Ölschiefer

Ölschiefer
Ölschiefer in Holzmaden
Aufschluss in estnischem Ölschiefer (Kuckersit)
Fossilführender Kuckersit aus Estland

Als Ölschiefer werden Gesteine bezeichnet, die Bitumen oder schwerflüchtige Öle enthalten. Der Kerogenanteil, also der Anteil organischen Materials, liegt je nach Vorkommen zwischen 10 und 30 %. Es handelt sich nicht um Schiefer im petrographischen Sinne, sondern um geschichtete, aber nicht geschieferte Sedimentgesteine. Durch Destillation des Öls kann man nachweisen, dass es aus abgestorbenem Plankton stammt. Bei chromatographischen Untersuchungen lassen sich Aminosäuren und Chlorophyll-Abbauprodukte feststellen.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Wie andere geologische Ölvorkommen (Erdöl, Ölsand) sind auch Ölschiefer Resultat eines Fäulnis- oder Bitumenbildungsprozesses, manchmal treffen auch beide Prozessbedingungen zu. Oft finden sich in Ölschiefern gut erhaltene Fossilien. Die Verwesung wurde, ähnlich wie im Steinkohlewald, durch den Sauerstoffmangel in den tieferen Meeresregionen, der anoxischen, sauerstoffarmen Unterzone, verhindert.

Dabei durchliefen im Gestein eingeschlossene Mikroben und Kleinlebewesen einen biologischen Abbau- und Umbauprozess. Als Folge entstanden gasförmige und flüssige Kohlenwasserstoffe, die sich in vorhandenen porösen Gesteinsschichten nach oben bewegten. Diese porösen Lagerstätten zeigen sich heute als Ölschiefervorkommen. Die Bestandteile des Ölschiefers zeichnen sich gegenüber den reinen Öllagerstätten durch einen geringeren Wasserstoff- und einen höheren Sauerstoffanteil aus.

Ölsande sind ebenfalls Gesteine, in deren Poren Erdöl gebunden ist. Wegen der geringen Vorkommenstiefe sind Ölsande stärker oxidiert und haben eine höhere Viskosität.

Vorkommen

Weltweit gibt es eine große Anzahl von Ölschiefer-Lagerstätten aus verschiedenen Erdzeitaltern. Die deutsche Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe schätzt die Menge der weltweit gewinnbaren Ressourcen an Ölschiefer auf 6.399 Millionen Tonnen.[1] Ein sehr großes Vorkommen findet sich beispielsweise im Green-River-Gebiet in den USA. Die Lagerstätte erstreckt sich über 65.000 km².

Die Grube Messel ist ein Beispiel eines Ölschiefervorkommens mit einem bedeutenden Fossilienvorkommen. Anders als die nachfolgenden Beispiele fand die Bildung hier in einem Maarsee statt, also unter Süßwasserbedingungen. Die Fossilien dieser Fossillagerstätte gehören in die Zeit des Eozäns.

Im südöstlichen Niedersachsen im Bereich von Schandelah nahe Braunschweig gibt es ein Vorkommen von ca. 2 Mrd. Tonnen bei einem Ölgehalt von weniger als 10 %. Auch dieses Vorkommen erschließt Sedimentgesteine des Lias.

Im südlichen Emsland in der Region um Salzbergen findet man Ölschiefer. Dieser war Anlass, 1860 die Raffinerie Salzbergen zu gründen. Die Ölschieferverarbeitung wurde jedoch 1861 aufgegeben. Als spätere Erdölraffinerie und heutige Schmierstoffraffinerie existiert sie noch.

Daneben finden sich in Estland bei Narva sowie bei Kohtla-Järve bedeutende Vorkommen von Kukersit. Kukersit, benannt nach dem ehemaligem deutschbaltischen Gut Kukruse (deutsch Kuckers), ist eine marine Gyttja. Dieses fossilreiche Kalkschlammsediment wechsellagert mit Einschaltungen aus Kalk, der ebenfalls Fossilien aus dem Ordovizium enthält.

