William Slim, 1. Viscount Slim

William Slim, 1. Viscount Slim
William Joseph Slim

Feldmarschall William Joseph Slim, 1. Viscount Slim, KG, GCB, GCMG, GCVO, GBE, DSO, MC (* 6. August 1891 bei Bristol; † 14. Dezember 1970 in London) war ein britischer Truppenkommandeur und der 13. Generalgouverneur von Australien.

Inhaltsverzeichnis

Frühe Jahre

Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde Slim Leutnant im Royal Warwickshire Regiment. Er wurde bei Gallipoli schwer verwundet und diente später in Frankreich und Mesopotamien.

Im Jahr 1919 wurde Slim zum Hauptmann in der Britisch-Indischen Armee befördert. Dort diente er bis 1934 in Gurkha-Regimentern. Von 1934 bis 1937 lehrte er am Camberley Military College. 1939 wurde er zum Brigadegeneral befördert und gleichzeitig Chef der Stabsoffiziersschule in Belgaum, Indien.

Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde Slim mit der Indischen 10. Brigade als deren Kommandeur in den Sudan gesandt. Von dort aus nahm er am Ostafrikafeldzug teil, durch den die Italiener aus Äthiopien vertrieben wurden. Er wurde in Eritrea wieder verwundet.

Danach wurde er in den Stab von General Archibald Wavell beim Kommando Naher Osten (Middle East Command) versetzt. Dort hatte er als Generalmajor das Kommando über die britischen Streitkräfte beim Feldzug im Nahen Osten. Hierbei befehligte er insbesondere die 10. Indische Infanteriedivision während des Syrien-Libanon-Feldzuges 1941 gegen Vichy-treue französische Streitkräfte und bei der Invasion von Persien.

Burma-Feldzug

Im März 1942 wurde Slim in Burma das Kommando über das BurCorps gegeben, das zu diesem Zeitpunkt aus der Indischen 17. Division und der Burmesischen 1. Division bestand. Burma wurde zu diesem Zeitpunkt von Japan angegriffen. Die Einheiten waren den japanischen Streitkräften zahlenmäßig stark unterlegen und mussten sich bald nach Indien zurückziehen.

Es gelang Slim, den Großteil seiner geschlagenen Kräfte aus Burma herauszubringen. Danach übernahm er das XV. Korps, das die Küstengebiete von Burma bis Indien östlich von Chittagong schützte. Während dieser Zeit entwickelte er eine neue Methode der Kriegführung, die das Ziel hatte, den Japanern den Vorteil ihrer höheren Mobilität in der Offensive und Tiefe der Verteidigung zu nehmen. Weiterhin machte er sich daran, die schnell anwachsende Ostarmee auszubilden und ihre Moral, ihr Selbstvertrauen und ihre Fähigkeiten zu stärken.

Jedoch wurde ihm das Kommando über das XV. Korps vom unfähigen Führer der Ostarmee, Noel Irwin, entzogen. Slim hatte seit mehr als einem Jahr geplant, das XV. Korps auf die Arakan-Halbinsel vorrücken zu lassen. Sein Plan beinhaltete eine indirekte Annäherung, Versorgung aus der Luft, eine konzentrierte Attacke und Verteidigung und eine Zusammenarbeit auf allen Ebenen zwischen Luftstreitkräften und Bodentruppen. Irwin ließ all dies unbeachtet und wählte stattdessen die traditionelle Form des direkten Angriffs, was jedoch scheiterte. Daraufhin trat Irwin zurück und befahl Slim, wieder das Kommando über das XV. Korps zu übernehmen.

Wiederum musste Slim in einer kritischen Lage einspringen, weil beträchtliche Teile seines Korps von den Japanern vernichtet worden waren. Erneut gelang es Slim, den Großteil seiner Streitkräfte aus einer schwierigen Situation zu befreien.

Irwin gab zunächst Slim die Schuld am desaströsen Angriff auf der Arakanhalbinsel, jedoch wurde Slim später der Oberbefehl über die neue Britische 14. Armee gegeben.

