Tiki-Kultur

Tiki-Kultur
"The Bali Ha'i", ein Restaurant in New Orleans in den 1950er Jahren

Die Tiki-Kultur oder Tiki-Style oder auch polynesian pop bezeichnet eine Modewelle, die in die Gestaltung von unzähligen Kunst- und Alltagsgegenständen, z. B. Cocktailbechern (tiki mugs), Lampen, Körperschmuck, Skulpturen usw., sowie in die Wohnhaus-, Bar-, Restaurant- und Hotel-Architektur Eingang fand, erreichte seine Blüte in den späten 50er bis frühen 60er Jahren des 20. Jahrhunderts, vor allem nachdem Hawaii 1959 zum 50. Bundesstaat der USA wurde.

In den 1970ern ebbte die Exotik-Welle ab, in den 1980ern begannen ihre Erzeugnisse im großen Stil aus dem öffentlichen Bild vor allem der USA wieder zu verschwinden. In dieser Zeit wurden die Relikte einer kaum thematisierten Pop-Kultur von einer neuen Generation wiederentdeckt und der Begriff „Tiki“ zur allgemeinen Bezeichnung Südsee-inspirierter Trivialkultur erweitert. Ende der 1990er Jahre kam es weltweit zu einem „Tiki-Revival“.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Tikis stellen zumeist aus Palmholz geschnitzte, aber zum Teil auch in Stein gehauene Ahnenfiguren dar, die im Ahnenkult einiger Südseekulturen gleichbedeutend mit Götterfiguren sind. Der Begriff kann auf den Marquesas-Inseln direkt nachgewiesen werden, kommt aber als hei-tiki auch bei den Māori in Neuseeland vor, wo er für die figurative Darstellung eines Embryos steht. Hei-tiki werden häufig aus Pounamu (Greenstone, Neuseeland-Jade, Nephrit) geschnitzt und an einer Flachs-Schnur als Amulett um den Hals getragen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem zahlreiche amerikanische und japanische Soldaten während der Kampfhandlungen in der Südsee mit der dortigen Kultur in Kontakt kamen, findet der Begriff „Tiki“ Einlass in den westlichen Kulturkreis. Zunächst vor allem an der Westküste der USA, später weltweit. Hier entwickelt er sich im Zuge einer allgemeinen Südsee- und Exotik-Mode zur Bezeichnung für alle Arten von „primitiven“ Götterfiguren, auch für Imitationen, die entweder nur für westliche Touristen angefertigt werden, oder sogar von Künstlerhand im Westen in zum Teil sehr freier Nachahmung von Formen der Südseekunst entstehen. Begünstigt wird die Übernahme von Tikis in die westliche Trivialkultur durch die moderne Kunst, als bereits Ende des 19. Jahrhunderts Künstler wie Pablo Picasso oder Georges Braque die primitive Kunst der Urvölker entdecken und mit dem damals vorherrschenden Impressionismus in der Malerei zum Primitivismus verschmelzen. Weltweit bekannt wird der Begriff 1947 durch den norwegischen Forscher Thor Heyerdahl, der mit einer Floßfahrt von Ecuador zu den polynesischen Tuamotu-Inseln die Möglichkeit einer Besiedlung der Südsee von Südamerika aus beweisen wollte. Sein Expeditions-Tagebuch Kon-Tiki wurde ein weltweiter Bestseller.

Musik

Auch in der Musik gibt es komplementäre Ansätze die sich als Polynesian Pop einordnen lassen wie z.B. hawaiische Hapa Haole Songs, Hawaiian Novelties, Tamouré und Exotica

Hapa Haole

Schon Anfang des 20. Jahrhundert begannen hawaiische Musiker viele ihrer Songs halb in Englisch und halb auf Hawaiisch zu schreiben (Hapa Haole)[1] um auch international mehr Erfolg zu haben. Dieser Stil wurde auf der ganzen Welt populär und hat auch viele Nicht-Hawaiier auf der ganzen Welt inspiriert, diese Musik zu spielen (z.B. Felix Mendelson in England, die Hula Hawaiians in der Schweiz oder Frank Baum in Deutschland, auch Gruppen wie, das Hula Hawaiian Quartett, die Hilo Hawaiians, die Kilima Hawaiians).

Hawaiian Novelty

Hawaii war Traumziel schlechthin für jeden Amerikaner in den 50er Jahren und Projektion für das wieder gefundene Paradies auf Erden. So entstand eine wahre Flut an Aufnahmen im sogenannten Stil der Hawaiian Novelty, bei denen man die damals populären Musikstile wie z.B. Rock'n'Roll mit Hawaii-Elementen kombinierte. Unzählige Künstler aus den Bereichen Western Swing, Hillbilly, Country, Rockabilly, R'n'B, Rock'n'Roll, Pop, Jazz, Latin, ließen sich von der Südsee inspirieren.

Beispiele sind:

  • Western Swing: Bob Wills – Hula Lou
  • Country: Moon Mullican - Honolulu Rock-A Roll-A
  • Rockabilly: Buddy Knox - Hula Love
  • R'n'B: Connie Russell - Ayuh Ayuh
  • Rock'n'Roll: Elvis Presley – Rock A Hula Baby
  • Pop: Annette – Pineapple Princess
  • Jazz: Ella Fitzgerald - Hawaiian War Chant
  • Latin: Perez Prado – Hawaiian War Chant)

Auch Jimmie Rodgers (Everybody Does It in Hawaii) oder Jerry Byrd, der berühmt für seinen Hawaiian-Novelty-Sound war, nahmen Titel im Novelty-Stil auf. Schon vor den 1950er Jahren gab es eine schlichtweg unübersehbare Flut an Hawaiian-Musikern und Hawaiian-Bands.

Tamouré

Das traditionelle "Vini-Vini" aus Tahiti wurde in Neueinspielungen weltweit ein Hit und löste Anfang der 60er weltweit eine Begeisterung für den Tanz Tamouré und dessen Rhythmen aus Tahiti aus. Deutsche Versionen stammten von den Tahiti-Tamourés, Wyn Hoop und Jane Swärd (die DDR-Fassung), die italienische von Betty Curtis, US-amerikanische gibt es von Bill Justis, Don Costa.[2] & Arthur Lyman, holländische von den Kilima Hawaiians & Ria Valk, tahitianische Versionen gibt es unter anderem von Les Kaveka, Charlie Mauu & Roche's Tahitians & Terorotua And His Tahitians

Exotica

Hauptartikel: Exotica

Hierbei sei bemerkt, dass klassische Exotica-Musik mehr Elemente von karibischer Musik enthält als polynesische.

Tattoo

Ebenfalls ein interessanter Aspekt ist die Tatsache, dass der "Tiki" als solcher in den letzten Jahren ein immer beliebteres Tattoo-Motiv geworden ist. Er wird dort meist als "stiller Beobachter aus dem Wald", "eine Art Draufgänger-Metapher (meist in Form eines Hotrodfahrers)" oder als ein "Schürzenjagendes Monster (das jungen, in den meisten Fällen halbnackten, Frauen, an Stränden nachstellt)", karikiert.

Quellen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. hapa: "halb", haole: Bezeichnung für Weiße, siehe hapa haole in Hawaiian Dictionaries
  2. http://musiccollect.kostenloses-forum.org/mforum/musiccollect/about635.html

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