Jacob & Josef Kohn

Jacob & Josef Kohn
Jacob & Josef Kohn
Logo von Jacob & Josef Kohn
Rechtsform Aktiengesellschaft[1]
Gründung 1849
Sitz Wien I, Elisabethstraße, 24
Leitung Familie Kohn
Mitarbeiter 6300 (Stand: 1900)
Branche Möbelproduktion
Produkte Möbel aus Bugholz
Jacob und Josef Kohn
Felix Kohn
Werbung von Jacob & Josef Kohn (1898)
Vorraum des Cabaret Fledermaus mit der von Josef Hoffmann und Gustav Siegel entworfenen Sitzgruppe
Die „Sitzmaschine“ wurde nach einem Entwurf von Josef Hoffmann durch Jacob & Josef Kohn gefertigt
Stuhl aus der Produktion von Jacob & Josef Kohn

Jacob & Josef Kohn, oder auch kurz J. & J. Kohn bezeichnet, war ein Möbel- und Inneneinrichtungs-Unternehmen in Österreich-Ungarn. Die erweiterte Bezeichnung der Firma Kohn lautete Erste Österreichische Aktiengesellschaft zur Erzeugung von Möbeln aus gebogenem Holz. Wien bzw. Aktiengesellschaft zur Erzeugung von Wiener Möbeln. Nowo Radomsk.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im Jahr 1849 gründete der jüdische Unternehmer Jacob Kohn (1791–1868) zusammen mit seinem Sohn Josef (1814–1884) in Vsetín, Mähren, eine Fabrik zur Herstellung hölzerner Bauteile. 1867 erhielt Kohn ein Privileg zur Verbesserung der Methode zum Biegen von Langholz.[2] Bereits ein Jahr später, 1868, nahm die in Vsetín errichtete Manufaktur zur Produktion von Bugholz ihre Produktion auf.[1] Im folgenden Jahr wurde eine zweite Produktionsstätte in Jičín, Böhmen, errichtet. Weitere Fabriken folgten 1871 in Krakau und Teschen, 1884 im russischen Nowo-Radomsk, und eine Rahmenfabrik in Holešov im Jahr 1890. Im Jahr 1900 beschäftigte die Firma 6300 Arbeiter, die eine tägliche Produktion von 5500 Möbelstücken erstellten.

Jacob & Josef Kohn wurde zum spanischen Hoflieferant (Proveedor de la Real Casa) ernannt.[3]

1893 gab es weltweit 51 Produktionsstätten von Bugholz. Kohn begegnete der steigenden Konkurrenz mit technischen Neuerungen, wie der Entwicklung neuer Möbeldetails und Produktionsprozesse, sowie der stetigen Erweiterung seiner Produktpalette. Nicht nur Cafés, auch Wohnräume wurden mit Bugholz möbliert. Nach der Etablierung seiner Rahmenfabrik war es Kohn möglich, komplette Raumausstattungen zu liefern.

Josef Kohn orientierte sich zwar am Geschmack besser situierter Klienten, hatte jedoch lange Zeit keine qualifizierten Gestalter für Salonmöbel. Auf der Pariser Weltausstellung 1900 konnte Kohn erstmals Modelle vorstellen, die von Gustav Siegel (1880–1970), einem künstlerischen Mitarbeiter der Wiener Werkstätte und Schüler Josef Hoffmanns, entworfen worden waren. Gustav Siegel wurde daraufhin Chefdesigner der Firma Kohn und war für die meisten der Entwürfe verantwortlich. Von da an waren Bugholzmöbel nicht mehr anonyme Industrieprodukte für den Massenmarkt, sondern wurden zu einem Teil des Arts and Crafts Movements und des Produktdesigns. 1901 wurde Jacob & Josef Kohn die Ehre zuteil, die Gestaltung des Ehrensaales der Österreichischen Ausstellung in Glasgow durchzuführen.

