Deutscher Textilarbeiterverband

Deutscher Textilarbeiterverband

Der Deutsche Textilarbeiterverband war von 1891 bis 1933 die freigewerkschaftliche Organisation der Textilarbeiter und -arbeiterinnen. Er war gekennzeichnet von einer hohen Zahl weiblicher Mitglieder.

Inhaltsverzeichnis

Vorläufer

Es gab verschiedentliche Ansätze zur Organisation der Textilarbeiter. Dazu zählt die 1869 in Leipzig gegründete „Internationale Gewerkgenossenschaft der Manufaktur-, Fabrik- und Handarbeiter.“ Diese Organisation war zentralistisch strukturiert und hatte verschiedene lokale Organisationen. Vorsitzender war Julius Motteler. Der Verband wurde 1878 im Zuge des Sozialistengesetzes aufgelöst. Danach existierten auf lokaler Ebene Fachvereine weiter. Ein neuer überregionaler Organisationsversuch wurde 1884 mit dem Deutschen Manufakturarbeiter und -arbeiterinnenverein mit Sitz in Gera unternommen. Der Verein verfügte mit der Deutschen Manufakturarbeiterzeitung über ein eigenes Verbandsorgan. Auch diese Organisation konnte sich nicht lange halten und wurde 1887 polizeilich aufgelöst.

Geschichte

Nach dem Ende des Sozialistengesetze fand 1891 in Pößneck der erste deutsche Textilarbeiter und -arbeiterinnenkongress statt. Auf diesem wurde der Deutsche Textilarbeiterverband gegründet. Langjähriger Vorsitzender wurde Carl Hübsch. Innerhalb des Verbandes gab es Vorbehalte gegen eine zentralisierte Organisation. Es gab zahlreiche Mitglieder, die eine lockere Organisation von Ortsgruppen verbunden durch Vertrauensleute bevorzugten. Dabei spielte auch eine Rolle, dass man vielfach die Rolle der Gewerkschaften im Vergleich zum politischen Arm der Arbeiterbewegung als eher unbedeutend einschätzte. Letztlich setzte sich aber eine zentralisierte Organisation durch.

Der Verband erwarb die Zeitschrift „Textilarbeiter“ und machte sie zum Verbandsorgan. Im Jahr 1900 hatte der Verband 42742 Mitglieder. Wegen der Anhebung der Mitgliedsbeiträge ging die Mitgliederzahl kurze Zeit später auf 27548 zurück. Im Jahr 1903/04 führte der Verband den reichsweit beachteten Crimmitschauer Streik zur Durchsetzung des Zehnstundentages. Dieser Streik hat die Finanzen des Verbandes stark strapaziert und der Kassierer Georg Treue brach infolge der Belastungen gesundheitlich zusammen. Allerdings stieg die Mitgliederzahl in der Folge an. Seit 1905/06 wurde eine Gebietsgliederung in Gaue und die Anstellung hauptamtlicher Gauleiter eingeführt.

Bereits während des ersten Weltkrieges gab es innerhalb des Verbandes oppositionelle Bestrebungen. Nach der Novemberrevolution spielte die gegen die gemäßigte Führung der Gewerkschaften gerichtete Opposition im Textilarbeiterverband eine Zeitlang die bestimmende Rolle.[1] Seit 1919 war Hermann Jäckel neben Hübsch gleichberechtigter Vorsitzender. Im Jahr 1928 existierten 281 Ortsverwaltungen mit zusammen 310941 Mitgliedern. Davon waren 179767 weiblich. Der Verband mit seinem ungewöhnlich hohem Frauenanteil litt stark unter der Konkurrenz der christlichen Gewerkschaften.[2]

Während der Weltwirtschaftskrise nahm die Zahl der Mitglieder im Vergleich mit anderen Organisationen als Folge der hohen Arbeitslosigkeit in der Textilbranche überdurchschnittlich stark ab.[3] Mit der Zerschlagung der freien Gewerkschaften endete auch die Geschichte des Deutschen Textilarbeiterverbandes. Nach dem Zweiten Weltkrieg organisierten sich die Beschäftigten der Textilbranche der Bundesrepublik in der Gewerkschaft Textil-Bekleidung.

Literatur

  • Karl Schrader: Deutscher Textilarbeiter-Verband. In: Ludwig Heyde (Hrsg.): Internationales Handwörterbuch des Gewerkschaftswesens Bd. 1 Berlin, 1931, S. 385 – 387. Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2009

Einzelnachweise

  1. Michael Schneider. Höhen, Krisen und Tiefen. Die Gewerkschaften in der Weimarer Republik. In: Ulrich Borsdorf (Hrsg.): Geschichte der deutschen Gewerkschaften. Von den Anfängen bis 1945. Köln, 1987 S. 307
  2. Michael Schneider. Höhen, Krisen und Tiefen. Die Gewerkschaften in der Weimarer Republik. In: Ulrich Borsdorf (Hrsg.): Geschichte der deutschen Gewerkschaften. Von den Anfängen bis 1945. Köln, 1987 S. 327
  3. Michael Schneider. Höhen, Krisen und Tiefen. Die Gewerkschaften in der Weimarer Republik. In: Ulrich Borsdorf (Hrsg.): Geschichte der deutschen Gewerkschaften. Von den Anfängen bis 1945. Köln, 1987 S. 397

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Alf Lüdtke — (* 18. Oktober 1943 in Dresden) ist Historiker und ein führender deutscher Vertreter der internationalen Forschungsrichtung Alltagsgeschichte. Als seine Forschungsschwerpunkte nennt er: Arbeit als soziale Praxis, zur Verknüpfung von Produktion… …   Deutsch Wikipedia

  • Alfred Dobbert — (* 2. Januar 1897 in Barmen; † 19. November 1975 in Wuppertal) war ein sozialdemokratischer Politiker. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Hermann Drechsler — (* 4. August 1876 in Göttendorf; † 16. August 1951 in Gera) war ein deutscher Redakteur einer Arbeiterzeitung, USPD Funktionär, Häftling im KZ Buchenwald und Landrat (SPD/KPD). Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Hausen im Wiesental — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Christliche Gewerkschaften — Die Christlichen Gewerkschaften wurden erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Reaktion auf die bereits bestehenden freien , in der Praxis sozialistischen Gewerkschaften gegründet, nachdem Versuche weltanschaulich und parteipolitisch neutraler… …   Deutsch Wikipedia

  • Gesamtverband Christlicher Gewerkschaften Deutschlands — Die Christlichen Gewerkschaften wurden erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Reaktion auf die bereits bestehenden freien , in der Praxis sozialistischen Gewerkschaften gegründet, nachdem Versuche weltanschaulich und parteipolitisch neutraler… …   Deutsch Wikipedia

  • Gesamtverband der christlichen Gewerkschaften Deutschlands — Die Christlichen Gewerkschaften wurden erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Reaktion auf die bereits bestehenden freien , in der Praxis sozialistischen Gewerkschaften gegründet, nachdem Versuche weltanschaulich und parteipolitisch neutraler… …   Deutsch Wikipedia

  • Christliche Gewerkschaft — Christliche Gewerkschaften wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Reaktion auf die bereits bestehenden freien Gewerkschaften, die eine sozialistische Ausrichtung hatten, gegründet, nachdem Versuche weltanschaulich und parteipolitisch… …   Deutsch Wikipedia

  • Apolda — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Hermann Krätzig — Karl Hermann Krätzig (* 3. April 1871 in Schobergrund, Kreis Reichenbach in Schlesien; † 18. September 1954 in Wittstock/Dosse) war ein deutscher Politiker der SPD. In …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”