Er ging zügig die Aufgabe an, seine neue Armee dafür auszubilden, den Gegner anzugreifen. Als Grundsatz galt, dass die Mobilität abseits der befestigten Straßen von allergrößter Wichtigkeit war: Statt schwere Ausrüstung einzusetzen, wurde leichteres Material verwendet, das von Maultieren und durch die Luft transportiert werden konnte. Es wurde versucht, mit einem Minimum an Nachschub durch Fahrzeuge auszukommen. Sofern dies unausweichlich war, wurden nur solche Fahrzeuge eingesetzt, die in diesem für die Kriegführung widrigsten Gelände zurechtkamen. Von nun an gab es keine Unterscheidung mehr zwischen Kampftruppen und Kampfunterstützungstruppen. Alle Soldaten wurden zum Kampf als Infanteristen ausgebildet. Die neue Doktrin ging davon aus, dass, sobald die Japaner die Kommunikationsstränge durchschnitten hätten, auch sie selbst abgeschnitten seien. In diesem Fall sollten alle Einheiten eine Verteidigungsstellung (Box) einnehmen, die aus der Luft versorgt werden sollte. Die eingeschlossenen Truppen sollten durch Panzereinheiten und taktische Luftwaffenverbände unterstützt werden. Zwischen den Verteidigungsstellungen und den Reserveeinheiten sollten dann die Japaner zerschlagen werden.

Diese Theorie wurde im Januar 1944 in der Praxis auf die Probe gestellt, als die zweite Offensive auf der Arakanhalbinsel durch eine japanische Gegenoffensive gekontert wurde, die schnell die Indische 7. Infanteriedivision, Teile der 5. Indischen und der Westafrikanischen 81. Division einschloss. Die Verteidigung der 7. Division beruhte zum großen Teil auf der Verwaltungsbox, die zu Beginn aus Fahrern, Köchen, Nachschubtruppen etc. bestand, die nun so kämpfte, wie „Onkel Bill“, wie Slim genannt wurde, es ihnen befohlen hatte. Sie wurden aus der Luft mit Nachschub versorgt, so dass die verlorenen Nachschublinien nur eine geringe Bedeutung hatten. Damit konnten die japanischen Streitkräfte beinahe vollständig von den zu Hilfe eilenden Reservedivisionen aufgerieben werden, die aus dem Norden herbeieilten.

Doch Arakan war nur ein Ablenkungsmanöver. Der japanische Hauptstoß war auf Imphal gerichtet, Hunderte von Kilometern im Norden. Slim wurde zunächst überrascht, doch konnte er seine Kräfte neu formieren. Er ließ zwei komplette kampferprobte Infanteriedivisionen, die 5. und die 7. Division, vom Kampfgebiet in Arakan aus geradewegs hinein in die neue Schlacht im Norden per Lufttransport verlegen. Dort wiederholte sich das gerade in Arakan Erlebte in einem viel größeren Umfang – in Orten wie Imphal, Sangshak und Kohima wurden Verteidigungsoperationen ausgefochten. Dabei wurde der Nachschub von der Royal Air Force und der USAAF eingeflogen.

Wiederum konnten die Japaner geschlagen werden. Damit wurden der Kaiserlich Japanischen Armee schwere Niederlagen zugefügt.

Im Jahr 1945 ging Slim sein bis dahin größtes Wagnis ein – eine Offensive in der Art eines Blitzkrieges nach Burma. Dabei dehnten sich die Nachschublinien über Hunderte von Kilometern durch unwegsamen Dschungel. Der Irrawaddy wurde mit einer langen Bailey-Brücke überquert, die zum großen Teil mit Mauleseln und durch die Luft herantransportiert worden war. Es wurde die Stadt Meiktila und kurze Zeit später Mandalay eingenommen. Die Alliierten gingen dann in eine bewegliche Verteidigung über, bei der sie aus ihren Stellungen ausbrachen und die japanischen Angreifer einschlossen und aufrieben. Sie behielten zu jeder Zeit die Initiative. Die alliierten Streitkräfte profitierten dabei von einer nahezu idealtypischen guten Luftunterstützung, sowohl beim Nachschub aus der Luft als auch bei Luftangriffen auf gegnerische Bodenziele. Dadurch wurden alle größeren japanischen Einheiten in Burma zerstört; Rangun konnte im Mai 1945 mittels einer kombinierten amphibischen Operation zurückerobert werden.

