Tag von Eleusis

Tag von Eleusis

Als Tag von Eleusis wird in der althistorischen Forschung der frühe Julitag im Jahr 168 v. Chr. bezeichnet, an dem Gesandte der römischen Republik den Seleukidenkönig Antiochos IV. ultimativ und letztendlich erfolgreich zum Abzug aus dem ptolemäischen Ägypten aufforderten.

Inhaltsverzeichnis

Ausgangssituation

Antiochos IV. hatte 169 v. Chr. im so genannten Sechsten Syrischen Krieg eine ägyptische Invasionsarmee beim Grenzort Pelusion geschlagen. Als Reaktion auf diesen Angriff marschierte ein seleukidisches Heer in Ägypten ein, wo es kaum auf nennenswerten Widerstand stieß. Am ptolemäischen Königshof tobten zudem interne Machtkämpfe, die Antiochos ausnutzen konnte: Der Seleukide verständigte sich mit Ptolemaios VI., während sich eine Gegenregierung unter Ptolemaios’ jüngerem Bruder Ptolemaios VIII. formierte und weiter Widerstand leistete. Antiochos, dem die Eroberung Alexandrias nicht gelang, brach aufgrund innenpolitischer Probleme den Feldzug vorerst ab, kehrte aber im Jahr darauf nach Ägypten zurück, wo sich in der Zwischenzeit die zerstrittenen ptolemäischen Geschwister wieder ausgesöhnt hatten.[1]

Am alexandrinischen Hof hatte man sich erfolglos um ein Bündnis mit dem Achaiischen Bund bemüht und setzte nun alle Hoffnungen auf Rom, die neue Hegemonialmacht im östlichen Mittelmeerraum. Die römischen Truppen waren jedoch vorerst noch in Makedonien gebunden, wo Rom gegen König Perseus von Makedonien Krieg führte. Dessen Bündnisersuchen hatte Antiochos bewusst abgewiesen, um die Römer nicht noch zusätzlich zu verärgern. Dennoch plante er nun offenbar, das Ptolemäerreich, wenn nicht zu liquidieren, so doch so stark wie möglich zu schwächen. Denn fast zeitgleich mit der erneuten Invasion Ägyptens im Frühjahr 168 v. Chr. wurde auch eine erfolgreich verlaufende Expedition nach Zypern unternommen, das ebenfalls ptolemäisch war.

Antiochos konnte sich ausrechnen, dass Rom einer Vereinigung des Ptolemäerreiches mit dem Seleukidenreich entschieden entgegentreten würde, und so stellte er die Forderung, man sollte ihm Zypern, die Festung Pelusion und das umliegende Land übergeben. Diese (relativ genügsamen) Forderungen trugen wohl auch den seleukidischen „Sicherheitsinteressen“ Rechnung, da so einer weiteren ptolemäischen Invasion vorerst ein Riegel vorgeschoben wurde. In Alexandria ging man darauf aber nicht ein.

Antiochos besetzte daraufhin große Teile Oberägyptens, einschließlich der alten Metropole Memphis, das er kampflos einnahm. Offenbar plante er nun eine dauerhafte Annexion der besetzten Gebiete, da er in Memphis auch einen Verwalter einsetzte. Ob sich Antiochos auch zum Pharao krönen ließ, ist jedoch unsicher und in der Forschung umstritten. Anschließend rückte Antiochos zum zweiten Mal gegen Alexandria vor. Der seleukidische Sieg schien fast vollkommen zu sein, als plötzlich eine römische Gesandtschaft eintraf, die sich vorher noch auf Delos befunden und dort von der Invasion erfahren hatte.

Verlauf

Der Wortführer der Delegation, der angesehene Politiker Gaius Popillius Laenas, traf sich mit Antiochos Anfang Juli 168 v. Chr. in Eleusis, einem Vorort von Alexandria. Was nun folgte, ist durch antike Quellen gut belegt:[2] Ohne sich mit diplomatischen Formalitäten aufzuhalten – so ignorierte er den Gruß des Königs –, trat Popillius Antiochos entgegen und forderte ihn ultimativ auf, den Krieg sofort zu beenden und innerhalb kürzester Zeit den Rückzug anzutreten. Antiochos IV. war sichtlich überrumpelt und erbat sich Bedenkzeit aus. Da soll Popillius mit einem Stab einen Kreis um den König in den Sand gezogen und ihn aufgefordert haben, hier und jetzt eine verbindliche Antwort zu geben. Sollte er den Kreis verlassen, ohne die erwünschte Antwort gegeben zu haben, befände er sich im Krieg mit Rom. Zutiefst beschämt musste Antiochos zustimmen: Der Krieg wurde beendet und die seleukidischen Truppen zogen aus Ägypten und auch von Zypern ab; Antiochos verließ Ende Juli auf dem Seeweg Pelusion; ihm war aber auch wohl kaum eine andere Wahl geblieben, da römische Truppen bereits im Juni in der Schlacht von Pydna über Makedonien triumphiert hatten: Auf eine römische Intervention konnte es der König nicht ankommen lassen, wie ihm das Beispiel Makedonien zeigte, das zerschlagen und 148 v. Chr. in eine römische Provinz umgewandelt wurde.[3]

Folgen

Eine Folge dieses äußerst wirkungsmächtigen, aber auch schroffen Vorgehens des Popillius (neben der demütigenden Vorführung des Seleukiden durch Rom) war die eindrucksvolle Untermauerung des römischen Hegemonieanspruchs im östlichen Mittelmeerraum, wo die einstigen hellenistischen Großmächte zu fast ohnmächtigen Statisten degradiert worden waren. Die nachfolgende römische Politik war denn auch darum bemüht, die übrig gebliebenen Mächte zu schwächen, wo immer es ging, und jede Machtverschiebung zu verhindern.[4] Auch die taumelnde ptolemäische Herrschaft über Ägypten wurde noch einmal bestätigt, aber nur um den Preis, von nun an nicht mehr als ein römisches Protektorat zu sein, wenn die Eigenständigkeit auch formal gewahrt wurde.[5] Das Ende dieser Entwicklung war im 1. Jahrhundert v. Chr. erreicht, als zunächst die Reste des Seleukidenreichs in Syrien (64/63 v. Chr.) und schließlich Ägypten (30 v. Chr.) römische Provinzen wurden.

Literatur

Vgl. auch die diversen Überblicksdarstellungen zur Geschichte der römischen Republik und des Hellenismus.

  • Erich S. Gruen: The Hellenistic World and the Coming of Rome. Berkeley 1986 (original 1984 in 2 Bde.).
  • Heinz Heinen: Die politischen Beziehungen zwischen Rom und dem Ptolemäerreich von ihren Anfängen bis zum Tag von Eleusis (273–168 v. Chr.). In: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt I, 1, Berlin/New York 1972, S. 633–654.
  • Peter Franz Mittag: Antiochos IV. Epiphanes. Eine politische Biographie (Klio-Beihefte N.F. 11). Berlin 2006.

Anmerkungen

  1. Zu Antiochos’ Feldzügen vgl. nun vor allem Mittag, Antiochos IV., S. 159ff.
  2. Siehe vor allem Polybios 29,27.
  3. Vgl. Mittag, Antiochos IV., S. 214ff.
  4. Vgl. Klaus Bringmann, Geschichte der römischen Republik, München 2002, S. 142f.
  5. Allerdings hat sich Gruen darum bemüht, diesen Aspekt herunterzuspielen: Gruen, Hellenistic World, S. 691f.; vgl. aber die gegenteiligen Aussagen, ausschnittsweise gesammelt ebd. S. 692, Anm. 99.

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