Rathausplatz (Wien)

Rathausplatz (Wien)
Straßenschild Rathausplatz

Der Rathausplatz liegt im 1. Wiener Gemeindebezirk Innere Stadt. Er ist nach dem hier liegenden Wiener Rathaus benannt. Es handelt sich um einen der bedeutendsten Plätze im Zentrum Wiens.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Wiener Rathaus, Ansicht von 1891

Auf dem Gebiet des heutigen Rathausplatzes befand sich einst das Josefstädter Glacis, ein unverbautes Land vor den Mauern Wiens, und später der Parade- und Exerzierplatz. Im Zuge der Errichtung der Wiener Ringstraße wurde der Rathausplatz als größter ausgesparter Platz in der Ringstraßenzone vorgesehen, der von drei der bedeutendsten Monumentalbauten der Ringstraße eingerahmt wird. Im Zentrum gestaltete 1872–1873 Stadtgärtner Rudolph Siebeck den Rathauspark, nach dessen Fertigstellung 1873 der Grundstein für den Bau des Neuen Rathauses gelegt wurde.

Im Laufe der Zeiten wechselte der Name des Platzes mehrmals. 1870 wurde er als Rathausplatz angelegt, 1907 dann in Dr.-Karl-Lueger-Platz umbenannt. Als am Ende der Wollzeile der dortige Platz 1926 Dr.-Karl-Lueger-Platz genannt und ein Denkmal des Wiener Bürgermeisters dort aufgestellt wurde, erhielt der Rathausplatz seinen ursprünglichen Namen wieder zurück. 1938 erfolgte eine neuerliche Umbenennung in Adolf-Hitler-Platz[1], die 1945 schließlich rückgängig gemacht wurde.

Der große unverbaute Platz zwischen Rathaus und Burgtheater wurde von allen Regierenden und Regimes immer wieder für politische Kundgebungen verwendet. Noch heute findet die traditionelle Abschlusskundgebung der Wiener SPÖ am 1. Mai auf dem Rathausplatz statt. Darüber hinaus wird der Platz im Großteil des Jahres für diverse kulturelle Veranstaltungen genützt. Die wichtigsten von ihnen sind der Christkindlmarkt im November und Dezember, der Wiener Eistraum im Jänner und Februar und im Sommer Freiluft-Kinovorführungen mit klassischer Musik. Außerdem findet hier die Eröffnung der Wiener Festwochen statt und der Life Ball im Wiener Rathaus bezieht den Rathausplatz ebenfalls mit ein.

Lage und Charakteristik

Der Rathausplatz liegt zwischen Dr.-Karl-Lueger-Ring im Osten, Grillparzerstraße im Norden, Reichsratsstraße im Westen und Stadiongasse im Süden. Seine gesamte rund 40.000 m² große Fläche wird vom Rathauspark eingenommen, der durch eine für den Verkehr gesperrte Zufahrtsstraße zwischen Burgtheater und Rathaus in eine Nord- und Südhälfte geteilt wird und Platz für Veranstaltungen bietet. Gesäumt wird der Rathausplatz von einigen der bedeutendsten Monumentalbauten der Ringstraßenzone im historistischen Stil. Auf dem Platz selbst befindet sich eine größere Anzahl von Denkmälern und Standbildern. Damit handelt es sich beim Rathausplatz um einen der repräsentativsten Plätze Wiens.

Öffentliche Verkehrsmittel in Gestalt der Straßenbahnlinien 1 und D verkehren über die Ringstraße und haben am Rathausplatz und bei der Stadiongasse eine Haltestelle. Vom Ring zur Stadiongasse verkehrt auch die Straßenbahnlinie 2. Der Autoverkehr ist mit der Ringstraße, einem wichtigen innerstädtischen Verkehrsweg, gut angebunden. Radwege verlaufen an der Ringstraße sowie bei der Grillparzerstraße und der Stadiongasse.

Gebäude

Nummer 1 Rathaus

Das zentrale Gebäude in der Mitte der Westseite des Rathausplatzes ist das Wiener Rathaus, das 1873 bis 1883 von Friedrich von Schmidt erbaut wurde. Das im historistischen Stil errichtete Gebäude wurde nach Vorbildern der niederländischen Gotik gestaltet.

