Alaska-Airlines-Flug 261

Alaska-Airlines-Flug 261
Alaska-Airlines-Flug 261
Airplane animation 261 still lg.PNG

Animation des Alaska Airlines Fluges 261

Zusammenfassung
Datum 31. Januar 2000
Typ Mechanisches Versagen aufgrund fehlerhafter Wartung
Ort im Pazifischen Ozean bei Anacapa Island
Getötete 88
Verletzte 0
Flugzeug
Flugzeugtyp McDonnell Douglas MD-83
Fluggesellschaft Alaska Airlines
Kennzeichen N963AS
Abflughafen Puerto Vallarta
Zielflughafen Flughafen Seattle-Tacoma
Passagiere 83
Besatzung 5
Überlebende 0

Alaska-Airlines-Flug 261 war ein mit einer McDonnell Douglas MD-83 durchgeführter Flug von Puerto Vallarta mit Zwischenstopp in San Francisco nach Seattle am 31. Januar 2000. Das Flugzeug stürzte vor Los Angeles ins Meer, wobei alle 88 Personen an Bord getötet wurden.

Inhaltsverzeichnis

Das Flugzeug

Das Flugzeug war eine im Jahre 1992 gebaute MD-83, die bis zum Absturz über 26.000 Flugstunden hinter sich hatte.[1]

Flugablauf

Flugroute mit den Ereignissen des Fluges 261

Start und erste Probleme

Beschreibung des Hecks einer MD-83.

Nach dem Start in Puerto Vallarta um 13:37 PST stieg das Flugzeug auf seine Reiseflughöhe und nahm Kurs Richtung San Francisco.[2] Doch kurz darauf traten Probleme auf: Das Höhenleitwerk war unbeweglich, so dass das automatische Trimmsystem, das das Höhenleitwerk leicht nach oben oder unten bewegt und das Flugzeug im Reiseflug stabil hält, nicht funktionierte. Da das Trimmsystem aber nicht funktionierte, mussten die Piloten stark am Steuerknüppel ziehen, um ihre Flughöhe zu halten und nicht zu sinken. Zwei Stunden nach dem Start kontaktierten Kapitän Ted Thompson und sein Copilot William "Bill" Tansky das Wartungscenter der Airline in Seattle und dachten über eine Landung in Los Angeles nach.[3] Doch weder die Piloten, noch das Wartungscenter konnten die genaue Ursache des Problems finden. Da die Piloten dachten, dass die Module, die das Höhenleitwerk bewegen, nicht funktionierten, versuchten sie, das verklemmte Höhenleitwerk nacheinander mit beiden, dem Haupt- und dem alternativen, Trimmsystem zu befreien. Doch es funktionierte nicht.[3]

Die Metallstange mit Gewinde (grau), die Mutter, die das Höhenleitwerk trimmt (rot), und die kleinen Begrenzungsmuttern (gelb).

Währenddessen diskutierten die Piloten mit einem Flugdienstberater, ob das Flugzeug in San Francisco oder in Los Angeles landen sollte. Die Piloten entschlossen sich schließlich zu letzterem.[3] Später sagte das NTSB, die Entscheidung der Piloten sei umsichtig und klug gewesen; dennoch versuchten die Flugdienstberater der Alaska Airlines, die Piloten dazu zu bewegen, nach San Francisco weiterzufliegen. Der Stimmenrekorder nahm auf, dass jene Flugdienstberater über den Zeitplan besorgt waren, falls der Flug nach L.A. fliegen sollte.[3]

Erster Sturzflug und Abfangen

Das Höhenleitwerk, als es den ersten Sturzflug auslöste. Die rote Mutter kann die graue Metallstange nicht mehr halten, alle Belastung liegt nun auf der kleinen, gelben Mutter.

