Bikonditional

Bikonditional
Venn-Diagramm von A \leftrightarrow B
Das Bikonditional ist die Negation des ausschließenden Oder und bedeutet „beide nicht oder beide“.
Dem entsprechen die roten Bereiche außerhalb und innerhalb beider Kreise.

Als Bikonditional, Bisubjunktion oder materiale Äquivalenz, manchmal (aber mehrdeutig) einfach nur Äquivalenz bezeichnet man

  • eine zusammengesetzte Aussage, die genau dann wahr ist, wenn ihre beiden Teilaussagen denselben Wahrheitswert haben, also entweder beide wahr oder beide falsch sind;
  • die entsprechend definierte Wahrheitswertfunktion;
  • das sprachliche Zeichen (den Junktor), mit dem diese beiden Teilaussagen zusammengesetzt werden.

Inhaltsverzeichnis

Schreibweise und Lesart

Als Zeichen für das Bikonditional als Junktor wird meist der Doppelpfeil \leftrightarrow, der dreifache Querstrich \equiv oder der Doppelpfeil mit zwei Querlinien \Leftrightarrow verwendet, gelegentlich auch die Tilde ~. (Fast jedes dieser Zeichen wird von unterschiedlichen Autoren und in unterschiedlichen Zusammenhängen auch in anderer Bedeutung verwendet, am häufigsten die Tilde für die Satzverneinung und der Doppelpfeil mit zwei Querlinien \Leftrightarrow für die metasprachliche Äquivalenz.) In der polnischen Notation wird das Bikonditional durch den Großbuchstaben E ausgedrückt.

In der natürlichen Sprache gibt es mehrere Möglichkeiten, ein Bikonditional A \leftrightarrow B auszudrücken, zum Beispiel die Formulierungen „A genau dann, wenn B“ (abgekürzt als „A gdw. B“), „A dann und nur dann wenn B“ oder „A ist hinreichend und notwendig für B“; auch die im Englischen verwendete Formulierung „A if and only if B“ findet sich abgekürzt als „A iff B“ gelegentlich sogar in deutschsprachigen Texten. Jede dieser Formulierungen ist dazu geeignet, den Ausdruck A \leftrightarrow B zu lesen.

Bedeutung

Für die zweiwertige, wahrheitsfunktionale klassische Logik ist der Wahrheitswertverlauf (die Wahrheitstabelle) und damit die Bedeutung des Bikonditionals wie folgt durch die äq-Funktion definiert („w“ steht für „wahr“; „f“ steht für „falsch“):

P Q P\leftrightarrow Q
w w w
w f f
f w f
f f w

In der klassischen Logik sind die Aussagen A \leftrightarrow B und (A \rightarrow B) \and (B \rightarrow A) (das heißt die Konjunktion des Konditionals A \rightarrow B und des Konditionals B \rightarrow A) äquivalent, das heißt sie haben denselben Wahrheitswerteverlauf. Aus diesem Grund wird das Bikonditional oft nicht als selbstständiger Junktor eingeführt, sondern durch folgende Definition auf Konjunktion und Konditional zurückgeführt:

\varphi \leftrightarrow \psi := (\varphi \rightarrow \psi) \and  (\psi \rightarrow \varphi)

Dabei sei „:=“ das metasprachliche Zeichen für „sei definiert als“ und seien φ und ψ metasprachliche Satzvariablen, also Platzhalter, die für beliebige Sätze der logischen Objektsprache stehen dürfen. Als konkretes Beispiel würde der Ausdruck P \leftrightarrow (Q \and R) gemäß dieser Definition aufgelöst zu (P \rightarrow (Q \and R)) \and ((Q \and R) \rightarrow P).

Obige Äquivalenz und obige Definierbarkeit zeigen insbesondere, dass das Bikonditional eine hinreichende und notwendige Bedingung ausdrückt: A \rightarrow B sagt aus, dass A eine hinreichende Bedingung für B und dass B eine notwendige Bedingung für A ist; und B \rightarrow A sagt aus, dass B eine hinreichende Bedingung für A und dass A eine notwendige Bedingung für B ist.

