Der Sohn (Film)

Der Sohn (Film)
Filmdaten
Deutscher Titel Der Sohn
Originaltitel Le fils
Produktionsland Belgien, Frankreich
Originalsprache Französisch
Erscheinungsjahr 2002
Länge 103 Minuten
Altersfreigabe FSK 6
Stab
Regie Jean-Pierre und Luc Dardenne
Drehbuch Jean-Pierre und Luc Dardenne
Produktion Jean-Pierre und Luc Dardenne, Denis Freyd
Musik keine Musik
Kamera Alain Marcoen
Schnitt Marie-Hélène Dozo
Besetzung
  • Olivier Gourmet als Olivier
  • Morgan Marinne als Francis
  • Isabelle Soupart als Magalie

Der Sohn (Le fils) ist ein belgisch-französischer Film der Regisseure Jean-Pierre und Luc Dardenne aus dem Jahr 2002.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Olivier ist Schreinermeister in einem Berufsausbildungszentrum für jugendliche Straftäter. Die Bewerbung eines 16-jährigen erschüttert ihn: er lehnt ihn zunächst ab, schickt ihn zu den Schweißern, doch später nimmt er ihn doch zu sich. Ständig beobachtet er den Neuen. Mit dem ahnungslosen Jungen ist er durch eine gemeinsame, düstere Vergangenheit verbunden.

Vollständiger Inhalt

(Mittwoch)

Olivier ist Schreinermeister in einem Berufsausbildungszentrum, eine verantwortungsvolle Aufgabe die ihm Freude macht und ihn ausfüllt. Das Bewerbungsschreiben eines Lehrlings bringt ihn aus der Façon, er lehnt ihn ab; er soll zu den Schweißern. Doch lässt ihm dies keine Ruhe: er beobachtet den Lehrling von der ersten Minute an, in der dieser seinen Lehrlingsvertrag bei den Schweißern unterschreibt (hier flieht Olivier in Panik, um nicht gesehen zu werden). Er sucht immer wieder Vorwände, unter denen er seine Lehrlinge allein lässt, um den Neuen heimlich zu beobachten, erkundigt sich, wie dieser sich mache, meidet jedoch die Kantine, um dem Lehrling auszuweichen.

Am selben Tag besucht eine Frau Olivier zu Hause. Sie scheinen vertraut und doch distanziert. Sie offenbart ihm, dass sie heiraten werde, ein Kind erwarte, etwas Neues beginnen müsse. Wie es bei ihm stehe? Ja, sie arbeitet noch in der Tankstelle. Olivier ist gedankenverloren, wacht erst auf als sie schon gegangen ist; schon am Wegfahren holt er sie noch ein: warum sie gerade heute gekommen sei.

(Donnerstag)

Am zweiten Tag geht Olivier zu der Personalchefin. Mehrmals will er unverrichteter Dinge von der telefonierenden Frau wieder gehen, doch hält sie ihn immer wieder zurück. Er würde den Neuen nehmen – bei den Schweißern liefe es nicht gut. Nun wird Olivier zum ersten Male direkt mit dem Neuen konfrontiert: (vorsichtig tastend, fast ängstlich suchend) findet er den Schlafenden in der Umkleidekabine. Lange betrachtet er ihn, wieder gedankenverloren, bevor er ihn weckt und sich zum Schreinern holt.

Dort weist er den Neuen ein, nutzt wieder jede noch so kleine Gelegenheit zur stillen Beobachtung. Nach Feierabend verfolgt er den Bus, mit dem der Junge nach Hause fährt, versucht herauszubekommen, wo dieser wohnt. Dieser läuft suchend mit einem Zettel durch die Straßen; als er Olivier bemerkt (Olivier kehrt in diesem Moment abrupt um und geht hastig zum Auto zurück), ruft er ihn, läuft ihm nach, er habe sich verlaufen, wo die Rue du Molinay sei. Olivier weist ihm dem Weg, verfolgt wieder, beobachtet den Jungen bis zur Haustür, zwei Straßenzüge weiter.

Olivier fährt zu der Tankstelle; lange überlegt er, ob er eintreten soll. Zur Beruhigung raucht er eine Zigarette, doch die Hand zittert weiter. Er tritt ein, trifft seine frühere Frau. Er freue sich, dass sie ein Kind bekomme. Ruhig, gefasst spricht Olivier: Francis Thirion ist wieder frei. Er will im Zentrum Schreiner lernen. Er habe ihn nicht genommen, habe gezögert ob er ihn als Lehrling nehmen solle. Die Frau: Olivier sei verrückt, Er hat unser Kind getötet!

