Mariä Himmelfahrt (Tizian)

Mariä Himmelfahrt (Tizian)
 
Mariä Himmelfahrt
Tizian, 1516-1518
Öl auf Holz, 690 cm × 360 cm
Santa Maria Gloriosa die Frari

Mariä Himmelfahrt ist ein Ölgemälde des berühmten italienischen Malers Tizian. Ebenfalls sehr bekannt ist es unter dem Namen Assunta. Tizian malte es von 1516 bis 1518. Heute befindet es sich in der Kirche Santa Maria Gloriosa dei Frari in Venedig. Mit einer Höhe von 6,90 m und einer Breite von 3,60 m ist es das größte Altargemälde der Stadt und zugleich das größte jemals von Tizian gemalte Werk. Es wurde, wie für Hochaltäre dieser Größe allgemein üblich, mit Öl auf Holz ausgeführt.

Inhaltsverzeichnis

Bildbeschreibung

Aufbau des Bilds

Der Bildaufbau des Hochaltars ist klar erkennbar. Er ist sorgfältig auf die Architektur des Rahmens abgestimmt. Insgesamt unterteilt sich das Ölgemälde je nach Definitionsart in zwei beziehungsweise drei Ebenen.

Hierbei bildet die erdgebundene, massig dichte Apostelgruppe ein Rechteck.[1] Ihre mächtige physische Darstellung ist möglicherweise ein Widerhall von Michelangelos Werken in der Sixtinischen Kapelle. Bei den Aposteln sind ebenfalls ikonographische Bezüge zu der Farbigkeit Raffaels erkennbar.[2] Die Jungfrau Maria schwebt über diesem Rechteck auf dem Halbkreis einer Engelswolke. Dieser wird durch den Rahmen zu einem die Ewigkeit symbolisierenden Ring ergänzt.[3] In diesem bewegt sich der drastisch verkürzte Gottvater, sodass alle Figuren als übereinander gestaffelt erscheinen. Diese Darstellungsweise hat den Anschein, als wollte Tizian mit aller Macht die venezianischen Traditionen durchbrechen.[4]

Doch diese gesamte Komposition ist nicht etwa starr, sondern wird – ganz wie es Tizians Naturell entspricht – durch einen Drang nach Bewegung und Vereinigung geprägt.[5] Die geschlossenen Figurenreihen werden durchbrochen. Es entsteht ein Dreieck, durch das die Apostel, die Jungfrau Maria und der Gottvater miteinander verbunden werden. Seine Grundlinie hat es zwischen den beiden rotgekleideten Aposteln. Dieses kann auch als eine Kombination aus zwei Zickzack-Bewegungen gesehen werden. Die erste starke, durchdringende Bewegung beginnt im Rücken des Apostels, geht über den zur Mutter Gottes ausgestreckten Arm in diese über und mündet schließlich im Gottvater. Die zweite, etwas schwächere Gegenbewegung beginnt links unten und strömt, nachdem sie sich mit der ersten vereinigt hat, in der Maria aus.[6]

