Ägyptisches Museum der Universität Leipzig

Ägyptisches Museum der Universität Leipzig
Das Krochhochhaus, neuer Standort des Museums

Das Ägyptische Museum – Georg Steindorff – umfasst eine Sammlung Fundstücke aus mehreren Jahrtausenden, von der Altsteinzeit und den vordynastischen Kulturen Ägyptens über alle Perioden des pharaonischen Ägypten (Frühzeit, Altes Reich, Mittleres Reich, Neues Reich, Spätzeit) bis hin zur griechisch-römischen und der frühen islamischen Zeit (Fatimidendynastie).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ehemaliger Standort in der Burgstraße 21

Mit einem Glücksfall beginnt die Geschichte des Leipziger Museums. Gustav Seyffarth (1796–1885) kaufte 1840 in Triest einen mumiengestaltigen Sarg für 289 Taler. Dieser Sarg sollte der Grundstock des späteren Ägyptischen Museums werden und gehört bis heute zu dessen Glanzstücken. Seyffarth, der Professor für Archäologie an der Universität Leipzig war, gehörte zu den Schülern von Friedrich August Wilhelm Spohn (1792–1824) und wurde bald von der glühenden Leidenschaft Spohn´s für Ägypten und dessen Sprache angesteckt. Spohn beschäftigte sich neben Jean-Francois Champollion (1790–1832) und Thomas Young (1773–1829) mit der Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen, jedoch führte sein früher Tod dazu, dass kaum etwas von seinen Forschungsergebnissen veröffentlicht wurde. Seyffarth versuchte nach Spohns Tod dessen Werk zu Ende zu bringen, scheiterte jedoch. 1855 endete Seyffarths Leipziger Amtszeit mit seiner vorzeitigen Emeritierung. Er wanderte in die Vereinigten Staaten aus, starb dort 1885 hochbetagt und ziemlich vereinsamt.

Die nächste Etappe in der Geschichte der Leipziger Sammlung setzte nach fünfzehnjähriger Unterbrechung 1870 mit der Einrichtung eines Lehrstuhl für Ägyptologie durch Georg Ebers (1837–1898) ein. Den Schüler von Richard Lepsius (1810–1884) stand der Aufbau der Ägyptologie als akademische Disziplin das heißt als Lehrbetrieb im Zentrum seines Interesses. Diesen wollte er aber nicht auf die Weitergabe von Buchwissen beschränken, sondern seinen Schülern „mit Vorzeigung von bildlichen und plastischen Nachbildungen wichtiger Monumente“ illustrieren.

Ebers gelang es, eine repräsentative Auswahl von Gipsabgüssen berühmter Skulpturen und eine kleine Anzahl von Originalen trotz geringem Etats zu kaufen. Papierabklatsche von Reliefs und Inschriften fertigte er auf seinen Reisen selber an. 1873 entdeckte er den berühmten medizinischen Papyrus des Neuen Reichs, welchem er seinen Namen gegeben hat und den er der Leipziger Universitätsbibliothek übergab. Unter Ebers, wie auch unter Seyffarth, war es meist sonntags der Öffentlichkeit möglich die kleine Sammlung zu besuchen. Neben einer großen Anzahl seiner vielgelesenen populärenwissenschaftlichen Bücher verfasste Ebers auch Romane, unter anderem: „Eine ägyptische Königstochter“ 1864 und „Uarda“ 1876, welche dabei halfen, ein lebendiges Bild Ägyptens für eine breite Öffentlichkeit nachzuzeichnen. 1889 ließ sich Ebers, wie sein Vorgänger, vorfristig in den Ruhestand versetzt, verließ Leipzig und setzte sich in Tutzing am Starnberger See zu Ruhe, wo er auch 1898 verstarb.