Als die Piloten um 16:09 PST das Höhenleitwerk mit beiden Trimmsystemen zusammen manuell befreiten, bewegte sich das Höhenleitwerk extrem stark nach oben, was die Nase des Flugzeuges so stark nach unten drückte, dass das Flugzeug in 80 Sekunden 2,3 km an Höhe verlor.[3] Beide Piloten mussten zusammen mit etwa 63 kg am Steuerknüppel ziehen, um das Flugzeug aus seinem Sturzflug abzufangen und auf etwa 7500 m Höhe zu bleiben.[3]

Alaska Airlines Flug 261 erklärte der Flugkontrolle in Los Angeles, dass sie Probleme mit der Steuerung hätten und auf dem Flughafen Los Angeles landen wollten. Darauf fragte die Anflugkontrolle, ob die Piloten auf eine niedrigere Flughöhe wollten, worauf Kapitän Tompson antwortete, dass er auf etwa 3000 m sinken wolle, sich sicher sein wollte, dass er den Jet steuern könne, und den Sinkflug über der Bucht durchführen wolle.[4] Die Piloten wollten keine bewohnten Gebiete überfliegen, was das NTSB später als sehr klug kommentierte, und begannen mit dem Sinkflug.

Zweiter Sturzflug und Absturz

Als die gelbe Mutter (hier nicht mehr zu sehen) nachgab, sprang das Höhenleitwerk heraus; das Flugzeug wurde unkontrollierbar.

Um 16:19 registrierte der Stimmenrekorder vier deutlich hörbare Schläge, gefolgt von einem extrem lauten Geräusch. Das Flugzeug ging wieder in einen Sturzflug über.[3] Einige Flugzeuge in der Nähe, die Alaska Airlines Flug 261 sahen, informierten sofort die Anflugkontrolle.[4] Daraufhin versuchte die Anflugkontrolle Los Angeles, mit den Piloten Kontakt aufzunehmen. Obwohl man den Copiloten auf dem Stimmenrekorder "Mayday!" rufen hört, wurde kein Funkkontakt mehr aufgenommen.[4]

Auf dem Stimmenrekorder ist zu hören, dass die Piloten die ganze Zeit versuchten, das Flugzeug wieder abzufangen.[4] Doch die MD-83 war nicht mehr zu retten, sie stürzte nach 81 Sekunden ins Meer. Während dieser Zeit war die Maschine 5,4 km gesunken, eine Sinkrate von über 67 m/s war überschritten worden. Das Flugzeug wurde beim Einschlag ins Meer völlig zerstört, alle Menschen an Bord waren sofort tot.[3]

Untersuchung

Die geborgene Metallstange mit Gewinde

Bergung des Wracks und Analyse

Mit einem Sonar fanden die Ermittler 85 Prozent aller Teile, auch das Heck und die Flugdatenschreiber. Sowohl die Metallstange mit Gewinde für das Trimmsystem als auch die Mutter, durch welche sich das Gewinde bewegt, wurden gefunden. Die Metallstange mit Gewinde wird von einem Motor gedreht. Wenn die Metallstange mit Gewinde sich dreht, bewegt es sich durch die befestigte Mutter je nach Drehrichtung nach oben oder unten. Das wiederum bewegt das Höhenleitwerk. Die Metallstange wurde mit Metallfäden umwickelt gefunden, diese waren Reste des Gewindes der befestigten Mutter.[3] Spätere Analysen ergaben dass schon vor dem Flug 261 90% des Gewindes der Mutter durch die viele Benutzung abgetragen worden waren, und dass das Gewinde während des Unglücksfluges komplett abgeschert worden ist. Sobald das Gewinde versagte, war das Höhenleitwerk lose und wurde durch die aerodynamischen Kräfte ruckartig nach oben bewegt, was den ersten Sturzflug auslöste.[3] Doch die Metallstange, die am Höhenleitwerk befestigt war, wurde noch von einer kleineren, an der Metallstange festgemachten Mutter gehalten, die zur Begrenzung der Trimmung benutzt wird. Diese war für diese Belastung jedoch nicht gebaut worden, so dass nach einiger Zeit auch sie nachgab. Damit war die komplette Höhenkontrolle verloren, was den finalen Sturzflug verursachte.[3] Basierend auf der Zeit der letzten Inspektion des Flugzeugs stellte das NTSB fest, dass der Verschleiß viel schneller geschehen war als normalerweise. Die Abnutzung entsprach 0,3 mm pro 10.000 Flugstunden, die voraussichtliche Abnutzung lag bei 25 µm.[3] Das NTSB sammelte einige potentielle Gründe für diese starke Abnutzung, auch den Wechsel des Fettes zum einschmieren der Metallstange von Schmierfett Typ 28 zu Typ 33 nach der Erlaubnis von Boeing. Später fand das NTSB dann heraus, dass der Wechsel des Schmierfettes nicht die Ursache war.[3] Ein weiterer möglicher Grund war die unzureichende Schmierung der Teile. Nach einer genauen Untersuchung der Metallstange und der Mutter stellten sie fest, dass beim Unfall keine wirksame Schmierung vorhanden war. Schließlich wurde das Fehlen der Schmierung und die daraus resultierende starke Abnutzung der Teile zur Ursache des Unfalls erklärt.[3]