Bei dem gesamten Gemälde handelt es sich also um ein sehnsüchtiges Drängen nach oben. Typisch für Tizians Realismus ist jedoch, dass die Maria nicht emporschwebt, sondern förmlich empor getragen wird. Ihre Aufwärtsbewegung wird außerdem noch durch die Armbewegung des gestikulierenden Apostels verdeutlich.[7] In diesem Gemälde strebt alles auf Maria zu, sowohl die heiligen Männer als auch das jubelnde Spiel der Putten finden ihren Mittelpunkt in der Figur Mariens. Maria hat ihre Arme in Richtung des Gottvaters geöffnet, jedoch ist sie gleichzeitig eine ruhende Erscheinung. Sie ist der Mittelpunkt dieses Bildes. Dadurch, dass sie nicht etwa nach oben schwebt oder hinaufstürmt, entsteht der Eindruck sie würde nach oben getragen, während sie sich selbst ganz normal bewegt. Allein die Mutter Gottes ist in diesem von Bewegung durchströmten Gemälde mit der Fülle und Identität eines Einzelwesens ausgestattet. Somit stellt sie einen Kontrast gegen ihre bewegte Umgebung und vor allem gegen die Traube von Engeln dar. Durch sie wird die Antithese von Masse und Individuum besonders deutlich.[8] Tizian verlegte hierbei den Handlungsspielraum in eine Bildebene. Hier schuf er eine schmale Bühne, in der die Figuren dichtgedrängt beieinander stehen. Somit entsteht eine Unmittelbarkeit des Geschehens, die den Betrachter in die Aktion einbezieht und damit die Wirkung des Gemäldes deutlich beeinflusst. Außerdem wird das Herausgreifen eines einzelnen Individuums erschwert. Auch dies führt zu einem Zustand höchster Bewegtheit, von dem sich die Santa Maria Gloriosa kontrastierend abhebt.[9]

Koloristische Gestaltung

Wie die meisten Bilder Tizians wirkt die Himmelfahrt Mariä zu allererst durch ihre typische Farbgebung, die dem Betrachter Bewegung, Charakter und Gefühl vermittelt. Geprägt ist diese von tiefen Rottönen, einem warmen Orange, von leuchtenden Inkarnat und von dem Gold im Hintergrund. Tizian wurde vielleicht von seinem ersten Lehrer Sebastiano Zuccato als Mosaikmaler ausgebildet, sodass der goldene Hintergrund oft als Hinweis auf die Tradition der venezianischen Mosaiken gesehen wird. Durch die verwendete Farbgebung wirkt das Gemälde in situ als intensive, visionäre Erfahrung. Hierbei von besonders großer Bedeutung ist die Farbgebung der Mutter Gottes. Das mit den rotgoldenen restlichen Farben des Gemäldes kontrastierende Blau des Madonnenmantels zieht den Betrachter geradezu empor und individualisiert die Madonna gegenüber der wogenden Masse des restlichen Bilds. Auch der weicher wirkende dunklere Himmel grenzt sich demgegenüber ab. Das Rotgold ist jedoch die prägende Farbe des Gemäldes. So meinte Theodor Hetzer: „Mit dem lebensfrohen, gegenwartsnahen Rotgold- Akkord vereinigt sich in starkem Konstrast die Farbe der Ferne, der Weite und der Sehnsucht (…)“[3]

„Kunstgriffe“ Tizians

Blick auf die Apsis der Santa Maria Gloriosa dei Frari

Bei der Ausführung der Verkündigung Mariä bedient sich Tizian einiger, noch nie zuvor verwendeter Kunstgriffe. Nicht zuletzt diese führen dazu, dass es sich bei diesem Gemälde um ein Meisterwerk abendländischer Kunst handelt.

So wird der das Bild dominierende Eindruck räumlicher Weite fast ohne Anwendung der tatsächlichen Perspektive erzeugt. Zwar werden in den verschiedenen Sektionen unterschiedliche Darstellungsperspektiven verwendet. Das Kunstwerk wird jedoch trotzdem durch die alles überstrahlende Farbgebung zusammengehalten. Auch befolgt er die Ansicht der Natur. Da der Betrachter, wenn er auf einen entfernten Gegenstand fokussiert ist, alles näher bei ihm liegende als unscharf wahrnimmt, wird ein scheinbarer Abstand erzeugt. Dies wäre andernfalls nur durch starke Größenunterschiede zwischen den Figuren möglich gewesen. Tatsächlich ist jedoch der rot gekleidete Apostel nur unwesentlich größer als die Mutter Gottes.