In einem Bistro stößt der Lehrling auf Olivier. Dieser will zunächst fortfahren, zögert dann aber, isst sein Sauerkrautbrötchen vor seinem Auto. Der Neue tritt hinzu, fragt, ob er sich ans Auto lehnen dürfe, bietet Pommes an. Die Stimmung entspannt sich nur wenig, als Francis Oliviers vorzügliches Schätzvermögen bezüglich Entfernungen und Größen mit dem Zollstock austestet – ihn hatte beeindruckt, dass Olivier am ersten Tage seine exakte Größe für den Schreineranzug vorhergesagt hatte. Beim Essen belauern sie sich, plötzlich geht Olivier: tschüss!.

(Freitag)

Der Neue macht sich gut, keine Fehler, ist folgsam, lernwillig; Schreiner ist seine Berufung. Bei einer Übung, bei der die Lehrlinge Balken auf steilen Leitern eine Fassade hochtragen, verlässt ihn jedoch die Kraft: er droht abzustürzen. Olivier eilt hinzu, mit Wucht landet Francis auf den Schultern seines Meisters (Olivier leider unter starken, chronischen Rückenschmerzen). Der Lehrling kann sich nicht halten, droht hinten überzukippen. Der Balken geht krachend zu Boden. Francis geht kauernd zu Boden, hat Angst, dass er wieder fortgeschickt wird.

Olivier stiehlt Francis' Wohnungsschlüssel, dringt in dessen Wohnung ein, sieht sich um: ärmliche Wohnküche, winziges Bad, er legt sich schließlich (in Arbeitskluft) auf das Bett, daneben ein Klappstuhl mit Wecker, Radio, Tabletten.

Zurück im Ausbildungszentrum leitet der Meister den Lehrling an, sich eine Tragekiste zu bauen. Francis ist sehr geschickt. Olivier fragt ihn, was er am Wochenende mache. Francis weiß es nicht. Olivier insistiert. Die Familie besuche Francis nicht, der Freund der Mutter sei dagegen, wo der Vater wohne, wisse er nicht. Auf dem Parkplatz eine knappe Verabschiedung, dann ruft Olivier den Jungen zurück, will ihn fahren und absetzen.

Oliviers frühere Frau stößt hinzu, sie hat beide beobachtet. Olivier fängt sie ab, beruhigt sie. Er ist es. Sie erleidet einen Schwächeanfall, bricht zusammen. Francis läuft hinzu, will helfen; Olivier jagt ihn zurück ins Auto. Sie: Für wen hältst Du Dich? Niemand würde das tun. Olivier weiß nicht, warum er so handelt.

Im Wagen bietet Olivier Francis an, am Wochenende mitzufahren, Holz zu holen. So könne er die Holzarten kennenlernen und seinen Rückstand gegenüber den anderen Lehrlingen vermindern. Er hole ihn morgen um neun Uhr früh ab, den Händedruck verweigert er.

(Samstag)

Am nächsten Tag im Auto lenkt sich das Gespräch wie unabsichtlich auf Fraipont, die Jugendvollzugsanstalt, in der Francis vom elften bis zum 16. Lebensjahr einsaß. Später schläft Francis. Olivier beobachtet ihn, prüft dann den Rückspiegel und bremst scharf. Francis wird nach vorn geschleudert, doch passiert ihm nichts. Olivier entschuldigt sich mit einem Kaninchen... Francis bemerkt, er sei eingeschlafen. Er nehme Medikamente, um gut zu schlafen. Er schlummert wieder ein, wird von Olivier unsanft geweckt: Warum bist du mit elf Jahren nach Fraipont gekommen?. Er habe eine Dummheit begangen: Diebstahl. Olivier besteht auf eine Antwort: Fraipont für einen Diebstahl? Da war noch etwas anderes. Er bittet, sich auf die Rückbank, schlafen legen zu dürfen. Wieder beobachtet Olivier den Schlafenden, erst im Rückspiegel, dann direkt.

Unterwegs hält Olivier zur Rast, weckt Francis, ob er Hunger habe. Er kauft sich einen Apfelplunder; Francis nimmt auch einen, doch lässt Olivier auf Nachfrage der Bäckerin getrennt abrechnen. Beim Essen fragt Francis, ob Olivier sein Vormund sein wolle. Er suche jemanden von außerhalb von Fraipont. Nach einigem Warten wiederholt Francis sein Anliegen: Olivier will es sich überlegen. Warum willst Du mich als Vormund? Weil Sie mein Lehrmeister sind. Auf Einladung Francis spielen sie Tischfußball. Francis fragt, ob er Olivier sagen dürfe, die anderen Lehrlinge riefen ihn auch so. Olivier stimmt zögernd zu.

  • Was war noch außer dem Diebstahl?
  • Es gab einen Toten.
  • Hast Du jemanden getötet?
  • Ja... In Fraipont war ich der Held.