Als Nachfolger Ebers wird – nach erneuter Unterbrechung – 1893 Georg Steindorff (1861–1951) an die Universität berufen. Unter ihm sollte die Leipziger Sammlung ihr wesentliche Prägung erhalten. G. Steindorff war ein Schüler Adolf Ermans (1854–1937) und hatte unter dessen Leitung als Direktoralassistent am Ägyptischen Museum in Berlin gearbeitet. Seine Erfahrung nutzend wandte er viel Kraft, Phantasie und Organisationstalent dafür auf, die kleine Lehrsammlung zu einem veritablen Museum auszubauen. Während seiner zahlreichen Ägyptenreisen erwarb er verschiedene Gegenstände des Haus – und Grabgebrauchs und kleinere Kunstwerke um den Fundus des Museums zu vergrößern. Zudem gelang es ihm im großen Stil Sponsoren zu mobilisieren; Vordynastische Keramik wurde mehrfach von dem Egypt Exploration Fund in London gestiftet, sowie durch die Grabung der Berliner Deutschen Orient-Gesellschaft in Abusir, die die komplette Grabausstattung des Totenpriesters Herischefhotep an Steindorff übergab. Durch private Spende wurden auch die Grabungen 1903, 1905, 1906, 1909 und 1910 finanziert. Diese erweiterten die Sammlung um zahlreiche Fragmente von Königsplastiken und prachtvolle Steingefäße, die Ausgrabungen von 1912, 1914 und 1930/31 um Keramik und andere Fundstücke der unternubischen Aniba- und Kermakultur. Der Erste Weltkrieg bedeutete einen tiefen Einschnitt für alle, die mit der Erforschung Ägyptens vor Ort beschäftigt waren. Durch den Krieg hatten viele Gönner ihr privates Vermögen verloren und es war schwer, Geld für weitere Grabungskampagnen zu erhalten. Steindorff ließ sich dadurch jedoch nicht entmutigen und durch zahlreiche Kontakte zu ausländischen Kollegen gelang es ihm, in dieser Zeit zahlreiche Neuerwerbungen zu beschaffen. Am 21. Mai 1916 wurde das Ägyptische Museum im Anbau am Johanneum der Universität neueröffnet. In den nächsten Jahren lehrte, forschte und reiste G. Steindorff und vergrößerte die Sammlung immer mehr. Mit dem Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland wurde Steindorff, aufgrund seiner jüdischen Herkunft, mehr und mehr behindert. Seine Emeritierung wäre eigentlich Ende März 1931 fällig gewesen, wurde aber wegen Schwierigkeiten, einen neuen Nachfolger zu finden, zunächst um zwei Jahre und 1932 und 1933 jeweils um ein weiteres Jahr verschoben, bis sie Ende März 1934 endgültig in Kraft trat. In letzter Minute gelang es ihm im März 1939 mit seiner Familie in die USA auszuwandern, wo er 1951, nahezu neunzigjährig, in Kalifornien starb. Steindorff gebührt der große Verdienst innerhalb von zwanzig Jahren die bedeutendste ägyptische Universitätssammlung auf deutschen Boden aufgebaut zuhaben, zugleich wohl auch eine der bedeutendsten im europäischen Raum.

Steindorffs Nachfolger Walther Wolf (1900–1973) war als Privatdozent am Institut und Museum tätig. 1939 wird Wolff zur Wehrmacht eingezogen. Nach Kriegsende kehrte er, wohl aufgrund seiner Verwicklung in das NS- System, nicht mehr nach Leipzig zurück. Er wurde 1949 zunächst Gastprofessor und von 1959 an ordentlicher Professor für Ägyptologie in Münster. Er veranlasste die Auslagerung von Teilen der Sammlung.

Die Durchführung der Auslagerung fiel Siegfried Morenz (1914-1970) zu. Er studierte Theologie und Ägyptologie an der Universität. Als wissenschaftliche Hilfskraft „auf Kriegszeit“ verpackte er im Frühjahr 1943 alles was wertvoll und transportabel war in Kisten, die in zwei Orten der sächsischen Provinz untergebracht wurden. Der Rest, vor allem die ortsgebundenen Gipsabgüsse und bedeutende Reliefs des Alten Reichs und meroitische Grabreliefs, blieb im Museum und wurde während des großen Bombenangriff vom 4. Dezember 1943 zerstört. Nur wenige Reste konnten aus den Trümmern geborgen werden.

