Knallhart (Roman)

Knallhart (Roman)

Knallhart ist der Titel eines im Jahr 2004 erschienenen Jugendromans von Gregor Tessnow. Das Buch basiert auf der Geschichte des in einen Strudel von Gewalt und Drogenhandel geratenen Jungen Michael Polischka. Es gewährt einen Einblick in die Probleme Jugendlicher in sozial schwachen Gebieten der Großstadt und wirbt um Verständnis für all diejenigen Jugendlichen, die ähnlich wie der Hauptdarsteller mit Gefühlen der Furcht und Ausweglosigkeit zu kämpfen haben.[1]

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

An seinem fünfzehnten Geburtstag wird Michael Polischka aus dem Paradies vertrieben. Dr. Klaus Peters, der Lebensgefährte seiner Mutter, in dessen Villa im Berliner Nobelbezirk Zehlendorf-Wannsee sie fünf Jahre lang gelebt haben, findet seine Mutter nicht mehr attraktiv genug. Tatsächlich hat sie über die Jahre hinweg zehn Kilogramm zugenommen, weshalb er sie kurzerhand rauswirft.

Sie ziehen in eine heruntergekommene Wohnung im Problembezirk Neukölln und leiden fortan an akutem Geldmangel. Michaels Mutter ist laut ihren eigenen Worten nicht zum Arbeiten geschaffen, die Mitdreißigerin versucht lieber durch neue Männerbekanntschaften wieder zu Wohlstand zu kommen.

In der Schule und auf der Straße bekommt Michael bald die harte Realität seiner neuen Umgebung zu spüren. Er gerät in die Fänge einer ca. zwölfköpfigen Jugendbande, deren Mitglieder alle die gleiche rote Lederjacke tragen und bis auf drei oder vier Deutsche alle Türken sind. Auch ihr Anführer Errol, ein Junge mit dünnem Oberlippenbart und schmierigen Haaren, ist Türke. Aufgrund Michaels feiner Kleidung und seinem früheren Wohnort ist Errol davon überzeugt, dass Michael reicher Herkunft ist. Die Beteuerung des Jungen, weder über ein Handy noch über Geld zu verfügen, erntet nur Gelächter. Errol verletzt ihn mit einem Messer und erpresst ihn zur Herausgabe seines Handys sowie von fünfzig Euro Bargeld, andernfalls würde ihm und seiner Mutter etwas geschehen.

Anschließend flüchtet Michael in die Wohnung seiner neuen Schulfreunde Crille und Matze, deren allein erziehender Vater gerade als Fernfahrer im Ausland ist. Es gelingt ihm, seine leichtgläubige Mutter davon zu überzeugen, dass er für eine Schularbeit das Leben in einer WG erforschen soll und darum zwei Wochen bei Crille und Matze wohnen muss. In Wirklichkeit schwänzen alle drei die Schule und konsumieren jede Menge Bier. Ihr Vorhaben, eine Entschuldigung für das Fernbleiben vom Unterricht zu verfassen, vergessen sie einfach. Sie beschließen in Michaels früherem Zuhause, der Villa von Dr. Peters in Zehlendorf, einzubrechen. Michael sieht in dem Einbruch die einzige Möglichkeit, an Geld zu gelangen, um Errols Gang zu bezahlen. Aus Angst vor Strafe möchte er das Vorhaben im letzten Moment abbrechen, doch seine Begleiter überreden ihn zur Tat. Gemeinsam erbeuten sie zwei Handys, Silberbesteck, ein paar Geldscheine und eine EC-Karte, mit welcher sie noch in derselben Nacht 500 Euro von einem Geldautomaten abheben.

Tags darauf taucht Paul, ein Mitarbeiter des Jugendamtes, bei den Jugendlichen auf. Die Schule hat das Jugendamt informiert, nachdem die Eltern der Jugendlichen telefonisch nicht erreichbar waren. Crille und Matze kennen den „Jugendamtsfuzzi“ längst, da sie nicht gerade zum ersten Mal die Schule schwänzen. Michael wird zu seiner Mutter nach Hause gebracht. Er schämt sich vor seiner Mutter zuzugeben, dass er erpresst wird und deshalb einen Einbruch begangen hat. Stattdessen rechtfertigt er das Schuleschwänzen damit, dass er in der Schule unterfordert ist und ihm einfach nur langweilig war.