Beispiele

  • (A \and (B \and C)) \leftrightarrow (A \and C) \and (B \and C) ist ein Bikonditional, das immer wahr ist, das heißt eine Tautologie.
  • A \leftrightarrow \neg A ist ein Bikonditional, das niemals wahr ist.
  • (A \and B) \leftrightarrow C ist ein Bikonditional, das wahr oder falsch sein kann, je nachdem, wie es um die Wahrheit der Teilaussagen A, B, C beschaffen ist.
  • „Der Mond ist genau dann eine Lichtquelle, wenn Isaak Newton ein Deutscher war.“ ist ein wahres Bikonditional, ebenso: „Der Mars ist genau dann ein Planet, wenn die Ozeane Salz enthalten.“[1]. Dieses Beispiel zeigt, dass sich die Paradoxie der materialen Implikation analog beim Bikonditional auftritt: Es kann wahr sein, ohne dass irgendein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den beiden Aussagen besteht.

Zweideutigkeit für mehrere Argumente

Werden mehr als zwei Argumente durch ~~\leftrightarrow~~ verbunden, ist nicht eindeutig, wie die Formel gemeint ist:

~x_1 \leftrightarrow x_2 \leftrightarrow x_3 \leftrightarrow ... \leftrightarrow x_n kann die Abkürzung für ~(((x_1 \leftrightarrow x_2) \leftrightarrow x_3) \leftrightarrow ...) \leftrightarrow x_n sein,

oder dafür, dass alle ~x_i~ entweder zusammen wahr oder zusammen falsch sind: (~x_1 \and ... \and x_n~)~\oplus~(\neg x_1 \and ... \and \neg x_n)

Das ist nur für zwei Argumente das Gleiche. Die beiden Wahrheitstafeln zeigen nur in Zeilen mit zwei Argumenten das gleiche Bitmuster:

~x_1 \leftrightarrow ... \leftrightarrow x_n
im Sinne von
\neg~(\neg x_1 \oplus ... \oplus \neg x_n)

Das mittlere Venn-Diagramm unten
und Linie (ABC  ) in dieser Matrix
stehen für die gleiche Operation.
~x_1 \leftrightarrow ... \leftrightarrow x_n
als Abkürzung für
(~x_1 \and ... \and x_n~)
\oplus~(\neg x_1 \and ... \and \neg x_n)

Das rechte Venn-Diagramm unten
und Linie (ABC  ) in dieser Matrix
stehen für die gleiche Operation.


Das linke Venn-Diagramm unten und die Linien (AB    ) in diesen Matrizen stehen für die gleiche Operation.

Venn-Diagramme

Rote Flächen stehen für die Wahrheit (wie beispielsweise in Venn0001.svg für und).


Venn1001.svg
Das Bikonditional zweier Aussagen
ist die Negation des exklusiven Oder:

~A \leftrightarrow B~~\Leftrightarrow~~\neg(A \oplus B)

Venn1001.svg Venn0110.svg

Venn 0110 1001.svg
Bikonditional dreier Aussagen
und exklusives Oder dreier Aussagen
haben das gleiche Resultat:

~A \leftrightarrow B \leftrightarrow C~~\Leftrightarrow
~A \oplus B \oplus C

Venn 1001 1001.svg Venn 0000 1111.svg ~~\Leftrightarrow~~

Venn 0110 0110.svg Venn 0000 1111.svg Venn 0110 1001.svg

Venn 1000 0001.svg
Allerdings kann
~A \leftrightarrow B \leftrightarrow C
auch als Abkürzung für
(A \leftrightarrow B) \and (B \leftrightarrow C)
gemeint sein:

Venn 1001 1001.svg Venn 1100 0011.svg Venn 1000 0001.svg

Einzelnachweise

  1. beide Beispiele entnommen aus Wesley C. Salmon: Logik, Stuttgart: Reclam 1983, ISBN 3-15-007996-9, Seite 81

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