Arkadengang, Rathausplatz 2-4
Foyer mit Deckengemälde Apotheose der Vindobona, Rathausplatz 4

Nummer 2-4 Arkadenhaus

Der Häuserblock nördlich vom Rathaus wurde 1880-1883 von Franz von Neumann errichtet. Die im altdeutschen Stil gehaltenen Häuser zeichnen sich durch Arkadengänge am Rathausplatz, sowie durch bemerkenswerte Eckrisalite mit Kuppel aus. Am Mittelrisalit befinden sich Balkone auf Hermen. Das Attikageschoss wird durch weibliche Stuckrelieffiguren geschmückt. Die kreuzrippengewölbten Arkadengänge sind mit bemerkenswerten Grotesken von Franz und Carl Jobst ausgemalt und mit Gusseisenlaternen ausgestattet. Besonders bedeutend sind die Foyers auf Nummer 4 und auf der Rückseite an der Ebendorferstraße 4. Friesreliefs zeigen die Allegorien des Handels, der Künste und des Gewerbes. Ein großes Deckengemälde stellt die Apotheose der Vindobona dar. Laterne und Geländer sind aus Schmiedeeisen.

Nummer 5 Universität

An der Nordseite des Rathausplatzes liegt die Seitenfront der Wiener Universität. Es ist dies ein Hauptwerk der Spätphase des strengen Historismus, das 1873–1884 von Heinrich von Ferstel erbaut wurde. Die 29achsige Seitenfassade wird durch Risalite sowie durch Halb- und Vollsäulen mehrfach gegliedert. Statuen von Anton Schmidgruber und Franz Koch stehen in Bezug zur philosophischen Fakultät.

Nummer 6 Parlament

An der Südseite des Rathausplatzes liegt die Seitenfront des Parlamentsgebäudes. Dabei handelt es sich um das bedeutendste Werk des Architekten Theophil von Hansen, das dieser 1871–1883 nach altgriechischen Vorbildern errichtete.

Nummer 7–9 Arkadenhaus

Kuppel auf dem Eckrisalt, Rathausplatz 7

Südlich des Rathauses befindet sich ein Häuserblock mit Arkadenhäusern, die 1877–1878 von Friedrich von Schmidt und Franz von Neumann in altdeutschen Formen errichtet wurden. Es waren dies die ersten freistehenden Arkadenhäuser des Rathausviertels. Dominant sind Kuppeln auf Eckrisalit und Mittelkuppel, Erker, Balkone, Puttenfries und Statuen von Venus und Mars an der Fassade. Im kreuzrippengewölbten Arkadengang liegen Tore mit Halbsäulenportalen und Akroterfiguren. Die Foyers sind unter anderem reich durch Stuckdecken und Groteskenmalerei geschmückt.

Rathauspark

Auf Wunsch von Bürgermeister Cajetan Felder wurde der Rathauspark als ergänzender Erholungsraum in der Ringstraßenzone geschaffen. Es handelt sich um einen strenghistoristischen Park, der ebenso wie der Stadtpark vom Stadtgärtner Rudolph Siebeck geschaffen wurde. Die Grünanlage ist nördlich und südlich einer Verbindungsstraße zwischen Burgtheater und Rathaus angelegt, die sich vor dem Rathaus platzartig erweitert. In jedem der beiden Parkteile befindet sich ein Rondeau mit Springbrunnen, die auf die beiden Wiener Hochquellwasserleitungen hinweisen sollen und vom Bauunternehmer Antonio Gabrielli finanziert wurden. Unter dem alten Baumbestand des Parks befinden sich 5 Bäume, die als Wiener Naturdenkmäler ausgewiesen sind. Eine Linde im Südpark wurde anlässlich des 50. Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Josef 1898 gepflanzt, eine Eiche im Nordpark 1906 für Karl Lueger. Verschlungene Wege führen durch die beiden Teile des Parks. Die Garteneinfriedung ist noch original historistisch. Im Nordpark befindet sich ein großer Kinderspielbereich. Die Toilettenanlagen wurden von Luigi Blau entworfen.