Während die obere Hauptgruppe das Licht sammelt, stehen die Apostel in trübem Licht. Hierdurch wird die Himmelfahrt Mariä noch imposanter und der Unterschied zwischen dem goldenen Himmel und der trüben Erde weiter verdeutlicht. Zudem sind die Apostel breit und unscharf ausgeführt, was diesen Eindruck noch verstärkt. Auch ist überliefert, dass Tizian die Raum- und Beleuchtungsverhältnisse der Santa Maria Gloriosa dei Frari sehr genau beobachtete. Dementsprechend passte er sein Gemälde an, das von Anfang an als Hochaltar der Kirche gedacht war. Das harte gleichmäßige Licht des Fensters verstärkt noch die relative Dunkelheit im unteren Teilbereich des Gemäldes und lässt die Apostel als oberflächlich erscheinen. Durch die entstehenden Schatten wird in der Kirche Lebendigkeit erzeugt.

Tizian gelang es durch Verkleinerung der Engelsköpfe, der Farbperspektive und der Verschleierungsperspektive die Himmelstiefe besonders hervorzuheben. Es entsteht durch seine Kunstgriffe eine neue Art der Monumentalmalerei (Theodor Hetzer), sodass das Gemälde die Konkurrenz mit dem riesigen Kirchenraum aufnehmen kann. Unter anderem durch diese Kunstgriffe entstehen energische Bewegungen, sodass eine neue Form des Hochaltars entsteht, der zum Vorbild des gesamten Barock werden sollte.

Religiöser Hintergrund

Hauptartikel: Mariä Aufnahme in den Himmel
Ausschnitt: Himmelfahrt Mariens, 1522-29, Dom, Parma, Correggio

Die theologische Einbindung der Himmelfahrt Mariens spielte in der Franziskanerkirche Santa Maria Gloriosa dei Frari während ihrer gesamten Geschichte eine große Rolle.[10] So fand die Grundsteinlegung am 15. August – Tag der Mariä Himmelfahrt – des Jahres 1250 statt.

Das Fest der Himmelfahrt wurde schon im 5. Jahrhundert im Orient gefeiert. Später fand es auch im Okzident, anfangs unter dem byzantinischen Namen Koimesis (Dormitio) Verbreitung. Aus diesem Begriff entstand die lateinische/ italienische Assumptio. In der christlich- katholischen Glaubensauffassung steht Maria aufgrund ihrer Unempfänglichkeit gegenüber der Sünde ihres gnadenvollen Daseins und ihrer göttlichen Mutterschaft die Aufnahme zu. Dies nimmt der päpstlichen Auffassung folgend die Erlösung der Menschheit vorweg.

Die ältesten Darstellungen der Mariä Himmelfahrt kommen aus dem 7. Jahrhundert. Hierbei wird die Maria von Engeln zum Himmel emporgetragen. Diese Komposition wurde zum orientalischen Schema und fand auch im Okzident weite Verbreitung. Während der Renaissance kam es jedoch zu einer Rückkehr zur Ikonographie der Himmelfahrt. Tizian erneuert diese, indem er den wundersamen Aufstieg Marias, während die Apostel ihre Arme erheben und Gott sich ihr zuneigt, darstellt. Er bringt die Darstellung der Mariä Himmelfahrt in der Kunst somit zu ihrem Höhepunkt.[11] Sie sollte jedoch von weiteren berühmten Malern wie Corregio nach dem Vorbild dieser neuartigen Interpretation weitergeführt werden.

