Stift Wallenstein

Stift Wallenstein

Das Stift Wallenstein ist beziehungsweise war ein evangelisches Frauenstift erst in Homberg (Efze), dann ab 1830 in Fulda.

Gräfin Maria Amalia von Schlitz genannt von Görtz, geborene von Wallenstein (* 3. August 1691 in Homberg (Efze), † 31. Dezember 1762 in Frankfurt a. M. als Letzte der hessischen, ursprünglich auf der Burg Wallenstein im Knüll ansässigen Wallensteins), hatte 1759 in ihrem Testament das Stift Wallenstein als Versorgungseinrichtung für gräfliche und adlige Frauen "beider Konfessionen" (lutherisch und reformiert) in Homberg (Efze) gestiftet, und Kaiser Franz I. hatte 1783 diese Stiftung bestätigt. Das Stift wurde als Folge des sogenannten Dörnbergschen Aufstandes von 1809 gegen die Napoleonische Herrschaft, bei dem die Äbtissin Marianne Freiin vom und zum Stein, eine Schwester des preußischen Reformers Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein, die Aufständischen unterstützt hatte, im Jahr 1830 nach Fulda verlegt, zumal das in Homberg zur Verfügung stehende Gebäude zu klein geworden war.

Im Jahre 1832 erwarb das Stift in Fulda das 1732 von Baumeister Andrea Gallasini im Barockviertel zwischen Dom und Schloss errichtete Palais Buseck. Der durch die Säkularisation entmachtete letzte Fuldaer Fürstabt Adalbert von Harstall lebte von 1803 bis zu seinem Tode 1814 in diesem Palais.

Im 19. Jahrhundert war das Stift Zentrum der 1803 vom kurzzeitigen Landesherrn Wilhelm Friedrich von Oranien 1803 gegründeten evangelischen Kirchengemeinde. Da der Gemeinde bis zum Bau der Christuskirche (1896) keine eigenen Räume zur Verfügung standen, stellten die Stiftsdamen solche zur Verfügung. So entstand auf Initiative der Stiftsdamen 1887 auf ihrem Gelände eine "Kleinkinderbewahranstalt", Vorläufer des heutigen Evangelischen Kindergartens der Christuskirche. Ebenso wurde 1897 eine Diakonissenstation auf ihrem Gelände errichtet. Bis die evangelische Kirchengemeinde 1910 ein eigenes Gemeindehaus erhielt (heute Evangelisches Zentrum "Haus Oranien"), konnte auch der Kirchenchor in Räumen des Stifts üben. Jahrzehntelang trafen sich dort im Rahmen des Deutschen Frauen-Missions-Gebetsbundes (DFMGB) evangelische Frauen bei Äbtissin Thekla von Holleben (* 22. Juni 1876 in Königsee/Thüringen, † 4. Februar 1959 in Fulda).

1992 wurde das ehemals selbständige Stift Wallenstein mit der Althessischen Ritterschaft verschmolzen. Die letzte Stiftsdame verließ 2006 das barocke Gebäude am Fuldaer Bonifatiusplatz, das nun anderen Zwecken dient. Die letzte Äbtissin, Wilhelmine von Sandersleben, die seit 2005 in Fulda im Evangelischen Alten- und Pflegeheim Emmaus gelebt hatte, starb dort am 15. April 2010 im 90. Lebensjahr und wurde am 23. April 2010 auf dem Stiftsfriedhof am Frauenberg beerdigt.

Ausstellung 2010

Vom 11. Februar bis 11. April 2010 zeigte das Vonderau Museum in Fulda die Sonderausstellung: "Freiheits[t]räume - Das Freiadelige Stift Wallenstein von 1759 bis 1992." Zur Ausstellung erschien ein Begleitband (Vonderau Museum - Kataloge Bd. 22).

Literatur

  • Hartmann, Anton: Zeitgeschichte von Fulda, Fulda 1895
  • Hattendorff, Johannes: Festschrift zur Feier des 100-jährigen Wiedererstehens der evangelischen Gemeinde zu Fulda, (S. 42 und 58), Fulda 1903
  • Hattendorff, Johannes: Geschichte des freiadeligen Damenstiftes Wallenstein, Festschrift zur Feier des 150jährigen Jubiläums der Stiftung am 16. August 1909, Fulda 1909
  • Festschrift 200 Jahre evangelische Gemeinde in Fulda, S. 46/47, Fulda 2003
  • Lemberg, Margret: Marianne vom Stein und das Stift Wallenstein zu Homberg/Efze und Fulda (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen, 66), Marburg: N.G. Elwert Verlag 2007, 377 S., 1 farb. Abb., 59 s/w Abb., ISBN 978-3-7708-1302-5
  • Römmelt, Stefan W. (Bearb.) / Gregor K. Stasch (Hg.): Freiheits(t)räume. Das Freiadlige Stift Wallenstein von 1759 bis 1992 (Vonderau Museum - Kataloge Bd. 22), Petersberg: Michael Imhof Verlag 2010, 79 Seiten.

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