Jüdische Gemeinde Rheinbischofsheim

Jüdische Gemeinde Rheinbischofsheim

Eine Jüdische Gemeinde in Rheinbischofsheim, einem Stadtteil der Stadt Rheinau im Ortenaukreis in Baden-Württemberg, bestand seit dem 17. Jahrhundert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1648 werden erstmals Juden am Ort genannt. Der Grundherr, die Grafen von Hanau-Lichtenberg gestatteten Schutzjuden, sich mit ihren Familien am Ort niederzulassen.

Die jüdische Gemeinde hatte im 19. Jahrhundert eine Synagoge und ein rituelles Bad (Mikwe). Ebenso war ein Religionslehrer angestellt, der auch als Vorbeter und Schochet tätig war. Der Schul- und Wohnraum befand sich im Synagogengebäude. Die jüdische Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Bühl. Die im Vergleich zur Gesamteinwohnerzahl große Zahl von jüdischen Handels- und Gewerbetreibenden war für die Entwicklung des Ortes bedeutend.

Gemeindeentwicklung

Jahr Gemeindemitglieder
1736 4 Familien
1790 9 Familien
1825 102 Personen oder 6,8% der Einwohner
1875 155 Personen oder 9,7% der Einwohner
1895 105 Personen oder 7,2% der Einwohner
1900 95 Personen oder 6,7% der Einwohner
1910 72 Personen oder 5% der Einwohner
1924 69 Personen oder 5% der Einwohner
1933 57 Personen

Friedhof

Auf dem kleinen jüdischen Friedhof wurden nur die Angehörigen der Familie Löw Simson bestattet. Die anderen Toten der jüdischen Gemeinde wurden in Kuppenheim und in Freistett bestattet.

Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Vizefeldwebel Max Bloch (geb. 22.3.1880 in Rheinbischofsheim, gef. 15.10.1918), Josef Bloch (geb. 2.3.1878 in Rheinbischofsheim, gef. 2.11.1918), Eduard Bloch (geb. 20.4.1884 in Rheinbischofsheim, gef. 18.11.1916) und Feldunterarzt Max Cahnmann (geb. 29.2.1892 in Rheinbischofsheim, vor 1914 in Bonn wohnhaft, gef. 9.12.1916). Ihre Namen stehen auf dem Gefallenendenkmal der Gemeinde Rheinbischofsheim. (aus: alemannia judaica)

Nationalsozialistische Verfolgung

Die meisten jüdischen Bewohner zogen in größere Städte oder wanderten aus, da der wirtschaftliche Boykott und die Repressalien ihnen die Lebensgrundlagen entzogen. Am 17. Juni 1935 wurden die jüdischen Gemeinden Rheinbischofsheim und Freistett zusammengelegt. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge zerstört. Die jüdischen Männer wurden über Kehl ins Konzentrationslager Dachau verbracht. Gustav Bloch starb an den Folgen der dort erlittenen Misshandlungen. Am 22. Oktober 1940 wurden im Rahmen der sogenannten Wagner-Bürckel-Aktion die letzten acht jüdischen Einwohner nach Gurs deportiert

Das Gedenkbuch des Bundesarchivs verzeichnet 18 in Rheinbischofsheim geborene jüdische Bürger, die dem Völkermord des nationalsozialistischen Regimes zum Opfer fielen.[1]

Synagoge

Um 1815 wurde eine Synagoge in der Oderdorfstraße 3 erbaut. Dort wurden bis zum November 1938 Gottesdienste gefeiert.

Am 10. November 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge und der Religionsschule vollkommen zerstört. Die Fenster wurden eingeschlagen, die Bänke, der Kronleuchter und der Toraschrein sowie die rituellen Gegenständen wurden in den Vorhof geworfen und angezündet. 1953 wurde das Gebäude abgebrochen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dr. Sebastian Gleixner: Gedenkbuch für die Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945. In: Das Bundesarchiv. Bundesrepublik Deutschland, abgerufen am 10. Februar 2010.

Literatur

  • Joachim Hahn und Jürgen Krüger: Synagogen in Baden-Württemberg. Band 2: Joachim Hahn: Orte und Einrichtungen. Theiss, Stuttgart 2007, S. 396−398, ISBN 978-3-8062-1843-5 (Gedenkbuch der Synagogen in Deutschland. Band 4)

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