Entstehung und Provenienz

Im Jahr 1516 erhielt Tizian vom Prior Fra Germano da Casale der Kirche Santa Maria Gloriosa dei Frari seinen ersten großen Auftrag für ein religiöses Gemälde. Er sollte eine monumentale Mariä Verkündigung malen. Unter den venezianischen Malern war Tizian damals der einzige der eine derart monumentale Rahmenarchitektur füllen konnte.[12] Der reiche Marmorrahmen wurde hierbei von dem durch Tizian bezüglich der genauen Ausgestaltung unterwiesenen Handwerker Lorenzo Bregno geschaffen. Es ist überliefert dass Tizian während des Entstehungsprozesses die Raum- und Beleuchtungsverhältnisse im Kirchenschiff sehr genau analysierte. Dies veranlasste ihn beispielsweise dazu die Figuren überlebensgroß darzustellen. Aus den erhaltenen Briefen zwischen Tizian und dem Herzog von Ferrara kann geschlossen werden, dass Tizian sich sehr lange dem Werk widmete. Es ist bekannt, dass sich der Herzog über zu lange Wartezeiten und darüber, dass säkulare Werke bevorzugt würden, klagte. Auch der Große Rat der Serenissima tat sein Unbehagen über die offensichtliche Vernachlässigung der Regierungsarbeiten zugunsten der Mariä Himmelfahrt kund.

Fertiggestellt wurde das Bild im Jahr 1518. Es wurde am 19. März 1518, genau zwei Jahre nach der Erteilung des Auftrags, in der Kirche aufgestellt. Im Jahr 1816 wurde es jedoch entfernt und in die Sammlungen der Accademia überführt. Dort war es nach Angaben von Theodor Hetzer jedoch sehr unvorteilhaft ausgestellt. In dieser Zeit wurde es von dem Maler Lattanzio Querena restauriert und kehrte erst 1919 wieder an ihren alten Platz in der Frari- Kirche zurück. Eine Restauration im Jahr 1974 bestätigte den hervorragenden Zustand des Gemäldes; Lattanzio Querena hatte anscheindend nur den schwer beschädigten Apostel Petrus restauriert. Der Historiker Ridolfini berichtete, dass sowohl Mönche des Ordens als auch Pater Guardian der Franziskaner (Germano da Casale) selbst Tizian mehrmals während der Arbeit im Innern des Klosters besuchten. Sie alle sollen der Meinung gewesen sein, Tizian male die Apostel viel zu groß. Es wird behauptet, dass Tizian aufgrund dieser Kritik sein Werk erst nach einer förmlichen Entschuldigung des Paters aushändigen wollte. Den Mönchen erschien das Gemälde als zu neuartig, sodass sie sich zunächst weigerten, es anzunehmen. Erst als ein Botschafter Karls V. Tizian ein Angebot zum Kauf des Bilds unterbreitete, stimmten die Mönche der Aufstellung des Gemäldes schließlich zu.

Bedeutung des Gemäldes

Die Rezeption und Bedeutung der Assunta für die italienische Renaissance kann nur noch an den Stanzen Raffaels und an den Fresken der Sixtinischen Kapelle von Michelangelo gemessen werden. Zwar wäre es fast aufgrund seines zu neuartigen Charakters von den Mönchen abgelehnt worden, seine Erstaufstellung am 19. März löste neben Erstaunen und spontaner Abneigung jedoch auch sofort Bewunderung aus. Er brachte mit diesem Meisterwerk den Typos der Mariä Himmelfahrt zu ihrem Höhepunkt und hatte sich seinen Platz neben Raffael und Michelangelo als bedeutendster Maler der Zeit gesichert. [13]

Bedeutung

Klassisches Beispiel für einen frühbarocken Hochaltar von Rubens: Mariä Himmelfahrt Liebfrauenkathedrale, Antwerpen, 1626

Rein künstlerisch begann mit der Assunta die Phase der „großen Altäre“ in Tizians Werk, und die Phase seines Frühwerks endete. In der darauf folgenden Schaffensperiode sollten viele weitere Madonnendarstellungen unter anderem die Madonna mit dem Kind, den Hl. Franziskus und Blasius und dem Stifter Alvise Gozzi in Ancona, sowie die Pesaro- Madonna (ebenfalls in der Frari-Kirche) entstehen. Klar erkennbar und aus zeitgenössischen Quellen sowie eigenen Briefen herauszulesen ist Tizians Bestreben, etwas „Großartiges“ (Theodor Hetzer) zu leisten. Sehr ausführlich und lange beschäftigt er sich mit diesem Werk, das schon allein durch seine für damalige Verhältnisse imposante Größe seine Ambitionen bezeugt.

