Joachim Enzmilner

Joachim Enzmilner
Joachim Enzmilner

Johann Joachim Enzmilner (* 21. Februar 1600 in Babenhausen; † 21. Mai 1678 in Windhaag bei Perg) war ein deutscher Philosoph (Magister artium et philosphiae), Jurist (Doktor beider Rechte) und Politiker.

Er war eine führende Persönlichkeit der Gegenreformation in den oberösterreichischen und niederösterreichischen Landen, wurde wegen seiner Verdienste in den Adelsstand erhoben, durfte sich Freiherr bzw. später Graf von Windhag nennen und kam zu großem Vermögen, das er in der ersten illustrierten Herrschaftstopographie Österreichs, der Topographia Windhagiana zuerst 1656 und später nochmals 1673 kartografieren ließ. Er war Mitglied der Sebastian- und Rochus Bruderschaft, die ihren Sitz im Augustiner-Emeritenkloster Sankt Rochus und Sankt Sebastian in Wien hatte.

Seine umfangreiche Bibliothek, die Bibliotheca Windhagiana wurde nach seinem Tod zu einem der Grundsteine der Universitätsbibliothek der Universität Wien. Die nach wie vor bestehende Windhag Stipendienstiftung für Niederösterreich ist auf ihn zurückzuführen. 1894 wurde in Wien im Gedenken an Enzmilner die Stift- bzw. Sternwartgasse in Windhaaggasse umbenannt. 2007 wurde auf dem Gebiet der Gemeinden Windhaag bei Perg und Münzbach der Enzmilner-Kulturwanderweg mit mehr als fünfzig Stationen markiert und in Altenburg in der Gemeinde Windhaag bei Perg ein Museum eingerichtet.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Familie

Kenotaph Joachim Enzmilners in der Pfarrkirche Münzbach

Joachim Enzmilner[1] wurde am 21. Februar 1600 in Babenhausen an der Günz im bayerischen Schwaben, als drittes von acht Kindern geboren. Sein Vater, Magister Jodok Entzenmüller, seit 1579 mit einem bürgerlichen Wappen ausgestattet, war lateinischer Schulmeister in Babenhausen und starb am 26. Februar 1616, seine Mutter Magdalena war eine geborene Braunmüller und verstarb 1634 in Linz.

Joachim Enzmilner besuchte die Lateinschule in Babenhausen, kam 1615 mit 15 Jahren an die von Jesuiten geleitete Hochschule zu Ingolstadt und schloss dort mit dem Magister Philosophiae ab. Er setzte seine Studien an der Universität Wien fort und promovierte zum Doktor der Philosophie und 1626 zum Doktor beider Rechte.

Joachim Enzmilner war von 21. September 1627 bis zu deren Tod mit Maria Magdalena Kirchstetter, (* 19. Mai 1608, † 30. Mai 1659) und vom 13. März 1661 bis zu seinem Tod mit Maria Emilia Catherina Gräfin von Sprinzenstein verheiratet. Maria Magdalena gebar 5 Kinder, von denen vier starben und hatte weiters 10 Totgeburten. Das einzige überlebende Kind war Eva Magdalena, geboren am 23. Februar 1629 in Linz. Die zweite Ehe blieb kinderlos.

Joachim Enzmilner starb am 21. Mai 1678 in Windhaag bei Perg und wurde in der Kirche des Dominikanerklosters Münzbach beigesetzt.

Berufliche und persönliche Laufbahn

Wappen Enzmilner über dem Portal des Sankt Barbara Spitals in Münzbach

Bereits 1625, vor Abschluss seiner Studien, war Joachim Enzmilner unter dem bayerischen Einfluss zum Advokaten und Syndikus der oberösterreichischen Stände in Linz ernannt worden. Während des oberösterreichischen Bauernkrieges war er bei Verhandlungen engagiert und publizierte mehrere Abhandlungen. Am 20. August 1627 wurde er von Kaiser Ferdinand wegen "geleisteter wohlgefälliger Dienste in dem jüngst entstandenen Bauernkrieg" zum Kaiserlichen Rat ernannt.

In den folgenden Jahren wohnte er im Linzer Landhaus, war erster Sekretär und Generalreferent bei allen Ständen und im Verordneten-Kollegium sowie für die Leitung der Geschäfte und Aufrechterhaltung der Ordnung in den Kanzleien zuständig. Gemäß kaiserlichem Diplom vom 26. Juli 1630 wurde er mit neuem Wappen, Privilegien und Adelsprädikat ausgestattet und zum rittermäßen Landsmann erhoben.

