Deutsche Friedensunion

Deutsche Friedensunion

Die Deutsche Friedensunion (DFU) war eine politische Partei in der Bundesrepublik Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Programmatik der DFU

Nach dem Verbot der KPD 1956 gab es diverse Bemühungen, das Lager links der SPD zu vereinen und insbesondere die kommunistischen und sozialistischen Kräfte zu bündeln.

Am 17. Dezember 1960 wurde die Deutsche Friedensunion in Stuttgart gegründet. Maßgeblich aufgebaut wurde sie von Funktionären der verbotenen KPD.[1] Zu den Mitbegründern gehörten u. a. der Bund der Deutschen, die Vereinigung unabhängiger Sozialisten, der Deutsche Klub 1954, der Fränkische Kreis und mehrere als Ersatzorganisationen der KPD fungierende Gruppen. Auch in christlich-pazifistischen Gruppen hatte die DFU einen gewissen Rückhalt. Programmatisch wandte sich die Partei gegen die atomare Aufrüstung der Bundeswehr, vertrat eine neutralistische Politik und forderte militärische Abrüstung und eine Entspannung der Konfrontation der Blöcke. Nach der Gründung der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) 1968 stand sie deren Politik sehr nahe und ist etwa von Armin Pfahl-Traughber als DKP-Vorfeldorganisation bezeichnet worden.[2] Sowjetische und DDR-Medien ließen verlauten, die DFU sei die demokratische und patriotische Organisation in Westdeutschland.[3] Nach DDR-Akten von 1973 erhielt die DFU von der SED damals monatlich 277.000 DM. Noch zwei Tage vor seinem Sturz genehmigte Erich Honecker der Organisation 3,1 Millionen DM an „Solidaritätsmitteln“ für das Jahr 1990.[4]

Von den 158 Unterzeichnern des Gründungsaufrufes waren 23 Universitätsprofessoren, elf Ärzte, 13 Pastoren und elf Lehrer.[5] Zu den Gründern gehörten Renate Riemeck, Lorenz Knorr, Arno Behrisch, Gerhard Gleißberg, Karl Graf von Westphalen und Klara Marie Faßbinder, die auch dem Präsidium angehörten. Die Mitgliederzahl ging von 1961 bis in die 1980er Jahre von rund 12.000 auf ca. 1000 zurück.

Erstes Nahziel der Partei war der Einzug in den Bundestag 1961. Der Wahlkampf wurde vom damaligen konkret-Herausgeber Klaus Rainer Röhl organisiert, der in Absprache mit der SED vor allem mit den Konterfeis der Spitzenkandidatin Renate Riemeck und Albert Schweitzer warb. Die DFU scheiterte jedoch mit 1,9 Prozent deutlich an der 5-Prozent-Hürde. Das schlechte Ergebnis wurde mit dem kurz vor der Bundestagswahl erfolgten Bau der Berliner Mauer erklärt und dem Vorwurf, eine Tarnorganisation der verbotenen KPD zu sein.[1]

1969 gehörte die DFU zu den Trägern der Aktion Demokratischer Fortschritt (ADF), die ebenfalls den Einzug in den Bundestag deutlich verfehlte.

1984 gab die DFU den Status einer politischen Partei auf und bezeichnete sich nur noch als „Politische Vereinigung“. Das begründete die DFU mit Veränderungen in den Parteiengesetzen, die erstmals eine Offenlegung der Finanzen vorschrieben.[6] Sie beteiligte sich in den folgenden Jahren an der Friedensliste, die auch zahlreiche aus der DFU kommende Kandidaten bei Wahlen aufstellte. Nach 1989, dem Ende der finanziellen Unterstützung durch die DDR, trat die DFU nicht mehr in Erscheinung. Der letzte Geschäftsführer der DFU, Willi van Ooyen, wurde 2008 als Spitzenkandidat der Partei Die Linke in den Hessischen Landtag gewählt.