Die Assunta sollte der erste große Höhepunkt von Tizians Werk sein. Auch wenn noch vergleichsweise unerfahren, war er bereits vor ihrer Entstehung der führende Maler der Stadt. Er hatte 1516 die Sinekure erlangt und war im Besitz eines einträglichen Maklerpatents am Fondaco dei Tedeschi. Doch erst mit der Assunta gelang ihm der endgültige Durchbruch. Die darauffolgende Zeit sollte für Tizian sehr erfolgreich sein; er nahm Kontakte zu den Fürstenhäusern d’Este und Gonzaga auf und erhielt päpstliche Einladungen nach Rom, die er jedoch allesamt ablehnte. Im Jahr 1530 lernte er Kaiser Karl V. kennen, der sein mächtigster Gönner werden sollte. Er wurde von diesem geadelt und zum Hofmaler ernannt.

Auch in der Geschichte sakraler Kunst stellt die Mariä Himmelfahrt von Tizian einen wichtigen Wendepunkt dar. So wird das Werk oft als Loslösung der Malerei aus der Macht der Kirche gedeutet. Erstmals in der Kunstgeschichte sollte ein religiöses Gemälde nicht nur erbaulich, sondern auch gefällig sein. Es entwickelte sich dadurch eine ganz neue Käuferschicht für profane Gemälde, und sogar sakrale Kunst wurde jetzt unter ästhetischen Gesichtspunkten bewertet. Ein neuartiger Typos des lebendigen, bewegten Hochaltars, der das gesamte Zeitalter des Barock prägen sollte, entstand, und Tizians Assunta ist der erste Hochaltar dieser Art. Entsprechend zugeordnet werden kann die Entstehung einer neuartigen, unabhängigen und sich nicht an der Ikonenmalerei orientierenden Darstellung der Mariä Himmelfahrt, die in den folgenden Jahrhunderten viele Nachfolger finden sollte, unter anderem Correggio und Peter Paul Rubens.

Rezeption

Dementsprechend wurde die Assunta oft erwähnt, beschrieben und bewertet. Quer durch die Jahrhunderte lässt sich hierbei eine von Epoche zu Epoche unterschiedlich intensive Bewunderung des „Monumentalwerks“ erkennen. Bereits die zeitgenössischen Bewertungen waren unterschiedlich und sind durch den Konflikt zwischen der Venezianischen Schule auf der einen und der florentinischen/römischen Schule auf der anderen Seite geprägt. Giorgio Vasari, der Tizians Malerei insgesamt sehr kritisch gegenüber stand, war auch von der Assunta nicht begeistert. Er beschimpfte Tizian mit der Aussage, er würde die Werke der Natur „mal mit rohen, mal mit weichen Farben beflecken (machiarle con le tinte cruda e dolce)“. Macchiare kann auch mit besudeln übersetzt werden und dolce weist subtil darauf hin, dass nur jemand wie Ludovico Dolce Tizians Kunst bewundernswert finden könne.[14]

Demgegenüber steht der eben genannte bedeutende venezianische Kunstkritiker Ludovico Dolce, ein Anhänger Tizians. Seine Bewunderung für Tizian erreichte in der Bewertung der Assunta seinen Höhepunkt: „Ganz gewiss verfügt dieses Altarbild über die Großartigkeit (grandezza) und die terribilità eines Michelangelo, die Gefälligkeit und Anmut (venustà) Raffaels und die wirklichen Farben der Natur.“ (Ludovico Dolce: Barocchi Tratatti, S. 202).