Fehlen der Schmierung und end play check

Die Untersuchung wurde fortgesetzt, um den Grund des Fehlens der Schmierung zu finden. In einem Interview mit dem Wartungsmechaniker, der die Maschine des Fluges 261 zuletzt gewartet hatte, sagte dieser, die Wartung dauerte eine Stunde, während McDonnell Douglas die dafür benötigte Zeit mit vier Stunden angab.[3] Danach sagte das NTSB, dass der Mechaniker die Teile nur unzureichend geschmiert habe.[3] Doch Labortests ergaben dass in den vier Monaten zwischen Schmierung und Absturz des Flugzeuges unmöglich die Abnutzung so stark sein konnte.[3] Daher musste es noch andere Ursachen gegeben haben. Um den Verschleiß der Stange mit Gewinde zu überwachen wurde ein sogenannter end play check benutzt. So suchte das NTSB nach dem Grund, warum der Verschleiß beim letzten end play check nicht bemerkt worden war. Die Untersuchung entdeckte, dass Alaska Airlines im end play check selbst erfundene Werkzeuge benutzte, die nicht den Anforderungen des Herstellers entsprachen.[3] Tests offenbarten, dass diese Werkzeuge zu ungenauen Messungen führen konnten; und dass es möglich wäre, dass, wenn bei der letzten Inspektion genaue Messungen vorgelegen hätten, diese Messungen die extreme Abnutzung gezeigt hätten und die betroffenen Teile ausgetauscht worden wären.[3]

Verlängerung der Wartungsintervalle

Zwischen 1985 und 1996 erhöhte Alaska Airlines mit der Erlaubnis der FAA den Zeitraum zwischen den Schmierungen der Metallstange mit Gewinde und den "End Play Checks".[3] Da von da an jede Schmierung oder jeder "End Play Check", der von da an nicht durchgeführt wurde, eine Möglichkeit vertreten hatte, bei der eine ausreichende Schmierung aufgetragen werden könnte oder die extreme Abnutzung hätte erkannt werden können, untersuchte das NTSB die Rechtfertigung für diese Ausdehnung. Alaska Airlines hatte in dieser Zeit wenig Geld und versuchte durch weniger Wartung Kosten zu Sparen. Das NTSB war der Meinung, dass Alaska Airlines hätte überprüfen sollen, ob die Erhöhung der Zeiten zwischen den Wartungszeiten keine Gefahr darstelle.[3] Doch etwas derartiges wurde nie durchgeführt. Außerdem sagte es, die Wartung und Wartungspersonalausbildung bei Alaska Airlines sei seit mehreren Jahren mangelhaft.[3]

Schlussfolgerungen

Die Flughöhe von Alaska 261 während des letzten Fluges. Die beiden Sturzflüge sind deutlich zu sehen.

