Mittelpunkt des Gräberfelds. Er gilt als der 'lebende Herrscher'. Der Legende nach wurde er bei der Eroberung Mittelasiens von den Ungläubigen geköpft, stieg danach aber mit dem Kopf unter dem Arm in einen Hügel, in dem er sich bis heute verborgen hält. Auf diesem Hügel steht heute ein Grabmal aus dem 15. Jh.

Belege

  1. G.A. Pugachenkova/È.V. Rtveladze, AFRĀSĪĀB, in Encyclopædia Iranica, 2009 - The name is popularly connected with that of the epic king of Tūrān, Afrāsīāb, but scholars see in it a distortion of Tajik Parsīāb (Sogdian Paršvāb), “Above the black river,” i.e., the Sīāhāb or Sīāb, which bounds the site on the north.
  2. Charles Higham: Encyclopedia of Ancient Asian Civilizations. New York: Facts on Files 2004. ISBN 0-8160-4640-9.
  3. a b G.A. Pugachenkova/È.V. Rtveladze, AFRĀSĪĀB, in Encyclopædia Iranica, 2009 - Terracottas attain exceptional variety; there are statuettes of Sogdian and Turk horsemen, youths and young girls in royal headdress with symbolic ornaments, demonic creatures, and a Sogdian paladin accoutered and armed.

Literatur

  • Aleksandr Belenickij, Zentralasien (Genf 1968).
  • Burchard Brentjes, Mittelasien (Leipzig, Koehler und Amelang 1977).
  • B. Maršak, Le programme iconographique des peintures de la „Salle des ambassadeurs“ à Afrasiab (Samarkand). Arts Asiatiques 49, 1994, 5-20
  • M. Mode, Sogdien und die Herrscher der Welt. Türken, Sasaniden und Chinesen in Historiengemälden des 7. Jahrhunderts n. Chr. aus Alt-Samarqand (Frankfurt/M. 1993).
  • C. Silvi Antonini, The paintings in the palace of Afrasiab (Samarkand). Rivista degli Studi Orientali, 63, 1989, 109-144.
  • Hans Wilhelm Haussig, die Seidenstraße in islamischer Zeit (Darmstadt 1988)
  • Boris J. Stawinski, Die Völker Mittelasiens (Bonn 1982).

Weblinks


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