Mathilde ter Heijne

Mathilde ter Heijne

Mathilde ter Heijne (* 1969 in Straßburg) ist eine niederländische Video- und Installationskünstlerin und Hochschullehrerin.

Mathilde ter Heijne studierte von 1988 bis 1992 an der an der Stadsacademie in Maastricht und von 1992 bis 1994 an der Rijksakademie van beeldende kunsten in Amsterdam. Sie ist Professorin für visuelle Kunst, Performance und Installation an der Kunsthochschule Kassel. Sie lebt in Berlin.

Inhaltsverzeichnis

Werk

Mathilde ter Heijne arbeitet in einer großen medialen Bandbreite wie Installation, Video, Skulptur und Performance. In ihren Arbeiten untersucht sie soziale, kulturelle, politische und ökonomische Hintergründe genderspezifischer Phänomene innerhalb verschiedener Gesellschaften und Kulturen und deren geschichtlicher Entwicklung.

Politische, strukturelle und physische Gewalt in Verbindung mit vorhandenen Machtbeziehungen innerhalb der Gesellschaft bilden den Ausgangspunkt für eine Reihe von Videoarbeiten, in denen die Künstlerin mithilfe lebensgroßer Dummies unterschiedliche Gewaltszenarien und Opfersituationen darstellt. Parallel dazu untersucht ter Heijne in diesen Arbeiten ihre Rolle als Künstlerin und analysiert die eigenen strukturellen Rahmenbedingungen.

Ihre aktuelle Aufmerksamkeit gilt der Untersuchung und Verarbeitung von Ritualen und oralen Traditionen als Möglichkeit Wissen von gesellschaftlichen Minderheiten zu bewahren und weiterzugeben. In diesen Zusammenhängen erforscht sie alternative Schrift- und Symbolsysteme und prüft das Potential matriarchaler Politik.

Seit einiger Zeit produziert ter Heijne hauptsächlich Projekte in Kollaborationen, wie die Arbeit Olacak![1] (2010) zeigt: Mit der Foundation for the Support of Women’s Work in Istanbul produzierte die Künstlerin ein Gemeinschaftskunstwerk. Für Double Action (2010) arbeitete sie mit der Künstlerin Jen Ray zusammen und verband eine Performance mit den Themen Magie und Ritual. In Lament (2010) organisierte die Künstlerin einen Workshop zu alten rituellen Prozessen der Verarbeitung von Trauer und Trauma, indem die Technik des gemeinsamen und gleichzeitigen Singens und Weinens durchgeführt wurde.

Rezeption

Hans-Jürgen Hafner bemerkt zu der Arbeit Woman to go (2005):

„Sie [die Arbeit] besteht aus handelsüblichen Postkartenständern, die verschiedene Postkartenmotive zur freien Mitnahme enthalten. Die Karten zeigen jeweils die Reproduktion von S/W-Fotografien, Porträts anonymer Frauen, die zwischen 1800 und 1900 geboren sein dürften. Diese Fundstücke kombiniert Mathilde ter Heijne assoziativ mit den biografischen Daten von ihr recherchierter, historisch fassbarer Frauen aus derselben Zeit. In der Kombination von Bild und Text konstruiert die Künstlerin einerseits mögliche Biografien, weist aber auch darauf hin, inwieweit Identität immer auch Fiktion ist. ‚Verfügbarkeit’ ist dabei in mehrfacher Hinsicht Werkzeug wie Zielscheibe dieser Arbeit. Denn als Giveaways für die Ausstellungsbesucher nach Gutdünken auch jenseits der Sphäre Kunst verfügbar, sensibilisiert Woman to go geradezu für die Frage, wer auf welche Weise mit welcher Legimitation über Identität verfügt. Außerdem und ganz selbstverständlich setzt sich die Arbeit – darin medienreflexiv – mit dem Objektcharakter von Kunst, sowie der Rolle von Archivalien sowie den Techniken der Dokumentation und der Fiktion bei der Herstellung von Gedächtnis auseinander.“[2]

Jill Dawsey führt in dem Aufsatz Mathilde, Mathilde: The Artist and Her Double ihre Gedanken zu den ter Heijne gleichenden Dummies aus:

„Ter Heijne’s mannequins serve as crash-test dummies of sorts, aiding, when necessary, the potentially dangerous mimesis of suicide and self-annihilation that she stages for the camera. She performs these apparently self-destructive acts as a means to investigate such forms of extreme behaviour broadly, across diverse geopolitical and historical situations. Her project tackles the tenacious gendered asymmetries that structure experience globally, with a focus on the self-inflicted violenceo so often perpetrated by women. Ter Heijne’s works evince a desire for a radical identification with the experiences of other humans – most often other women – and with experiences as lonely and incommunicable as death itself.“[3]

Einzelausstellungen (Auswahl)

Gruppenausstellungen (Auswahl)

Kataloge

  • Mathilde ter Heijne: Any Day Now. Kunsthalle Nürnberg und Kunstmuseum Linz. Nürnberg 2010
  • Mathilde ter Heijne: If it’s me, it’s not me. Ostfildern 2008
  • Berg, Stephan/Engler, Martin (Hg.): Ingrid Calame. Mathilde ter Heijne. Jörg Wagner. Kunstverein Hannover. Hannover 2004
  • Migrosmuseum für gegenwartskunst/Heike Munder (Hg.): Mathilde ter Heijne: Tragedy. Frankfurt am Main 2002

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Olacak!
  2. Kunstforum international, Ausgabe 11-12/2010, S. 374-375
  3. If it's me, it's not me, Hatje Cantz, Ostfildern 2008, S. 7 ISBN 978-3-7757-2250-6

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