Zur wahrscheinlichen Ursache fand das NTSB folgende zusätzliche beitragende Faktoren:[3]

  • Alaska Airlines' Erhöhung der Zeit zwischen den Ölungen und die Erlaubnis der FAA, was die Wahrscheinlichkeit extremen Verschleißes erhöhte
  • Alaska Airlines' Erhöhung der Zeit zwischen den "End Play Checks" und die Erlaubnis der FAA, was der extremen Abnutzung der Mutter erlaubte, sich zum Versagen des Höhenleitwerks zu entwickeln, ohne die Möglichkeit, erkannt zu werden
  • das Fehlen eines versagenssicheren Mechanismus auf der MD-80, um die katastrophalen Folgen eines kompletten Versagens der Mutter zu verhindern.

Nachwirken

Das Denkmal in Form einer Sonnenuhr in Port Hueneme

Nach dem Absturz des Fluges 261 ließ Alaska Airlines in Port Hueneme ein Denkmal nahe der Absturzstelle errichten, ähnlich wie es die Swissair nach dem Absturz des Swissair-Fluges 111 und die Trans World Airlines nach der Explosion des Flugzeugs auf TWA-Flug 800 getan hatten.[5] Diese Sonnenuhr, die von Bud Bottoms entworfen wurde, wirft jedes Jahr am 31. Januar um 16:22 Uhr Ortszeit einen Schatten auf die Gedenktafel der Opfer.[6]

Für ihre Taten während des Fluges wurden Ted Tompson und Bill Tanskey von der International Air Line Pilots Association mit einer goldenen Medaille für ihre Heldentaten ausgezeichnet. Bis heute ist dies der einzige Fall, dass Piloten diese Medaille nach ihrem Tod erhalten haben.[7]

Die Katastrophe des Alaska-Airlines-Flugs 261 wurde 2003 unter Regie von Greg Lanning basierend auf dem Drehbuch Andrew Weir in der sechsten Folge der ersten Staffel der kanadischen Fernsehserie Mayday – Alarm im Cockpit mit dem englischen Originaltitel Cutting Corners und dem deutschen Titel Außer Kontrolle gezeigt. In nachgestellten Szenen, Animationen sowie Interviews mit Hinterbliebenen und Ermittlern wurde über die Vorbereitungen, den Ablauf und die Hintergründe des Fluges berichtet.[8]

Einzelnachweise

  1. Alaska Airlines Flight 261: Searchers Hold Out Hope for Possible Survivors; Crash Takes Heavy Toll on Airlines Employees' Families. CNN International, 1. Februar 2010, abgerufen am 15. September 2010 (englisch).
  2. "HistoryLink Essay: Alaska Flug 261 nach Seattle stürzt am 31. Januar 2000 ins Meer." HistoryLink. Gefunden am 31. Mai 2009.
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w Kontrollverlust und Absturz;Alaska Airlines Flug 261
  4. a b c d Aviation Safety Network > Accident investigation > CVR / FDR > Transcripts > Alaska Airlines Flight 261 - 31 JAN 2000
  5. Kyung M. Song: Alaska Airlines copes with 'saddest, most tragic day'. The Seattle Times, 2. Februar 2000, abgerufen am 17. Dezember 2009 (englisch).
  6. Rebekah Denn: Memorials quieter today, but Flight 261 grief still hurts. Seattle Post-Intelligencer, 31. Januar 2000, abgerufen am 15. September 2010 (englisch).
  7. Elaine Porterfield, Hector Castro: Pilots honored for heroism during crisis. Seattle Post-Intelligencer, 1. Februar 2000, abgerufen am 15. September 2010 (englisch).
  8. Internet Movie Database: "Mayday" Cutting Corners. Abgerufen am 15. Mai 2010.

Weblinks

 Commons: Alaska-Airlines-Flug 261 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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