Wahlen

Bundestagswahlen

Landtagswahlen

1964: 49.191 Stimmen; 1,4 %
1972: 587 Stimmen; 0,0 %
1976: 557 Stimmen; 0,0 %
1962: 84.879 Stimmen; 0,9 %
In Westberlin trat die DFU nicht an.
1963: 10.607 Stimmen; 2,7 %
1967: 17.240 Stimmen; 4,2 % (+ 1,5 %)
1961: 28.511 Stimmen; 2,9 %
1962: 64.956 Stimmen; 2,5 %
1963: 19.749 Stimmen; 0,6 %
1967: 29.273 Stimmen; 0,8 % (+ 0,2 %)
1982: 425 Stimmen; 0,0 %
1962:164.333 Stimmen; 2,0 %
1963: 23.585 Stimmen; 1,3 %
1967: 22.871 Stimmen; 1,2 % (– 0,1 %)
Ab dem 3. März 1961 gehörte die vormals selbständige Deutsche Demokratische Union (DDU) als saarländischer Landesverband zur DFU. Unter der Bezeichnung DDU trat dieser Landesverband 1965 zur Landtagswahl an.
1965: 18585 Stimmen; 3,1 % (– 1,9 %)
1962: 13.758 Stimmen; 1,2 %
1967: 11.517 Stimmen; 0,9 % (– 0,3 %)

Mitgliederzahlen

Die DFU sprach 1961 von rund 50.000 eingeschriebenen Mitgliedern. Unabhängige Kommentatoren schätzten die Mitgliederzahl jedoch für Mitte der sechziger Jahre auf ca. 10.000 bis 12.000. Nach einer Aktennotiz des ZK-Mitglied der SED Albert Norden war diese bis 1973 auf 5.000 bis 6.000 zurückgegangen. In den 1980er Jahren schätzte der Verfassungsschutz die Mitgliederzahl auf unter 1000.

Presseerzeugnisse

Ausweg, Köln (1962–1964); DFU-Information, Gießen (1962); DFU-Korrespondenz, Köln (1961–1962); DFU-Landespressedienst, Frankfurt am Main (1963); DFU-Nachrichten für die Presse, Frankfurt am Main (1965–1966); DFU-Pressedienst, Köln (1961-?); DFU-Politische Kommentare, Köln, (1962); Der Neue Ruf, Hannover (1961–1964); notiert, Köln (1962–1963).

Als der DFU nahestehende Zeitungen galten das Westdeutsche Tageblatt (Dortmund) und die ursprünglich als Organ des BDD 1953 gegründete Deutsche Volkszeitung.

Sonstiges

  • In der Wendezeit der DDR gab es kurzzeitig ebenfalls eine politische Partei mit der Bezeichnung Deutsche Friedensunion.

Literatur

  • Dirk Mellies: Trojanische Pferde der DDR? Das neutralistisch-pazifistische Netzwerk der frühen Bundesrepublik und die Deutsche Volkszeitung, 1953–1973. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2006, ISBN 3-631-55825-2, S. 51–63 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 3: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 1039).
  • Rolf Schönfeldt: Die Deutsche Friedens-Union. In: Richard Stöss (Hrsg.): Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945–1980. Band 1: AUD–EFP. Westdeutscher Verlag, Opladen 1983, ISBN 3-531-11570-7, S. 848–876 (Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin 38).

Weblinks

 Commons: Deutsche Friedensunion – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Don Quichottes bei Sancho Pansas. In: Spiegel special, Nr. 1/1994
  2. Die „Deutsche Kommunistische Partei“ (DKP).Bundeszentrale für politische Bildung
  3. Rot und Rosa (siehe Titelbild). In: Der Spiegel. Nr. 35, 1961 (online).
  4. Hubertus Knabe: Linkspolitiker Willi van Ooyen – Honeckers Millionen für ein Trojanisches Pferd. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9. Oktober 2008.
  5. DFU. Ein Stück gemeinsam. In: Der Spiegel. Nr. 30, 1961, S. 16 (online).
  6. Wie die Stasi Willi van Ooyen schützte. In: Die Welt

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