Auch die Etappe des Wiederaufbaus der Leipziger Ägyptologie ist mit dem Namen Siegfried Morenz verbunden. Zuerst als Assistent und Dozent, später als Ordinarius und Institutsdirektor sorgt er für eine neue Unterkunft im Erdgeschoss des Universitätsgebäudes Schillerstraße 6. In dessen Kellern hatte weiterer ausgelagerter Museumsbesitz die Angriffe überstanden. Dort gelang es ihm 1951 mit einem Teil der sichergestellten und von inzwischen zurückgekehrten Originale eine kleine Ausstellung aufzubauen.

Rinderfigur, Ton, 1. Hälfte des 2. Jahrtausends v.u.Z.
Frauenkopf, Ton, 1. Hälfte des 2. Jahrtausends v.u.Z

Wir haben nicht mehr alles, aber wir haben noch vieles, und nicht weniges davon ist gut.
(Fazit Morenz, das er über die Rückführung der Gegenstände vor der Sächsischen Akademie der Wissenschaft zog)

Nach Morenz' plötzlichem Tod 1970 bestand die Gefahr, dass der Museumsbestand auf andere Institute aufgeteilt wird. Morenz zurückgebliebene Mitarbeiterschaft setzte sich jedoch für den Bestand der Sammlung ein. Durch verschiedene Studioausstellungen in Leipzig und Sonderausstellung in Sachsen und Thüringen schaffte es die Gruppe innerhalb von kurzer Zeit zu zeigen, dass das Museum unentbehrlich ist und eine Dauerausstellung in der Schillerstraße 6 am 12. Mai 1976 zu eröffnen. Die Wiedereröffnung war nicht nur das Ende einer Arbeitsetappe, sondern bildetet zugleich den Auftakt einer Neuen. Jetzt ging es darum, das Erreichte zu festigen und auszubauen. Mit Elke Blumenthal (*1938) und ihren Mitarbeitern gelang nicht nur dieses, sondern auch, dass das das Institut gefördert und stabilisiert wurde. Seit 1999 führt Hans-Werner Fischer-Elfert (*1954) das Ägyptologische Institut und das Museum.

Auf Beschluss des Berliner Verwaltungsgerichts muss die Universität Leipzig die von Georg Steindorff in die Sammlung eingebrachten Stücke an die Jewish Claims Conference übertragen, da es das Gericht als erwiesen ansah, dass Steindorff die Stücke aus Angst vor den Nationalsozialisten unter Wert an die Universität verkaufte. Dennoch einigten sich die Jewish Claims Conference und die Universität, womit die Steindorff-Sammlung wie er es selbst wollte in Leipzig verbleiben kann.

Kontakt

Seit Juni 2010 ist das Museum im Krochhochhaus am Augustusplatz untergebracht. Hier kann erstmals die komplette Sammlung zusammenhängend präsentiert werden. Zuvor befand es sich zwischenzeitlich in der Burgstr. 21, wo nur eine stark reduzierte Ausstellungsfläche zur Verfügung stand. Geöffnet ist das Museum dienstags bis samstags von 13 bis 17 Uhr, sonntags und an Feiertagen von 10 bis 13 Uhr.

Literatur

  • Elke Blumenthal: Altes Ägypten in Leipzig: Zur Geschichte des Ägyptischen Museums und des Ägyptologischen Instituts an der Universität Leipzig. Hrsg. v. Rektor der Karl-Marx-Universität Leipzig, Leipzig 1981.
  • Renate Krauspe: Das Ägyptische Museum der Karl-Marx-Universität Leipzig. Führer durch die Ausstellung. Hrsg. v. Direktorat für Forschung der Karl-Marx-Universität Leipzig, Leipzig 1987.
  • Renate Krauspe (Hrsg.): Das Ägyptische Museum der Universität Leipzig. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1997, ISBN 3-8053-2007-8.
  • Renate Krauspe (Hrsg.): Katalog ägyptischer Sammlungen in Leipzig. Band 1. Statuen und Statuetten. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1997, ISBN 3-8053-1883-9.
  • Renate Krauspe (Hrsg.): Katalog ägyptischer Sammlungen in Leipzig. Band 2. Tongefäße von der vordynastischen Zeit bis zum Ende des Mittleren Reiches. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1998, ISBN 3-8053-2327-1.

Weblinks

 Commons: Ägyptisches Museum der Universität Leipzig – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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