Carl Julius Witt

Carl Julius Witt

Carl Julius Witt (* 14. Oktober 1885 in Trupermoor, heute Lilienthal im Landkreis Osterholz; † 19. Oktober 1969 in Wedel) war ein Lehrer, antisemitischer Politiker und später nationalsozialistischer Hamburger Senator.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Witt war Lehrer und trat 1907 in den Hamburger Schuldienst als Volksschullehrer ein. Im Ersten Weltkrieg diente er in der kaiserlichen Marine, 1918 wurde er im Rang eines Kapitänleutnant der Reserve entlassen. Witt kehrte anschließend in den Hamburger Schuldienst zurück. Er schloss sich dem im November 1920 gegründeten völkischen und antisemitischen ausgerichteten Lehrerbund Baldur an, dessen Vorsitzender er 1922 wurde. Daraufhin wurde er 1922 von seiner Tätigkeit an der Volksschule entbunden und an die Berufsschule versetzt. Der Lehrerbund Baldur wurde 1923 verboten.[1]

Abgeordneter

1924 wurde Witt für die Deutschvölkische Freiheitspartei in die Hamburger Bürgerschaft gewählt, diese Partei hatte sich 1922 von der Deutschnationale Volkspartei (DNVP) abgespalten und wurde nach dem Verbot der NSDAP am 9. November 1924 in Nationalsozialistische Freiheitsbewegung (NSFB) umbenannt. Die Abgeordneten dieser Partei in der Hamburger Bürgerschaft waren jedoch de facto Mitglieder der DNVP-Fraktion. Ab 1927 wurde Witt Mitglied der DNVP und gehörte für diese bis 1933 der Bürgerschaft an, zum Schluss agierte die DNVP auch unter dem Namen Kampffront Schwarz-Weiß-Rot. Witt wurde vor allem durch antisemitische Reden in der Bürgerschaft bekannt.

Senator

Als es im März 1933 zu Koalitionsverhandlungen zur Bildung eines rechten Senates kam, setzte die DNVP neben Fraktionsführer Max Stavenhagen auch Witt, der von der NSDAP nicht erwünscht war, als Senator durch.[2] Witt wurde am 8. März 1933 mit 79 Stimmen in den von Carl Vincent Krogmann geführten Hamburger Senat als Senator für die Schulverwaltung gewählt.[3] Dort betreute er nacheinander die Ressorts Hochschul- und Jugendbehörde (bis 18. Mai 1933) sowie Kommission für Verwaltungsreform und Landesunterrichtsbehörde (bis 30. September 1933).[4] Er trat am 1. Mai 1933 in die NSDAP ein. Im September 1933 wurde der Senat verkleinert. Witt schied aus dem Senat aus, er wurde Präsident der neu entstandenen Landesunterrichtsbehörde (Schul- und Hochschulverwaltung) und war nunmehr Senator Wilhelm von Allwörden unterstellt. Witt hatte damit die leitende Position im Hamburger Bildungsbereich inne, für die personellen Säuberungen und die nationalsozialistische Ausrichtung des Hamburger Schuldienstes trug er die Verantwortung.

Bei seinem Amtsantritt als Senator verschickte Witt an die Schulen seine Zielvorstellungen, die auch von konservativ nationalistischen Kräften befürwortet werden konnten und daher auch als Integrationsangebot an diese Kreise gewertet wurden.[5] Der Religionsunterricht wurde wieder verbindlich vorgeschrieben, das Fach „Lebenskunde“ entfiel. Unter Witts Verantwortung wurden am 20. August 1933 insgesamt 315 Schulleiter aus dem Amt entfernt und durch politisch genehme Lehrer ersetzt; außerdem wurden 171 verheiratete Lehrerinnen als „Doppelverdiener“ entlassen. Bis 1935 wurden 637 Lehrer entlassen, die den Nationalsozialisten politisch missliebig waren. [6]

Nach dem Kriege

Am 11. Mai 1945 wurde Witt auf Anordnung der britischen Militärbesatzung aus seinem Amt als hauptamtlicher Beigeordneter der Schulverwaltung entlassen. 1949 erhielt er das Ruhegehalt eines Gewerbeoberlehrers und erstritt sich 1951 das Ruhegehalt eines Oberschulrates. In diesem Rechtsstreit beteuerte Witt, „innerlich kein Nationalsozialist“ gewesen zu sein. [7]

Einzelnachweise

  1. Annett Büttner / Iris Groschek: Jüdische Schüler und „völkische“ Lehrer in Hamburg nach 1918, In: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, Band 85 (1999), S. 121
  2. Siehe Uwe Schmidt, Lehrer im Gleichschritt: Der Nationalsozialistische Lehrerbund Hamburg, ISBN 978-3-937816-26-5, S. 26 Fußnote 18.
  3. Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (Hrsg.): Hamburg im Dritten Reich, Göttingen 2005, ISBN 3-892-44903-1 S. 64.
  4. Iris Groschek: „Karl Witt und der Junglehrerbund 'Baldur'“, in: Z.d.V. für Hamburgische Geschichte 85 (1999), S. 125.
  5. Reiner Lehberger: „Der 'Umbau' der Hamburger Volksschule“, in: Reiner Lehberger, Hans-Peter de Lorent (Hrsg:) Die Fahne hoch. Hamburg 1986, ISBN 3-925622-18-7, Seite 15/16.
  6. Hans-Peter de Lorent: „Personalpolitik“, in: Reiner Lehberger, Hans-Peter de Lorent (Hrsg:) Die Fahne hoch. Hamburg 1986, ISBN 3-925622-18-7, S. 203–211.
  7. Iris Groschek: „Karl Witt …“, in: Z.d.V. für Hamburgischer Geschichte 85 (1999), S. 126.

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