Michael übergibt Errol, dem Anführer der Gang, das geforderte Handy sowie das Bargeld. Doch das ist diesem nicht genug. Er fordert noch mehr Geld und droht mit weiterer Gewalt. Damit hat Michael nicht gerechnet. Angst und Verzweiflung macht sich bei ihm breit. Als ihn seine Lehrerin fragt, ob er schon mal daran gedacht habe, auf das Gymnasium zu wechseln, keimt bei Michael Hoffnung auf, den Angriffen Errols zu entgehen, falls die Schule weit genug weg ist. Ein Problem dabei ist aber, dass der Wechsel erst frühestens ab Ende des Halbjahres möglich wäre.

Sein Kumpel Crille weiß ihm keinen besseren Rat als auf die Forderungen Errols einzugehen und das Diebesgut in Bargeld umzusetzen. Die EC-Karte ist inzwischen längst gesperrt und Michaels Anteil an dem Geld höchstwahrscheinlich von Reiner, dem neuen Freund und Übernachtungsgast seiner Mutter, gestohlen worden. Crille führt Michael in die Welt der Neuköllner Kleinkriminalität ein, indem er ihn dem Hehler „Captain Nemo“ vorstellt. Dieser haust in einem von innen mit gebogenen Stahlplatten ausgekleideten Raum, der nicht zuletzt auch wegen zweier Pritschen an der Wand das Gefühl vermittelt, in einem U-Boot zu stehen. Captain Nemo gibt den Jungen 300 Euro für die Ware und schickt sie weiter zu Hamal, einem Syrier Anfang 20, der ihnen die Handys abkauft. Was die Jungen zu dem Zeitpunkt noch nicht wissen: Hamal ist ein eiskalter Drogendealer.

Zur selben Zeit bekommt Michaels Mutter Besuch von der Polizei, die nach dem Einbruch in der Villa von Dr. Peters Fingerabdrücke von ihr und Michael benötigt, um diese von denen des Einbrechers zu unterscheiden. Michael soll die nächsten Tage auf die zuständige Wache nach Zehlendorf kommen. Am nächsten Tag läuft alles schief. Crille wird von seinem gewalttätigen Vater verprügelt und Michael wird von der Bande der Rotjacken aufgehalten. Dabei rutscht ihm heraus, dass er sich auf den Weg zur Polizeiwache machen muss. Auf der Polizeiwache in Zehlendorf geht alles gut, doch als sich Michael wieder in der S-Bahn befindet, um nach Hause zu fahren, wird er plötzlich von Errols Bande attackiert. In der Annahme, Michael habe sie bei der Polizei gemeldet, schlagen sie ihn auf den Kopf, schleudern ihn zu Boden und treten auf ihn ein. Schließlich versuchen sie sogar, ihn aus der fahrenden S-Bahn zu stoßen. Michael gelingt es, sich an einer Haltestelle aus dem Zug zu rollen, wobei es ihn mehrmals überschlägt.

Der blutende Michael kommt nach Hause, wo er seine Mutter und den bis zum Hals tätowierten „Onkel Hotte“, in der Küche sitzen sieht. Er erzählt einen Teil der Wahrheit, nämlich dass er Ärger mit ein paar Jungs aus der Schule hätte. Onkel Hotte ist nicht der neue Freund der Mutter, sondern hat ihr nur dabei geholfen, ein paar Möbel in die Wohnung hinaufzutragen. Er gibt Michael eine Geldrolle mit Zwei-Cent-Stücken und rät ihm, den Stärksten der Bande oder deren Anführer mit der Geldrolle in der Faust einen Schlag auf die Nase zu verpassen. Mit der Rolle in der Faust sei sein Schlag zehnmal so stark wie normal.

Als Michael abermals von der Bande umringt wird, fackelt er nicht lange und bricht Errol die Nase. Errol zückt ein Messer, doch da tauchen zwei schwarz gekleidete Araber auf und stellen Michael unter ihren Schutz. Sie bringen Michael in einen blauen BMW, in welchem der Drogendealer Hamal bereits auf sie gewartet hat. Michael willigt ein für Hamal den Drogenkurier zu machen und Haschisch auszuliefern. Er findet sich schnell in dieser Rolle zurecht, beliefert Dealer in diversen Cafés und nimmt die Bezahlung entgegen. Das Geld liefert er bei Barut, einem der Araber aus dem BMW, ab. Michael selbst erhält 20 Euro pro Abend und den Schutz von Hamal vor Errols Bande der Rotjacken. Er ist erleichtert und merkt nicht, wie er immer mehr vom Opfer zum Täter wird.