Nachkriegszeit

Statue in Westminster, London

Nach dem Krieg wurde Slim Oberbefehlshaber über die Alliierten Landstreitkräfte in Südostasien. Im Jahr 1948 kehrte er nach England zurück, wo er zum Leiter der Imperialen Verteidigungsschule (Imperial War College) und danach zum Chef des Imperialen Generalstabes wurde. 1953 wurde er zum Feldmarschall befördert. Er übernahm das Amt des Generalgouverneurs von Australien, ohne aus der Armee auszuscheiden. Seine korrekte Anrede als Generalgouverneur war deshalb Feldmarschall Sir William Slim.

Obwohl die öffentliche Meinung in Australien gegenüber einem britischen Generalgouverneur nicht mehr so positiv war wie vor dem Krieg, so war Slim doch eine populäre Wahl. Er war ein echter Kriegsheld, der in Gallipoli und im Nahen Osten Seite an Seite mit australischen ANZAC-Truppen gekämpft hatte. 1954 begrüßte er Königin Elisabeth II. als ersten regierenden Monarchen zu Besuch in Australien.

Slims Aufgaben als Generalgouverneur waren ausschließlich zeremonieller Natur, und es gab während seiner Amtszeit keine Kontroversen. Der Führer der Liberalen Robert Menzies blieb während Slims gesamter Amtszeit Regierungschef. 1959 ging Slim in Ruhestand und kehrte nach Großbritannien zurück. Er veröffentlichte seine Memoiren mit dem Titel Unofficial History und Defeat Into Victory. 1960 wurde ihm der Titel Viscount Slim, of Yarralumla and Bishopston verliehen. Er starb am 14. Dezember 1970 in London.

Slim in der Führungsforschung

Neben seine Popularität bei der Truppe und seinen militärischen Leistungen wurde auch Slims Ansatz zur Menschenführung viel beachtet und wird auch heute noch in der Führungsforschung diskutiert.[1] Sein ruhiges und bescheidenes Auftreten in einer Vielzahl von Einzelgesprächen ebenso wie seine Integrität und Fairness schufen Vertrauen, während er gleichzeitig seine Armee grundlegend reformierte. Slim unterschied genau zwischen Führung und Management; letzterem fehle die emotionale Komponente.

Er definierte Moral als „unsichtbare Kraft“, die es Menschen möglich mache, mit Überzeugung einem Ziel entgegenzuarbeiten. Die Grundlagen der Moral seien - in der Reihenfolge ihrer Bedeutung - spirituell, intellektuell und materiell. Spirituell bedeutet, eine emotionale Verbindung zum Ziel herzustellen, intellektuell, diese Begeisterung auf die faktischen Verhältnisse zu übertragen.[2] Die materielle Ebene schätzte Slim eher gering, da er meinte, die größten Leistungen und die höchste Moral würden häufig unter materiell beengten Umständen erzielt. Er warnte vor dem Gebrauch von Stereotypen und Vorurteilen, z.B. ging er entschieden gegen rassische Diskriminierung in seiner Armee vor. Stereotype seien gefährlich, da sie beim Leader wie auch bei seinen Untergebenen leicht zur Entstehung von Illusionen und letztlich zu Arroganz führen würden. So seien Selbstdarstellung und Image eines Leaders in der Praxis nicht hilfreich; jeder Führende hätte schlussendlich nur seine eigene Persönlichkeit zur Verfügung:

„If I were asked to define leadership, I should say it is the projection of personality. It is the most intensely personal thing in the world because it is just plain you.“

Sir William Slim

Literatur

Einzelnachweise

  1. Financial Times: Leadership while in the line of fire
  2. Philip Sadler: Leadership. Kogan Page Publishers, London 2003 ISBN 074943919X S. 141ff.
Vorgänger Amt Nachfolger

Bernard Montgomery
Chef des Imperialen Generalstabes
1948–1952

John Harding

Titel neu geschaffen
Viscount Slim
1960–1970

John Slim

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