Auch der venezianische Kunsthistoriker und Maler des Barocks Carlo Ridolfi beschrieb das Gemälde sehr ausführlich und bezeichnete es als eines der Hauptwerke Tizians. So schrieb er:

„[…] nach kurzem Todesseufzer fährt Maria zum Himmel auf, um dort als Königin die Krone der ewigen Herrlichkeit zu erhalten. Dort, in den Strahlen des immerwährenden Lichts, erwartet Gott die Erwählte an der Schwelle zur Ewigkeit, welche als Boden die Sphären und als Dach die Schönheit des Empyräums hat, umgeben von den Himmelsgeistern und begleitet von der Musik seliger Sänger. Liebkost von sanftem Windhauch, geschmeichelt von der Sonne, mit der Natur als Dienern und auf einer leuchtenden, von zarten Kindern erhobenen Wolke, schlägt Maria die glückseligen Himmelswege ein; und umso majestätischer ist das Gespränge, als ihr der von zwei Engeln gehaltene Ewige Vater begegnet.“

Carlo Ridolfi: Le maraviglie dell’arte. Venezia 1648, S. 163, Übersetzung von Hans Ost

Im 17. und 18. Jahrhundert hatte es sich in Europa eingebürgert, dass junge Adelige eine europaweite Bildungsreise unternahmen, die so genannte Grand Tour. Venedig war ein wichtiger Zwischenstopp auf dieser Reise. Viele Reisenden besuchten dort die Kirche Santa Maria Gloriosa die Frari, um dort die Assunta zu studieren. Schon zu Vasaris Zeit war die Himmelfahrt Mariä jedoch durch eine dicke Schicht von Schmutz und Ruß deutlich verdunkelt. Zwei Jahrhunderte später hielt der bedeutende Maler Joshua Reynolds fest: „Es war fürchterlich dunkel, aber hervorragend gemalt“ ([15]). Auch der deutsche Maler Anselm Feuerbach sollte auf seiner Italienreise in diese Kirche kommen. Er fertigte sogar eine Kopie der Assunta an, sodass diese wahrscheinlich eine entsprechende Wirkung auf ihn entfaltet hat.

