Kasperli (Hörspiel)

Kasperli (Hörspiel)

Die Kasperli-Hörspiele von Jörg Schneider finden sich in der Deutschschweiz seit mehr als 40 Jahren in unzähligen Kinderzimmern. Jährlich werden mehr als 50'000 Tonträger davon verkauft.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Anfangs der 1960er Jahre wurde Jörg Schneider vom Autor Adalbert Klingler angefragt, ob er nicht zusammen mit Ines Torelli im Park im Grüene seine Kasperlitheater aufführen wolle. Nach einigen Jahren schlug Franz Lamprecht, der Leiter von Ex Libris in Zürich vor, von den Stücken eine Hörspielfassung auf Schallplatte aufzunehmen. Nach anfänglicher Skepsis willigte Schneider ein und schrieb selber seine ersten zwei Kasperlistücke.

Die erste Platte erschien 1969: «s’Häxegärtli» („Das Hexengärtchen“) und «De verzauberet Schpiegelweiher» („Der verzauberte Spiegelweiher“) und wurde sogleich zu einem grossen Erfolg. Es ist bis heute die Platte, die sich am meisten verkaufte. Seither entstanden 22 Abenteuer, alle geschrieben von Jörg Schneider. Aufgenommen wurden sie von der Zürcher Plattenfirma Tudor, gesprochen von Jörg Schneider, Ines Torelli und Paul Bühlmann. Da sie alle auf Schweizerdeutsch gesprochen werden, sind sie in den anderen Landesteilen wenig bekannt. Weitere Aufnahmen sind nicht geplant.

Sämtliche Covers der Platten wurden vom Zürcher Künstler Heinz Stieger (1917–2008) gestaltet. Bis heute blieben sie unverändert.[1] Merchandising-Produkte wie Etuis, Schultornister, Spielfiguren und dergleichen gibt es nicht.

Entstehung und Inhalt

Entstanden sind die Geschichten ohne grösseres Konzept, Schneider schrieb einfach drauflos. Zum Teil liess er sich von Alltagssituationen mit seinem Sohn oder Nachbarskindern inspirieren. Schneider beabsichtigte nie, seinen Geschichten einen pädagogisch-erzieherischen Wert zu geben; er wollte den Kindern einfach Freude vermitteln und sie auf eine gute Art und Weise unterhalten. Auch aktuelle Themen wie Überfremdung, Umweltschutz, Arbeitslosigkeit, allein erziehende Mütter und dergleichen griff Schneider nie auf. Dies wurde ihm von Vertretern der 68er-Generation manchmal auch vorgeworfen, denen die politische Botschaft fehlte.

In allen Abenteuern zieht Kasperli aus, um dem Guten zum Sieg zu verhelfen. Er lehnt sich gegen Autoritäten auf und macht sich lustig über Polizisten und Lehrer. Am Ende der Abenteuer zeigt sich eine Moral und es siegen jeweils Tugenden wie Fleiss, Genügsamkeit und Pflichtbewusstsein. Viele Figuren wie Arzt, Lehrer oder Handwerker sind archetypisch angelegt und finden sich in zahlreichen schweizerischen Dörfern und Städten. Gesprochen wird ein reines Zürichdeutsch, wie es heute kaum mehr gesprochen wird, mit zum Teil etwas ausser Gebrauch gekommenen Ausdrücken wie böimig, schüüli oder stigelisinnig.

Unter Rassimusverdacht kam Kasperlis Abenteuer «De Schorsch Gaggo reist uf Afrika». Ausdrücke wie «Negerhäuptling» oder Kasperlis Ausruf «Mir reised jetz uf Afrika und lueged deet all Neger aa» [2] („Wir reisen jetzt nach Afrika und schauen dort all die Neger an“) gerieten unter Beschuss und so wurde aus einem «Negermeitli» („Negermädchen“) ein «Afrikanermeitli». Interessanterweise ist die ursprüngliche Version diejenige, die häufiger gesucht ist als die politisch korrekte aus den 90er-Jahren.

