Christlich-islamischer Dialog

Christlich-islamischer Dialog

Der christlich-islamische Dialog umfasst das Gespräch, die Begegnung, die Konfrontation und den theologischen Diskurs zwischen Christentum und Islam und ist Teil des interreligiösen Dialogs.

Inhaltsverzeichnis

Historisches

Historisch geht er auf die islamische Expansion im 7. Jahrhundert n. Chr. im Nahosten und Ägypten zurück. Deshalb ging es im Dialog zunächst darum, das Zusammenleben von Christen und Muslimen unter islamischer Vorherrschaft zu regeln. (Siehe Siyar und Dhimma). Zu Beginn hat der Dialog einen apologetischen und polemischen Charakter, wie aus den theologischen Diskussionen in Damaskus bei Theodor Abū Qurra und Johannes von Damaskus ersichtlich ist.

In al-Andalus, d.h. dem islamisch beherrschten Spanien vor dem Abschluss der Reconquista, fand ein reger Dialog zwischen Muslimen, Juden und Christen statt.

Gegenwart

In Europa findet der christlich-islamische Dialog gegenwärtig meist zwischen christlichen Einheimischen und muslimischen Einwanderern, die vor allem seit den 1960er Jahren nach Europa gekommen sind, statt. In einigen Ländern existieren auch autochthone muslimische Volksgruppen, z. B. die muslimischen Tartaren in Polen oder die bosnischen Muslime, die aufgrund der langen gemeinsamen Geschichte dem Dialog in der Regel sehr aufgeschlossen sind.

Deutschland

In Deutschland regt sich in jüngster Zeit im Zusammenhang mit der staatlichen Integrationsförderung Widerstand gegen eine Konfessionalisierung der Einwanderer bzw. ihrer Nachkommen.

Der Dialog hat meist die Förderung von Respekt und Verständnis zum Ziel. Zwischen Theologen werden vor allem religiöse Fragen erörtert. Ferner geht es oft um die Auslegung und Interpretation von gesellschaftlichen Regeln und Gesetzen (Religionsunterricht, Kopftuch, Schächten, Religionsfreiheit, Integration usw.). Seit den Attentaten von muslimischen Fundamentalisten, insbesondere den Anschlägen vom 11. September 2001, wird besonders auch über Fragen der Gewalt und ihrer (vermeintlichen) Rechtfertigung im Koran gesprochen.

Geführt wird der christlich-islamische Dialog z. B. von Kirchen und islamischen Institutionen, von Theologen und Gemeinden beider Religionen, in Dialogorganisationen und Dialoggruppen, Kindergärten, Schulen, Universitäten u. a..

Die christlich-islamische Dialogorganisationen in Deutschland haben sich im Koordinierungsrat des christlich-islamischen Dialogs (KCID) zusammengeschlossen. Zu dessen Mitgliedorganisationen gehören unter anderem die 1982 gegründete Christlich-Islamische Gesellschaft (CIG) sowie das Bendorfer Forum. Der christlich-islamische Dialog äußert sich zudem in entsprechenden Filmen, Büchern, Features, Fotos, Ausstellungen, Interviews u. Ä. In einem Forschungsprojekt wurden Schulbücher analysiert und die häufigsten Vor- und Fehlurteile herausgearbeitet. Die Ergebnisse wurden vom Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung veröffentlicht.

Seit 2002 finanziert die Bundesregierung jährlich Projekte zur Förderung des christlich-islamischen Dialogs in Höhe von 425.000 Euro. Dazu gehören z. B. Dialogseminare für Imame (jährlich 50.000 Euro), die Unterstützung des KCID (seit seiner Gründung jährlich ca. 40.000 Euro, projektbezogen) und der Muslimischen Akademie (60.000 Euro jährlich seit 2004). Zudem werden Organisationen wie die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) finanziert, die sich, wie auch die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) und andere im interreligiösen Dialog engagieren.

Im Jahre 2007 wurde die „Christlich-Muslimische Friedensinitiative“ (cm-fi) gegründet. Träger der Initiative sind der Deutsche Städtetag, DITIB und der KCID. Vorsitzender ist der Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz CDU.