Bemerkenswert sind die zahlreichen Denkmäler im Rathauspark. Entlang der Verbindungsstraße im Zentrum des Rathausplatzes stehen 8 Steindenkmäler von bedeutenden Persönlichkeiten aus der Geschichte Wiens. Jeweils 4 Figuren sind an beiden Seiten der Straße aufgestellt. Ursprünglich waren sie für die einstige Elisabethbrücke beim Karlsplatz geschaffen worden. Als die Brücke 1897 abgerissen wurde, stellte man sie entlang der neuen Stadtbahntrasse am Karlsplatz auf, wo sie aber durch den Ruß der Dampflokomotiven stark verschmutzt wurden und im Volksmund 8 Rauchfangkehrer genannt wurden. So fanden sie 1902 ihre Aufstellung auf dem Rathausplatz. Auf der Südseite, der Ringstraße zunächst, steht die Figur des Markgrafs Heinrich II. Jasomirgott vom Bildhauer Franz Melnitzky. Darauf folgt die Statue von Rudolf dem Stifter, die Josef Gasser geschaffen hat. Johann Baptist Feßler gestaltete die Statue von Ernst Rüdiger von Starhemberg, und Josef Cesar die letzte Statue von Johann Bernhard Fischer von Erlach. Auf der Nordseite stehen die Statuen von Leopold dem Glorreichen von Johann Preleuthner, Niklas Graf Salm von Matthias Purkartshofer, Erzbischof Leopold Karl von Kollonitsch von Vincenz Pilz und Joseph von Sonnenfels von Hanns Gasser.

Waldmüllerdenkmal von Josef Engelhart

Innerhalb der Grünanlage des Südparks befindet sich ein Denkmal für Johann Strauss (Vater) und Joseph Lanner, deren Statuen Franz Seifert 1905 im Jugendstil geschaffen hat. Die Bronzeskulpturen stehen vor einer gekrümmten Marmormauer mit Reliefs von Ballszenen und einem Gedicht von Eduard von Bauernfeld. Diese Konzeption und die Architektur schuf Robert Oerley. Ein 1890 errichtetes Wetterhäuschen wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und 1955 mit Mosaiken von Maria Biljan-Bilger erneuert. Eine Steinbüste von Hugo Taglang aus dem Jahr 1926 stellt den Sozialethiker Josef Popper-Lynkeus dar. Da sowohl der Künstler als auch der Dargestellte Juden waren, wurde diese Büste 1938 von den Nationalsozialisten entfernt, 1951 nach dem Gipsmodell aber wiederhergestellt. Eine Bronzestatue von Hilde Uray aus dem Jahr 1963 stellt Bundespräsident Theodor Körner dar. Bundespräsident Karl Renner wird durch ein Denkmal von Josef Krawina von 1965–1967 geehrt, dessen Porträtkopf von Alfred Hrdlicka stammt. Eine Nachbildung des Wiener Rathausmannes von Fritz Tiefenthaler wurde 1985 ebenfalls im Südpark aufgestellt. Das jüngste Denkmal im Park ist ein Dokument der Kriegszerstörungen und wurde 1993 von Hubert Wilfan unter dem Titel Gestern-Heute aus Stein geschaffen.

Im Nordteil des Rathausparks befindet sich das Denkmal für den Maler Ferdinand Georg Waldmüller. Das Marmordenkmal im Jugendstil schuf 1913 Josef Engelhart. Die Büste des Physikers Ernst Mach stammt von Heinz Peteri aus dem Jahr 1926. Bürgermeister Karl Seitz wird durch eine Bronzestatue von Gottfried Buchberger aus dem Jahr 1962 geehrt. Alfred Hrdlicka schuf die Bronzebüste von Bundespräsident Adolf Schärf (1985).

Einzelnachweis

  1. http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?apm=0&aid=nfp&datum=19380313&seite=8&zoom=2

Literatur

  • Bundesdenkmal (Hg.): Dehio-Handbuch Wien. I. Bezirk - Innere Stadt. Verlag Berger: Horn 2003
  • Peter Autengruber: Parks und Gärten in Wien. Promedia: Wien 2008

Weblinks

 Commons: Rathausplatz, Vienna – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Commons: Rathauspark, Vienna – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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