In Tirol gibt es Ölschiefervorkommen im Raum Scharnitz bis Reith bei Seefeld und im Bereich des Achensees im Bächental. Die Ölschiefervorkommen im Bereich des Achensees werden nach wie vor ausgebeutet und in Pertisau zu Steinöl verarbeitet. Dieses findet bei der Produktion von speziellen Kosmetika und medizinischen Produkten Anwendung.

Der Posidonienschiefer in Schwaben ist kein Ölschiefer, sondern ein Tonmineral aus dem Lias epsilon, er enthält zahlreiche Fossilien. Man vermutet, dass sich in der Gegend des heutigen Ortes Holzmaden einst ein Sedimentbecken eines seichten und warmen Jurameeres befand. Bedingt durch Strömungen sammelten sich hier zahlreiche Meerestierkadaver an.

Ölschiefer als Energiequelle

Brennender Ölschiefer

Der spezifische Schwefelgehalt in Bezug auf die Brennsubstanz kann bis zu 10 % betragen.

Der Heizwert in Bezug auf die Rohsubstanz liegt zwischen 4 MJ/kg und 8 MJ/kg.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs versuchten die Nationalsozialisten im so genannten Unternehmen Wüste aus den Ölschiefervorkommen der Schwäbischen Alb Mineralöl für Panzer und Flugzeuge zu gewinnen, was aber nicht den gewünschten Erfolg brachte. Das Öl war so minderwertig, dass es nur in speziellen Motoren verbrannt werden konnte. Außerdem war das angewendete Meilerverfahren ineffizient. Um eine Tonne Öl zu gewinnen, benötigte man 35 t Schiefer. Bis Kriegsende wurden trotzdem rund 1500 t Öl gewonnen. Der Abbau des Schiefers wurde durch Häftlinge des KZ Bisingen in Zwangsarbeit geleistet.

Die wirtschaftliche Nutzung ist ökonomischer, wenn der Ölschiefer direkt verbrannt wird. Bei einer Extraktion der organischen Substanzen mittels Abdestillation bleiben erhebliche Restbestände im Schiefer. Bei einer großtechnischen Nutzung bleibt bei beiden Verfahren ein erheblicher Gesteinsrest, der als Abraum gelagert werden muss. Aus einer Tonne Ölschiefer lassen sich rund 50 Liter Öl gewinnen.

Bislang existiert nur im estnischen Narva ein Kraftwerk, das mit Ölschiefer befeuert wird, sowie ein Zementwerk in Dotternhausen (Baden-Württemberg), das für den Eigenbedarf Strom mit Ölschiefer herstellt. Andere Projekte wie die Suncors Erschließung in Australien sind aufgrund der geringen Energieausbeute wieder eingestellt worden.

Treibstoffgewinnung

Angesichts des möglichen Globalen Ölfördermaximums ist Ölschiefer eine mögliche Alternative zur Treibstoffgewinnung. Finanziell kann bei steigenden Ölpreisen die Gewinnung von Erdöl aus Ölschiefer wieder sinnvoll erscheinen. So wird etwa in Kanada der Ölschieferabbau in großem Stil betrieben und bei steigendem Ölpreis auch immer profitabler.

Demgegenüber stehen ökologische, energetische und in der Folge auch wirtschaftliche Gründe. So hat die Gewinnung von Erdöl aus Ölschiefer große Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid zur Folge. Einige potentielle Abbaugebiete wie die Ölschiefervorkommen in Süddeutschland befinden sich in dicht besiedelten Gebieten, für die hochtoxischen Nebenprodukte aber müssten auch entsprechend große und sichere Endlager gefunden werden.[1] Im Endeffekt gewann bis Ende 2003 weltweit nur ein einziges Unternehmen industriell aus Ölschiefer Erdöl, und seine Produktion wurde inzwischen aufgrund wirtschaftlicher und ökologischer Probleme wieder eingestellt.[1]

Siehe auch

Literatur

  • Landolt-Börnstein: Thermodynamische Eigenschaften von Gemischen, Verbrennung, Wärmeübertragung. 4. Teil, Bandteil b, Berlin 1972
  • G. Olbert: Geologie – Die Wissenschaft von der Erdgeschichte. Arbeitshefte Geographie, Ernst Klett, Stuttgart 1980

Weblinks

 Commons: Ölschiefer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Wolfgang Blendinger: Ölschiefer

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