Wassenberger Prädikanten

Wassenberger Prädikanten

Als Wassenberger Prädikanten wird eine Gruppe von Predigern bezeichnet, die während der Reformation in Wassenberg und Umgebung die neue Lehre predigten, später nach Münster zogen, wo sie sich für die Gläubigentaufe aussprachen. Ein Großteil der Wassenberger Prädikanten erlitt in den Jahren nach 1534 den Märtyrertod.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Lutheraner

Wassenberg im 17. Jahrhundert

Ab 1517 wurde im Jülich reformatorisches Gedankengut verbreitet. Ein maßgeblicher Vertreter der neuen Ideen war der Antitrinitaner Johannes Campanus. 1521 hielt er sich auf Einladung des Adligen Werner von Palant auf dessen Burg in Wassenberg auf. Der Drost Werner von Palant stellte in der Folge andere Prädikanten, welche in ihren Gebieten verfolgt wurden, unter seinen Schutz. Diese Prädikanten vertraten nicht eine einheitliche Theologie; gemeinsam war ihnen der Hass gegen die Römische Kirche.

Sakramentarier

Anfänglich beriefen sie sich in erster Linie auf Luther, vertraten unter dem Einfluss von Heinrich Roll vermehrt zwinglianische Ansichten. Als Sakramentarier verteilten sie das Abendmahl unter beiderlei Gestalt und verwarfen eine gnadenbringende Wirkung der Sakramente. Von Roll stammte die entsprechende Schrift vom Schlüssel zum Mysterium des Abendmahls (Die Slotel van dat Secreeet des Nachtmaels). Die Tauffrage stand vorerst nicht im Mittelpunkt. Nach der Einführung der neuen Kirchenordnung von 1532 und der anschließenden Jülicher Kirchenvisitation kamen die Anhänger des neuen Glaubens unter Druck und wurden verfolgt. Der Drost Werner IV. von Palant (um 1480–um 1557), Herr zu Ruyff[1] und Breitenbend, verlor im Oktober 1532 seine Funktion als Amtmann, und die Prediger waren zur Flucht gezwungen.

Täufer

Die meisten der Pràdikanten begaben sich nach Münster, wo unter Bernd Rothmann die Reformation eingeleitet worden war. Unter dem Einfluss der Wassenberger Prädikanten ist die Reformation von Münster entscheidend geprägt worden. Dem Abendmahl wurde nur noch ein Gedächtnischarakter zugesprochen und die Kindertaufe wurde entschieden abgelehnt. Im Auftrag von Rothmann begannen die Prädikanten eine evangelische Kirchenordnung für Münster auszuarbeiten. Im Herbst 1533 wurden die Prädikanten vom lutherisch beherrschten Stadtrat gezwungen, die Stadt zu verlassen. Zu Beginn des Jahre 1534 waren sie wieder in Münster anzutreffen und ließen sich am 5. Januar von den ersten Abgesandten des Propheten Jan Matthys die Erwachsenentaufe geben.

Märtyrer

Mitte Oktober 1534 trat für die Wassenberger Prädikanten eine entscheidende Wendung ein. Einerseits kam es zur Auseinandersetzung zwischen Bernd Knipperdolling und Jan van Leiden, anderseits wurde von Johann Dusentschuer veranlasst, dass 28 Apostel in alle Vier Himmelsrichtungen ausgesandt werden, die ausgehend von den Städten Soest, Osnabrück, Warendorf und Coesfeld das Friedensreich verkündigen sollten. Unter diesen 28 Aposteln befanden sich alle Wassenberger Prädikanten. Der Versuch, die Umgebung von Münster zu missionieren, misslang völlig. Einzig in Warendorf hatten die Boten einen gewissen Erfolg. An den anderen Orten wurden sie unmittelbar bei ihrem Eintreffen verhaftet. Von den 28 Sendboten überlebte nur Heinrich Graess, der die Seite wechselte, als er in Osnabrück festgenommen wurde. Die Wassenberger Prädikanten starben alle als Märtyrer.

Wichtigste Vertreter

Umfeld

  • Werner IV. von Palant (* um 1480, † vor dem 1. März 1557), Herr zu Ruyff und Breitenbend, bis 1532 Drost des Amtes Wassenberg
  • Theodor Fabricius (* 1501 in Anholt bei Bocholt, † 1570 in Zerbst)
  • Adolf Clarenbach (* um 1497 bei Lüttringhausen, † September 1529 in Köln) hingerichtet auf dem Scheiterhaufen
  • Gerhard Westerburg (* um 1490 in Köln, † 1558 in Dykhausen bei Neustadtgödens)
  • Johannes Campanus (* um 1500 in Maaseik, † um 1575 in Jülich) gestorben nach zwanzig Jahren Haft
  • Johann Dusentschuer (* um 1500 in Warendorf, † Herbst 1534 in Soest) enthauptet
  • Heinrich Graess, vormals Lehrer in Borken

Prädikanten

  • Johann Klopreis (* um 1500 in Bottrop, † Februar 1535 in Brühl bei Köln) hingerichtet auf dem Scheiterhaufen
  • Dionysius Vinne (* um 1500 in Diest in Brabant, † Herbst 1534 in Osnabrück) hingerichtet auf dem Scheiterhaufen
  • Heinrich Roll (* um 1500 in Grave an der Maas, † Herbst 1534 in Maastricht) hingerichtet auf dem Scheiterhaufen
  • Hendrik Slachtscaep (* 1470 in Tongeren, † Herbst 1534 in Soest) enthauptet
  • Hermann Staprade (* um 1500 in Mörs, † unbekannt) verwarf als erster die Kindertaufe in Münster
  • Gottfried Stralen (* um 1500 in Geldern, † Februar 1535 in Brühl bei Köln) hingerichtet auf dem Scheiterhaufen

Gemeinsame Schrift

  • Bekenntnisse von beyden Sacramenten, Doepe vnde Nachtmaele, der Praedicanten tho Munster. 1533 (von Bernhard Rothmann, unterzeichnet von Roll, Klopreis, Vinne, Staprade und Stralen)

Literatur

  • Karl Rembert: Die Wiedertäufer im Herzogtum Jülich, Berlin 1899.
  • Heribert Heinrichs, Die Wassenberger Prädikanten. In: Heimatkalender des Kreises Heinsberg, Jg. 1998, S. 26-41.
  • Ekkehard Krumme: Die frühreformatorischen Bewegungen im Westen des Erkelenzer Landes. In: Hans-Josef Broich, Günter Wild: Evangelisch im Erkelenzer Land. Erkelenz 2003 (Schriften des Heimatvereins der Erkelenzer Lande. Nr. 19). S. 241-266.

Einzelnachweise

  1. Schloss Ruyff bei Henri-Chapelle.

Weblinks


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