Der Erfolg der Kasperliaufnahmen von Jörg Schneider hält an. Insgesamt wurden bis heute rund drei Millionen Tonträger verkauft.[3]

Folgen

Nummer 1. Hörspiel 2. Hörspiel Erscheinungsjahr
1 S Häxegärtli De verzauberet Schpiegelweiher 1967
2 De Tüüfel Luuspelz und s’armi Pilzfraueli Die beide Räuber Joggel und Toggel 1967
3 De bös Zwerg Zwack und de Prinz Mägerli De Pfnüsi und sis Krokodil 1968
4 D’Zauberhööli im Häxewald Die gschtole Schatzchischte 1968
5 S Mondchalb und de Hurrlibutz De Rüeblidieb 1969
6 D’Fee Schwäfelblitz im Dracheloch Die drei goldige Schlösser 1969
7 De Schorsch Gaggo reist uf Afrika Die siebe Wunderchrüütli 1970
8 De Giizgnäpper im Pfluumewäldli De flüügend Esel 1970
9 De Seeräuber und de Pudelhund De Flick-Flack bim Wegglibeck 1971
10 De Velochlauer chunnt is Chefi D’Indianer-Zaubermedizin 1971
11 S’Gheimnis vom singende Iiszapfe De Dicksack im Schlaraffeland 1972
12 Em Tüüfel sini Giftpaschteete E gstörti Schuelstund 1972
13 Füürio, de Zeusli chunnt De Schlossgeischt uf em Räuberberg 1973
14 S’Rhinozeros isch dureprännt! De Wichtelkönig Humschtibumschti 1973
15 De Zauberbrunne i de Wüeschti Vom Prinzässli Finöggeli 1974
16 D’Häx Nörgeligäx und de Umemuuli De verbrännt Härdöpfelstock 1974
17 De Gfröörli gaat go Schiifahre De Ritter Nimmersatt 1974
18 De Muulwurf und de Humpelfrosch De Zwätschgeräuber gaat i d’Falle 1975
19 Vom Zwängeli und vom Bängeli De Munggel und sin Edelstei 1976
20 Die chinesisch Wunderwurzle De Perleschatz im Muschlemeer 1976
21 Die verhäxt Insle im Tümpelsee (Teil 1) 1995
22 Die verhäxt Insle im Tümpelsee (Teil 2) 1995

Ausserdem existiert ein im Radio ausgestrahltes und nicht als Tonträger veröffentlichtes 87-Minütiges Kasperlitheater für Erwachsene (Zitat Kasperli: "nicht für die Kinder, sondern für die Kindsköpfe") mit dem Titel "König Meier de Tuusigscht oder de Untergang vom Tuurteland" aus dem Jahr 1974. Es handelt sich dabei weniger um ein für Kinder geeignetes heiteres Stück als vielmehr um eine Tragikomödie. Nebst den bekannten drei Sprechern aus den Kasperlitheatern haben in diesem Stück auch namhafte Personen aus der Schweizer Film-, TV- und Radiowelt in z.T. kleinen Rollen mitgewirkt (u.a. Inigo Gallo, Schaggi Streuli als sein Alter Ego Polizischt Wäckerli, Walter Andreas Müller). [4]

Sonstiges

  • Im Zürcher Club «Hive» werden regelmässig Veranstaltungen durchgeführt, an denen Kasperli-Aufnahmen gehört werden.[5]
  • Im Mai 2006 erschien eine Kasperli-Briefmarke des Künstlers Heinz Stieger.[6]
  • Im 2008 erschien ein Kasperli-Kaffeerahmdeckel in der Serie zum Jubiläum "40 Jahre Vereinigung zur Förderung Schweizer Jugendkultur".
  • In einer Fernsehsendung verwendete der Schweizer Politiker Christoph Blocher einen Spruch Kasperlis: «Hüt en Rappe, morn en Rappe, git e schöni Zipfelchappe».[7]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ex Libris
  2. Ausdrücke unter Rassismusverdacht
  3. «Der fröhliche Anarchist», Artikel der Weltwoche vom 17. März 2010
  4. http://www.hoerdat.in-berlin.de/select.php?S=0&col1=ko.an&a=Moser#22
  5. Hive
  6. Swisspost
  7. YouTube

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