Nach dem Tod vom Gründer Josef Kohn am 17. September 1884 wurde das Unternehmen von seiner Witwe Rosa und deren Söhnen Carl, Julius, Felix und Johann Kohn fortgeführt. Der älteste der vier Brüder, Carl, zog sich im Jahre 1895 ins Privatleben zurück.[4]

Eigene Verkaufshäuser bestanden in Antwerpen, Barcelona, Berlin, Budapest, Hamburg, Köln, London, Madrid, Marseille, Mailand, Moskau, Neapel, Nürnberg, Paris, Rom, St. Petersburg und Warschau und andere Vertretungen und Agenturen an allen wichtigereren Handelsemporien. Die Erzeugnisse des Hauses wurden vor 1900 bereits mit 36 erste Medaillen und Ehrendiplome fast auf allen Ausstellungen prämiert. Die Inhaber erhielten anlässlich der Pariser Ausstellung 1878 vom Kaiser allerhöchste Anerkennung, sowie durch Commandeur-, Offiziers- und Ritterkreuze österreichischer, spanischer, belgischer, deutscher und russischer Orden ausgezeichnet.[4]

Die Möbelfabrik in Teschen wurde von Kronprinz Rudolf, Erzherzog Albrecht, Rainer und Friedrich durch Besuche beehrt und auch vom Kaiser Franz Joseph I.[4]

Bemerkenswerte Wohlfahrtseinrichtungen in den Fabriken gaben auch einen Beweis für die den Arbeitern gewidmete Fürsorge. Es gabe eine Invaliditäts- und Versorgungskasse, Kinderkrippen, Spar- und Vorschussinstitute, Zeichen- und Modelierschulen, regelmäßige allgemeine Weihnachtsbescherungen, usw.[4]

Neben Josef Hoffmann gestalteten Architekten, wie Otto Wagner, Adolf Loos, Koloman Moser oder Otto Prutscher,[5] Produkte der Firma Kohn, welche zu einem großen Erfolg bei der Kölner Werkbundausstellung im Jahr 1914 führten.

Die Zusammenarbeit mit Josef Hoffmann förderte das Ansehen und den Erfolg der Firma Kohn. So lieferte Hoffmann Entwürfe wie die „Sitzmaschine“[6] aus dem Jahr 1904 und Stühle für das Wiener Cabaret Fledermaus im Jahr 1907. Das Sanatorium Purkersdorf stattete Hoffmann mit Esszimmerstühlen aus schichtverleimter Buche mit kreisförmigen Verzierungen aus, welche er bei Jacob & Josef Kohn ausführen ließ.[7] Im Gegenzug entwarfen Hoffmann und Koloman Moser 1906 ein Verkaufslokal der Firma Kohn in Berlin, Leipziger Straße 40.[8] Für die Kunstschau in Wien im Jahr 1908 gestaltete er im Auftrag von Kohn ein kleines Landhaus samt Inneneinrichtung. Otto Wagner ließ die Stühle für das Depeschenbüro der Zeitung „Die Zeit“ bei Kohn fertigen.[9]

Mit Hilfe von Möbelstoffen der Firma Backhausen schufen die Künstler Sitzmöbel, welche einen für die damalige Zeit außerordentlichen Wert besaßen. Jacob & Josef Kohn wurde zu einer führenden Firma im Bereich der Möbelherstellung und gründete zusammen mit der Wiener Werkstätte eine Disziplin, welche Jahre später als „Industriedesign“ Bezeichnung fand.

Der Erfolg und die Bedeutung der Firma Kohn wurde auch durch die Teilnahme an einer Vielzahl von Ausstellungen im In- und Ausland und dort verliehener Auszeichnungen unterstrichen: Centennial Exhibition 1876 in Philadelphia; Weltausstellung Paris 1878 (Auszeichnung); 1885 Antwerpen; Exposició Universal de Barcelona (1888); 1896 Nischni Nowgorod; Weltausstellung Paris 1900 (Auszeichnung); 1901 Glasgow; 1901/02 Österreichisches Museum für Kunst und Industrie; 1902 Turin; Louisiana Purchase Exposition 1904 in St. Louis; 1906 Mailand, London, Bukarest; 1908 Kunstschau Wien; 1910 Buenos Aires (Auszeichnung) und 1914 die Kölner Werkbundausstellung.[1] Die Ausstellungen aus dem Jahr 1876 zeigte den Willen zu gebogenem Holz in der architektonischen Form.