In den 1630er Jahren tat sich Enzmilner auf Grund seines Amtes mit seiner Arbeit in verschiedenen Kommissionen bei der Umsetzung der Gegenreformation hervor und gelangte dabei zu beträchtlichen Vermögenswerten und weiteren Ehrenstellungen. 1636 wurde er als Landsmann in den oberösterreichischen Ritterstand aufgenommen und in Wels in die Ritterstandsmatrikeln eingetragen. Am 19. August 1636 ernannte ihn Kaiser Ferdinand zu seinem Rat und Regenten der niederösterreichischen Lande und er wurde damit Mitglied des kaiserlichen Regimentsrates.

Am 25. Juni 1640 durfte er das Pragerische Wappen als Herzschild in sein Wappen aufnehmen und am 22. August 1641 wurde er als Landsmann in die Rittermatrikeln der neuen Rittergeschlechter von Niederösterreich aufgenommen. Am 5. Jänner 1651 wurde er von Kaiser Ferdinand wegen seiner "sonderbar, berühmten, guten Qualitäten, adeligen Sitten und Tugenden, Vernunft, Geschicklichkeit und trefflichen Erfahrenheit, auch wegen der dem Kaiser durch 15 Jahre lang in der niederösterreichischen Regierung treu geleisteten Dienste" in den Freiherrnstand aufgenommen und durfte sich Wohlgeborner Freiherr von Windhag, Herr auf Pragtal und Saxeneck, unter Weglassung seines Familiennamens Enzmilner, nennen. Dieses Wappen kann wie folgt beschrieben werden: Ein gekrönter Grein und ein Steinbock auf gekrönten Helmen. Im eigentlichen Wappenschild umgeben zwei Greife und zwei Steinböcke einen Affen, der sein eigenes Halsband hält.[2]

1652 begann eine großangelegte Reformationskampagne, bei der man die protestantischen Grundherren und die zugehörige Bevölkerung wieder katholisch machte. Der Freiherr von Windhag wirkte als Reformationskomissär für weite Teile Nieder- und Oberösterreichs dabei maßgeblich mit gelangte dabei zu beträchtlichen weiteren Vermögenswerten und Herrschaften. Der Freiherr von Windhag war vielfach Stiftungsverwalter. Persönlich trat er als Darlehensgeber gegenüber den Ständen auf und hatte Erträge Zinsen und aus der Verpachtung seiner eigenen Liegenschaften. Am 19. November 1669 erhob ihn Kaiser Leopold in den Grafenstand mit dem Titel des heiligen römischen Reiches Graf und Herr von und zu Windhag auf Pragtal, Münzbach und Saxeneck, Freiherr von Rosenberg am Kamp, Reichenau am Freiwalde usw. Seine bereits 1642 in ein Allod verwandelte Herrschaft Windhag wurde zur Grafschaft erhoben.

Besitzungen

Stiftungen

Sonstiges

  • 2007 wurde in Windhaag bei Perg der Enzmilnerplatz nach Joachim Enzmilner benannt
  • 2005 wurde in Windhaag bei Perg der Enzmilner-Rundwanderweg mit 50 historischen Informationspunkten geschaffen
  • 2005 wurde in Windhaag bei Perg das Museum Altenburg speziell Joachim Enzmilner und seiner Tochter Eva Magdalena gewidmet
  • 1958 wurde in Linz der Enzmüllnerweg nach Joachim Enzmilner benannt
  • 1894 wurde in Wien die Windhaaggasse nach Joachim Enzmilner benannt

Literatur

  • Georg Grüll: Geschichte des Schlosses und der Herrschaft Windhag, in: Jahrbuch des oberösterreichischen Musealvereines, 87. Band, Linz, 1937, S 185 bis 312 mit umfangreicher Literaturangabe zu Joachim Enzmilner auf S 216f,PDF,PDF,PDF
  • Irene Vorderwinkler: Die Kunstkammer des Grafen von Windhag, mit einer Edition des handschriftlichen Kunstkammerinventars von 1666, Dissertation, Wien 1951
  • Walpurga Oppeker: Joachim von Windhag, Versuch eines Lebensbildes, in: Fritz Weber (Redaktion), 300 Jahre Windhag’sche Stipendienstiftung für Niederösterreich, Wien, Ottenstein, 1970, S 7 bis 21
  • Enrica von Handel-Mazzeti: Jesse und Maria, Kempten, Kösel, 1906, unter anderem Schilderung des Charakters von Joachim Enzmilner

Weblinks

 Commons: Enzmilner Kulturwanderweg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. G. Grüll: Geschichte der Herrschaft und des Schlosses Windhaag, in Jahrbuch des oberösterreichischen Musealvereines, Band 87, Linz 1937, 216ff und die dort angegebene Literatur
  2. Eckhard Oberklammer: Bezirk Perg - Kunst und Geschichte, Linz 2010, S 130

Joachim Enzmilner, Graf von Windhag


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