Nach einer Weile bekommt Michael den Auftrag, nicht nur Haschisch auszuliefern, sondern Kokain. Wieder willigt Michael ein, obwohl Hamal ihm zu verstehen gibt, dass es um viel Geld geht und er zur Verantwortung gezogen wird, wenn etwas schief läuft. Die Übergabe des Kokains in einer Privatwohnung klappt, Michael erhält 80.000 Euro. Er macht sich mit dem Geld im Rucksack auf den Rückweg zu Hamal. Dabei wird er von Errols Gang überrascht, Errol wirft seinen Rucksack mitsamt dem Drogengeld auf das Dach einer gerade abfahrenden S-Bahn.

Hamals Problem ist, dass sich außer dem Geld auch Michaels Schulsachen in dem Rucksack befinden. Er befürchtet, dass Michael ihn verraten könnte, wenn der Polizei Name und Adresse des Jungen in die Hände fällt. Hamal schmiedet den bösen Plan, Michael ein Verbrechen ausüben zu lassen, um ihn mundtot zu machen. Zusammen mit Barut und zwei weiteren Arabern bringt er ihn nachts außerhalb die Stadtgrenze Berlins. Dort holen sie den halbtoten und gefesselten Errol aus dem Kofferraum und werfen ihn Michael vor die Füße. Michael wird ein Revolver überreicht und vor die Wahl gestellt, sich selbst oder Errol zu erschießen. Nach einigem Zögern drückt Michael ab und tötet Errol. Anschließend steigen die Männer in den Wagen und lassen Michael allein zurück.

Michael geht zur Polizei und legt vor Herrn Gerber vom Sonderdezernat für Jugendkriminalität ein Geständnis ab. Am Ende des Buches führt er ihn an den Tatort.

Erstausgabe

  • 2004 Knallhart - Mit einem Vorwort von Zoran Drvenkar, Ueberreuter Verlag, 156 Seiten

Hörspiel

  • 2006 Knallhart - Eine Berlinstory, gelesen von David Kross, Berliner Hörspiele, Laufzeit ca. 212 Minuten, Audio-CD

Verfilmung

Im Jahr 2006 erschien der deutsche Spielfilm Knallhart von Detlev Buck, der sich stark an der gleichnamigen Romanvorlage orientiert. Das Drehbuch zum Film schrieben Gregor Tessnow und Zoran Drvenkar.

Unterschiede zwischen Film und Roman

Die Handlung von Film und Roman ist größtenteils identisch. Dennoch finden sich einige Unterschiede. Im Roman hat Michaels Mutter keine Hemmungen, zum Sozialamt zu gehen, und das Jugendamt kümmert sich um Crille und Matze. Michael gibt sich im Roman viel lustiger und ist weniger verschlossen. Bei aller Dramatik schimmert der schwarze Humor der Protagonisten durch. Der Schule und den Lehrern werden mehr Bedeutung zugemessen. Der Polizist Gerber verliebt sich nicht in Miriam, sondern ist einfach nur ein freundlicher Beamter. Der Drogenboss Hamal kommt nicht aus Afghanistan, sondern aus Syrien. Im Roman stiehlt Michael nicht nur Dr. Peters' Kreditkarte, ihm fällt auch gleichzeitig das an Dr. Peters adressierte Briefkuvert des Kreditinstituts, in der die Geheimzahl steht, in die Hände. Dies macht das erfolgreiche Geldabheben am Bankautomaten verständlicher. Der Anführer der Jugendgang, Errol, ist im Roman kein 17-jähriger Vater von Zwillingen, jedenfalls wird nicht darüber berichtet. Besonders auffallend ist ein weiterer Unterschied: Im Roman versucht Errols Gang, Michael aus einer fahrenden S-Bahn zu stoßen. Im Film findet stattdessen eine Baseballschläger-Szene im Parkhaus statt. Im Film wie auch im Buch wird Michael mehr und mehr selbst zum Täter, je mehr er sich gegen die Opferrolle wehrt. Während Errol im Film parallel dazu eine konträre Entwicklung durchläuft, wird im Buch insgesamt nur wenig auf die Persönlichkeit Errols eingegangen. Ein gravierender Unterschied zeigt sich auch am Ende des Romans bzw. Films. Während Michael im Film lange überlegt, ob er Errol mit der Waffe töten soll, ist er im Roman nicht so zögerlich.

Trivia

Der Roman Knallhart diente an vielen Schulen als Vorlage für den Deutschunterricht.

Einzelnachweise

  1. in Anlehnung an das Vorwort von Zoran Drvenkar, Knallhart, ISBN 978-3-8000-5209-7

Weblinks


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