Wissenschaftlich wird der Christlich-Islamische Dialog in Deutschland von der „Christlich-islamische Begegnungs- und Dokumentationsstelle“, kurz CIBEDO, in Frankfurt am Main untersucht und dokumentiert. Unter anderem sind hier Prof. Christian Troll SJ und Prof. Dr. Felix Körner SJ tätig. Die Arbeitsgruppe ist ursprünglich vom katholischen Missionsorden der Weißen Väter gegründet worden. Vierteljährlich erscheint die Zeitschrift CIBEDO-Beiträge[1] in denen Christen und Muslime aktuelle Themen diskutieren.

Österreich

In Österreich war der Vortrag "Islam, Christentum und Relativismus" von Gregor Henckel-Donnersmarck auf der Fachtagung Das Unbehagen mit der Religion am 18. Juni 2011 im Islamischen Zentrum Wien (Video) vielbeachtet, auf den Elsayed Elshahed von der Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich antwortete "Herr Abt, betrachten Sie dieses Haus als Ihr Haus!" [2][3][4] Es war das erste Mal, dass ein hoher katholischer Würdenträger einen Vortrag in der Wiener Moschee hielt. Die Tagung wurde vom Institut für Religiosität in Psychiatrie & Psychotherapie veranstaltet. Der katholische Kardinal Christoph Schönborn übernahm ebenso den Ehrenschutz wie der evangelisch Bischof Michael Bünker, der Präsident der IGGiÖ Anas Schakfeh und der Wiener Bürgermeister Michael Häupl.[5]

Kritik

Bassam Tibi meint in einem Artikel in der "Zeit" von 2002[6], dass der Dialog auf falschen Voraussetzungen beruht. Tibi sieht dafür drei Gründe:

  1. Die Schuldgefühle der Christen, vor allem der deutschen Protestanten
  2. die gesinnungsethisch verordnete Fremdenliebe der Deutschen
  3. die Angst der christlichen Kirchen vor Machtverlust.