Literatur

  • Feghelm-Aebersold, Dagmar: Zeitgeschichte in Tizians religiösen Historienbildern, Hildesheim 1991.
  • Hetzer, Theodor: Tizian- Geschichte seiner Farbe, 2. Aufl., Frankfurt 1948.
  • Kaminski, Marion: Kunst und Architektur. Venedig, Könemann, Kunstreiseführer, Köln 1999.
  • Knackfuß, Hermann: Tizian, 2. Aufl., Bielefeld/ Leipzig 1898.
  • Ost, Hans: Tizian- Studien, Köln/ Weimar/ Wien/ Böhlau 1992.
  • Pedrocco, Filippo: Titian. The Complete Paintings, London 2001, S. 116.
  • Ridolfi, Carlo: Le maraviglie dell’arte, Venezia 1648.
  • Schöne, Wolfgang: Rembrandts Mann mit dem Goldhelm, Jahrbuch der Akademie der Wissenschaften in Göttingen 1972.
  • David Jaffé, et al.: Titian. London: National Gallery 2003
  • Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuß der Kunstwerke Italiens. 9. Aufl., Leipzig 1904.
  • Crowe, J. A., Cavalcaselle, G. B.: Tizian. Leben und Werke, Leipzig 1877.
  • Curtius, L.: Zum Antikenstudium Tizians. In: Archiv für Kunstgeschichte, 1938.
  • Förster, Ernst (Hrsg.): Leben der ausgezeichneten Maler, Bildhauer und Baumeister, von Cimabue bis zum Jahre 1567, beschrieben von Giorgio Vasari, Maler und Baumeister. Stuttgart/Tübingen 1849.
  • Grundmann, Stefan: Tizian und seine Vorbilder. Erfindung durch Verwandlung, Diss., Köln/Wien 1987.
  • Hetzer, Theodor: Studien über Tizians Stil, in: Jahrbuch für Kunstwissenschaft, 1923.
  • Hetzer, Theodor: Tizian. Geschichte seiner Farbe, Frankfurt 1935.
  • Hetzer, Theodor: Über Tizians Gesetzlichkeit, in: Jahrbuch für Kunstwissenschaft, VI (1928).
  • Hetzer, Theodor: Über das Verhältnis der Malerei zur Architektur, in: Aufsätze und Vorträge, II. Leipzig 1937.
  • Heydenreich, Ludwig, Passavant, Günther: Italienische Renaissance. Die großen Meister 1500- 1540, München 1975.
  • Hood, William: Tizian’s Narrative Art. Some Religious Paintings for Venetian Patrons 1518- 1545, New York University, Ph. Diss., 1977.
  • Hope, Charles: Tizian. London 1980.
  • Kaminski, Marion: Tiziano Vecellio, genannt Tizian. Könemann Verlag, Köln 1998. ISBN 3-8290-0699-3
  • Milanesi, Gaetano (Hrsg.): Vasari, Giorgio: Le vite de´ piu eccellenti pittori scultori ed Architetori, Florenz 1878.
  • Pallucchini, Rodolfo: Da Tiziano a El Greco. Per la storia del Manierismo a Venezia, 1540- 1590. Mailand 1981.
  • Rosand, David: Painting in Cinquecento Venise: Tizian, Veronese, Tintoretto. Yale University, New Haven, London 1982.
  • Sorte, Cristoforo: Osservazioni nella pittura, Venezia 1580, in: Paolo Barocchi: Trattati d’arte del Cinquecento. I, Bari 1960.
  • Suida, Wilhelm: Tizian. Zürich/Leipzig 1933.
  • Tietze-Conrat, Erika: Tizian’s workshop in his late years, in: Art Bulletin, 28, 1946.
  • Tiziano e venezia. Convegno internazionale di Studi, Venedig 1976.
  • Wethey, Harold: The paintings of Tizian. 3 Bde., London 1969.
  • Wilde, Johannes: Venetian Art from Bellini to Tizian. 3 Bde., London 1969.
  • Wölfflin, H. (Hrsg.): Beiträge zur Kunstgeschichte von Italien. Berlin/ Leipzig 1930.

Einzelnachweise

  1. Ian G.Kennedy: Tizian. Taschen, Köln 2006. Seite 31
  2. Filippo Pedrocco et al.: Die größten Künstler Italiens. Scala, Florenz 2001, S. 419.
  3. a b Theodor Hetzer: Venezianische Malerei. Urachhaus. Stuttgart, 1985. Seite 506
  4. Filippo Pedrocco: Tizian. Scala, Florenz 1997. Seite 18.
  5. Theodor Hetzer: Venezianische Malerei. Urachhaus. Stuttgart, 1985. Seite 507
  6. Theodor Hetzer: Venezianische Malerei. Urachhaus. Stuttgart, 1985. Seite 508
  7. Ian G.Kennedy: Tizian. Taschen, Köln 2006. Seite 31
  8. Theodor Hetzer: Venezianische Malerei. Urachhaus. Stuttgart, 1985. Seite 509
  9. James H. Beck: Malerei der italienischen Renaissance. Könemann. Florenz. 1999. Seite 383
  10. Martina Mian et. al.: Die Kirchen Venedigs. Chorus. Venedig, 2002. Seite 49
  11. Martina Mian et. al.: Die Kirchen Venedigs. Chorus. Venedig, 2002. Seite 50
  12. W. Schlink: Tizian. Leben und Werk, C.H. Beck, München, 2008. S.31
  13. Jörg Traeger: Renaissance und Religion. Die Kunst des Glaubens im Zeitalter Raphaels, C.H.Beck, München, 1997 Seite 59
  14. Klaus Irle: Der Ruhm der Bienen. Das Nachahmungsprinzip der italienischen Malerei von Raffael bis Rubens. Waxmann, 1997, S. 72
  15. Claude Phillips: The Earlier Work of Titian. Xlibris Corporation, 2008, Seite 76

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