Später im Auto:

  • Warum hast Du getötet? Als Dein Vormund sollte ich das doch wissen, nicht wahr? Was hast Du gestohlen?
  • Ein Radio aus einem Auto.
  • Dafür hast Du getötet?
  • Hinten saß ein Junge, den ich nicht gesehen hatte. Er wollte mich nicht loslassen. Ich habe ihn am Hals gepackt, bis er mich losgelassen hat.
  • Du hast ihn erwürgt.
  • Er wollte mich nicht loslassen.
  • Du hast ihn erwürgt!
  • Ich wollte es nicht. Ich hatte Angst.
  • Du hast es getan, sonst wäre er nicht tot.
  • Ja, aber...
  • Kein aber! Hast Du es getan oder nicht?
  • Ja, schon.
  • Bereust Du, was Du getan hast?
  • Ja, klar.
  • Wieso klar?
  • Fünf Jahre eingesperrt, das bereut jeder. Ich gehe schnell pissen.

(Im Holzlager)

Sie sind beim Holzhandel angekommen, der gehört dem Bruder Oliviers, so dass er einen Schlüssel hat. Francis interessiert sich wieder nur für das Schreinern, er möchte etwas lernen. Dann nehmen sie sich Holz, Olivier reicht es von gigantischen Stapeln herunter zu Francis. Wie ein Damoklesschwert tanzen die mächtigen Bohlen über Francis Haupt. Wieder unten schneiden sie Bretter zu. Der Junge, den Du getötet hast, war mein Sohn. Francis flieht. Hab' keine Angst. Komm' zurück! Olivier verfolgt Francis durch das Holzlager. Ich tue dir nichts! Ich glaube Ihnen nicht! Francis ist in Panik, er bewirft Olivier mit Brettern. Ich war fünf Jahre eingesperrt. Ich habe bezahlt! Auf dem angrenzenden Waldgrundstück stellt Olivier den Flüchtenden, wirft ihn zu Boden. Hier wird Realität, was Olivier all die Jahre in seinen Träumen durchlebt haben mag: Er kniet über dem wehrlosen Francis und würgt ihn. Er kommt wieder zu Besinnung und lässt ab von dem Zitternden. Beide sind vollkommen erschöpft.

Olivier geht, die Bretter aufzuladen. Francis tritt hinzu und hilft. Gemeinsam verpacken sie die Bretter in eine Plane.

Stilmittel

Stete Unruhe ist es, die Pierre umtreibt, stete Unruhe, die durch die (zittrige) Handkamera getragen wird: eine andere Kamera kommt nie zum Einsatz. Das Medium erlaubt nur kurze, schnelle Schnitte, harte Übergänge. Pierre erscheint fast stets von hinten, wodurch ihm kaum jemals die Mittel der Mimik zur Verfügung stehen. Diese Hürde meistert Olivier Gourmet mit Bravour, in Cannes 2002 erhält er den Preis für den Besten männlichen Darsteller.

Zu jederzeit abwesend ist die Musik: die Regisseure verzichten vollständig auf dieses wichtige Mittel, um beim Zuschauer Emotionen zu erzeugen und verlassen sich vollständig auf Szenenbild, Photographie und die Schauspielkunst der Protagonisten. Geradezu überdeutlich wird diese Abwesenheit in einigen Szenen: der dominante Kassettenrekorder, der neben dem Bette Francis' schweigt, das Autoradio, das auf den verschiedenen Fahrten nie auch nur einen Ton von sich gibt.

Kritiken

epd Film: „Der meisterhafte Film der belgischen Brüder Dardenne erzählt von der Begegnung eines Vaters mit dem jugendlichen Mörder seines Sohnes. Er nutzt das Kino als Medium, das auch Grenzerfahrungen auf eine authentische Weise spürbar machen kann.“ [1]

Cinema: „Die großartige Idee zu einem spannenden Psychodrama bleibt handwerklich auf der Strecke.“ [2]

playerweb.de: „Man muß es erwähnen: Unter dem simplen Titel brodelt ein stilistisch schlichtes, wortkarges, heimtückisches Meisterwerk, jederzeit dazu bereit, die Krallen auszufahren und unvermittelt auf’s Heftigste zuzuschlagen. [...] das schockierend abrupte, bildkompositorisch brillante Ende ist schließlich ein brutal-zwingender, zutiefst verstörender Hieb in den mentalen Solarplexus. Man kann ihn eventuell verdrängen, aber unmöglich vergessen.“ [3]

Auszeichnungen (Auswahl)

  • Der Film gewann zwei Preise in Cannes 2002, nämlich Olivier Gourmet als bester Schauspieler, sowie Luc Dardenne und Jean-Pierre Dardenne eine Spezialerwähnung der Ökumenischen Jury.

Quellen

  1. epd Film Nr. 6/2003, Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik, Frankfurt a.M., S. 37
  2. Zeitschrift Cinema
  3. Zeitschrift Playerweb

Weblinks


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