1914 fusionierte J. & J. Kohn mit der Mundus AG (Kohn-Mundus), welche wiederum 1922 in die Firma Gebrüder Thonet eingegliedert wurde (Thonet-Kohn-Mundus). Die Marke Kohn blieb bis zum Jahr 1937 bestehen.[1] Möbel von Jacob & Josef Kohn findet man heute in Museen, wie dem Museum of Modern Art in New York [10] oder im Musée d’Orsay in Paris.

Das Motto der Firma Jacob & Josef Kohn lautete „Semper sursum“, „Immer aufwärts“. Die Firmenzentrale war in Wien Innere Stadt, Elisabethstraße 24, die „Haupt-Niederlage“, also das zentrale Verkaufslokal, befand sich ebenso in der Inneren Stadt, am Burgring 3.[11]

Einzelnachweise

  1. a b c d Vgl. Biografie von Jacob & Josef Kohn auf der Website der Firma Voglhofer.
  2. Amtsblatt zur Wiener Zeitung, nr. 288, Freitag den 6. December 1867
  3. Factura: Jacob y Joséf Kohn, Fábrica de Muebles. Todocoleccion, 2. Juni 1892, abgerufen am 30. Jänner 2011 (spanisch).
  4. a b c d Dargebracht von den Industriellen Oesterreichs unter dem hohen Protectorate Seiner K. und K. Hoheit des Durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Franz Ferdinand (Hrsg.): Jacob & Josef Kohn. In: Die Gross-Industrie Oesterreichs. Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum Seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I.. 3, Leopold Weiss, Wien 1898, VII. Holz- und Schnitzwaaren-Industrie; Wohnungseinrichtungen, S. 322.
  5. Vgl. Stuhl nach einem Entwurf von Otto Prutscher
  6. „Sitzmaschine“ in der Sammlung des MoMA
  7. Vgl. Judith Miller: Möbel. Die große Enzyklopädie.. Dorling Kindersley, Starnberg 2006 (Originaltitel: Furniture), ISBN 3-8310-0947-3., S. 376.
  8. Bild des Verkaufslokals der Firma Kohn in Berlin, Leipziger Straße 40
  9. Stuhl für das Depeschenbüro der Zeitung „Die Zeit“ in der Sammlung des Carnegie Museum of Art
  10. Kinderwiege von J. & J. Kohn in der Sammlung des MoMA
  11. Artikel in: Neue Freie Presse, 6. März 1898, S. 5 (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/nfp

Literatur

  • Judith Miller: Möbel. Die große Enzyklopädie. Dorling Kindersley, Starnberg 2006 (Originaltitel: Furniture), ISBN 3-8310-0947-3.
  • Jiri Uhlir: Vom Wiener Stuhl zum Architektenmöbel: Jacob & Josef Kohn, Thonet und Mundus. Bugholzmöbel vom Secessionismus bis zur Zwischenkriegsmoderne. Böhlau, Wien 2009, ISBN 3-2057-8375-1.
  • Jacob & Josef Kohn. Memorandum of the firm Jacob & Josef Kohn, Wsetin, (Austria, Moravia) for the centennial exhibition in Philadelphia 1876. Philadelphia Museum of Art. Museum Library.[NK2545 .K64m PDF].
  • Julio Vives Chillida, Jacob & Josef Kohn. Una mirada desde Barcelona. La casa de muebles Kohn en la Exposición Universal de Barcelona de 1888: madera curvada, historicismo y modernismo, Barcelona, Editorial La Plana, 2006, ISBN 978-84-934664-8-0. (Spanisch).
  • Julio Vives Chillida, Josef Hoffmann y Jacob & Josef Kohn en la Kunstschau Wien de 1908. La pequeña casa de campo: una efímera obra de arte total, 2008 Editorial Lulu.com (print on demand), ISBN 978-1-4092-0239-4.
  • Genrih Gatsura, Jacob & Josef Kohn Furniture. J & J Kohn on the Furniture market of Imperial Russia 2008, ISBN 5-7071-0372-4 (Russisch).
  • Kohn, Josef. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 4, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1969, S. 66.

Weblinks

 Commons: Jacob & Josef Kohn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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