Siehe auch

Literatur

  • Christoph Auffarth: Dialog mit dem Islam. Anmerkungen aus Sicht mittelalterlicher Christen. 1. Der Westen. In: Wissenschaft und Weisheit Bd. 59 (1996), S. 131-143
  • Iso Baumer: Christentum – Islam. Eine 1400-jährige Auseinandersetzung. Solothurn, 2008 [7]
  • Iso Baumer: Glaubenszeugnisse algerischer Christen. Ein Beitrag zur interreligiösenVerständigung. Verlag Kanisius Freiburg, 2001; ISBN 3-85764-540-7
  • Iso Baumer: Die Mönche von Tibhirine. Die algerischen Glaubenszeugen - Hintergründe und Hoffnungen. Verlag Neue Stadt, München, 2010; ISBN 3-87996-911-6
  • Mikel de Epalza: Jesus zwischen Juden, Christen und Muslimen. Interreligiöses Zusammenleben auf der iberischen Halbinsel (6.-17. Jahrhundert) („Jesús entre judicos, cristianos y musulmanes hispanos (siglo Vi-XVII)“. Lembeck-Verlag, Frankfurt/M. 2002, ISBN 3-87476-393-5.
  • Eugen-Biser-Stiftung (Hrsg.): Dialog aus christlichem Ursprung. Fünf Jahre Eugen-Biser-Stiftung. Glaukos-Verlag, Limburg 2008, ISBN 978-3-930428-31-1.
  • Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (Hrsg.): Die Zukunft der orientalischen Christen. Eine Debatte im Mittleren Osten (Blaue Reihe; 7). EMW, Hamburg 2001.
  • Abdoldjavad Falaturi, Udo Tworuschka: Der Islam im Unterricht. Beiträge zur interkulturellen Erziehung in Europa. Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung, Braunschweig 1992, ISBN 3-88304-026-6.
  • Richard Heinzmann, Mualla Selçuk, Felix Körner (Hrsg.): Menschenwürde. Grundlagen in Christentum und Islam. Symposion der Eugen-Biser-Stiftung und der Islamisch-Theologischen Fakultät der Universität Ankara am 3. und 4. Oktober 2005 (Interkulturelle und interreligiöse Symposien der Eugen-Biser-Stiftung; Bd. 1). Kohlhammer, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-170-20169-9 (Deutsch/Türkisch).
  • Badru D. Kateregga & David Shenk: Woran ich glaube. Ein Muslim und ein Christ im Gespräch. Neufeld Verlag, Schwarzenfeld 2005, ISBN 3-937896-15-5.
  • Adel Theodor Khoury: Mit Muslimen in Frieden leben. Echter, Würzburg 2002, ISBN 3-429-02455-2.
  • Gritt Klinkhammer, Hans-Ludwig Frese, Ayla Satilmis, Tina Seibert: Interreligiöse und interkulturelle Dialoge mit MuslimInnen in Deutschland. Eine quantitative und qualitative Studie (= Veröffentlichungen des Instituts für Religionswissenschaft und Religionspädagogik). Universität Bremen, Bremen 2011. ISBN 978-3-88722-722-7. Online-Ressource (418 S.): http://elib.suub.uni-bremen.de/edocs/00102006-1.pdf.
  • Adel Theodor Khoury: Der Koran. Patmos, Düsseldorf 2005, ISBN 3-491-72485-6.
  • Thomas Lemmen, Melanie Miehl: Miteinander Leben. Christen und Muslime im Gespräch. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1992, ISBN 3-579-00749-1.
  • Matthias Lutz-Bachmann, Alexander Fidora (Hrsg.): Juden, Christen und Muslime. Religionsdialoge im Mittelalter. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004, ISBN 3-53417533-6.
  • Jürgen Micksch: Abrahamische und Interreligiöse Teams (Interkulturelle Beiträge; 21). Lembeck-Verlag, Frankfurt/M. 2003, ISBN 3-87476-421-4.
  • Andreas Renz, Stephan Leimgruber: Christen und Muslime. Was sie verbindet, was sie unterscheidet. 3. Aufl. Kösel, München 2009, ISBN 3-466-36647-X.
  • Samir Khalil Samir: 100 Fragen über den Islam. Warum wir die Muslime nicht fürchten müssem („Cien preguntas sobre el Islam“). St.-Ulrich-Verlag, Augsburg 2009, ISBN 978-3-86744-085-1 (ein Buch, das aus Interviews mit Giorgio Paolocci und Camille Eid entstanden ist).
  • Christian Troll: Muslime fragen, Christen antworten (Topos-Plus-Taschenbücher; 489). Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 2003, ISBN 3-7867-8489-2.
  • Christian Troll: Als Christ dem Islam begegnen (Ignatianische Impulse; Bd. 8). Echter, Würzburg 2004, ISBN 3-429-02538-9.
  • Monika Tworuschka, Udo Tworuschka: Islam Lexikon. Patmos Verlag, Düsseldorf 2002, ISBN 3-491-70349-2.
  • Udo Tworuschka: Analyse der evangelischen Religionsbücher zum Thema Islam. Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung, Braunschweig 1986 ff.
    • Bd. 2. Udo Tworuschka: Der Islam in den Schulbüchern der BRD (Studien zur Schulbuchforschung; Bd. 47). 1986, ISBN 3-88304-247-1
    • Bd. 3. Hans Vöcking u.a.: Der Islam in den Schulbüchern der BRD (Studien zur Schulbuchforschung Bd. 53). 1988, ISBN 3-88304-253-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. CIBEDO-Beiträge
  2. Österreich: Interesse an Islam und Christentum steigt im Radio Vatikan vom 19. Juni 2011
  3. Victoria Fender: 'Herr Abt, betrachten Sie dieses Haus als Ihr Haus!' in kath.net vom 20. Juni 2011
  4. Stefan Beig: „Wenn Muslime hier ihren Glauben gut leben, ist das kein Grund zur Angst“ in Die Tagespost vom 21. Juni 2011
  5. Ehrenschutz der Fachtagung 'Das Unbehagen mit der Religion', gesehen am 8. August 2011
  6. Nr. 23. "Selig sind die Belogenen. Der christlich-islamische Dialog beruht auf Täuschungen und fördert westliches Wunschdenken" auch: online
  7. Kirchenblatt Nr. 9/2008

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