Rollausleger

Rollausleger
Rollausleger des Pohlus-Einers

Im Gegensatz zu konventionellen Sportruderbooten mit Rollsitz und festem Ausleger, ist in Booten mit Rollausleger dieser beweglich gelagert und der Sitz starr mit dem Bootskörper verbunden. Die Verlängerung des Ruderschlages findet nicht mit Hilfe des Rollsitzes durch die Verschiebung des Oberkörpers im Boot statt; vielmehr bewegen die Beine das Stemmbrett und den daran befestigten Ausleger durch das Boot. Ein Beispiel für ein Boot mit Rollausleger ist das Pohlus-Boot.

Vorteile der Rollauslegers

  1. Die Einstellung des Ruderplatzes auf die Größe des Ruderers kann (meist) entfallen.
  2. Der Ruderer sitzt im Boot immer in der gleichen Position. Es findet fast keine Verschiebung des Schwerpunktes auf der Längsachse des Bootes statt. Das Nicken des Bootes während des Ruderschlages entfällt damit. Es läuft insgesamt ruhiger, weil es sich immer in einer optimalen Lage befindet.

Geschichte des Rollauslegers

Das Prinzip des beweglichen Auslegers für Ruderboote wurde durch den englischen Ingenieur James Pacher erfunden und am 11. Dezember 1883 in London beim „Empire’s Patent Office“ angemeldet. Obwohl die Idee theoretisch funktionierte, konnte sie zur damaligen Zeit aufgrund der verfügbaren Materialien nicht umgesetzt werden.

Die entscheidende Schwierigkeit bei der Konstruktion eines Rollauslegerbootes besteht darin, einen durchgängigen Fußraum zu schaffen, durch den das Stemmbrett bewegt werden kann. Der Fußraum darf daher nicht durch Spanten zur Verstärkung des Bootsrumpfes durchbrochen werden. Eine Bootskonstruktion ohne Spanten war aber lange Zeit nicht ohne gravierende Einbußen beim Bootsgewicht oder Stabilität des Bootsrumpfes möglich. Die Mechanik des Rollauslegers ist komplizierter und schwerer als die des Rollsitzes.

Der deutsche Industrielle Georg von Opel baute 1946 ein Ruderboot mit Rollausleger und gewann damit ein Schaurennen in Offenbach. 1948 gewann er die Deutsche Frühlingsregatta gegen den Top-Skuller Messerschmid. Dennoch erachtete von Opel das Boot und die Rollausleger-Konstruktion als zu schwer und beides verschwand in seinem Privatmuseum.

Seit 1962 experimentierte Klaus Hinz in Zusammenarbeit mit der Bootswerft Gehrmann mit der Rollausleger-Konstruktion. Ihr Boot wurde vom legendären deutschen Rudertrainer Karl Adam und dem führenden Skuller Moritz von Groddeck getestet.

Wiederentdeckt wurde der Rollausleger durch Volker Nolte im Jahr 1980. Der Bootsbauer Leo Wolloner konstruierte für die Bootswerft Empacher ein Rollauslegerboot, in dem Peter-Michael Kolbe in der Rudersaison 1981 Weltmeister wurde. Gleichzeitig entstand mit dem neu entwickelten Boot eine weitere Innovation im Rudersport: der Flügelausleger.

Die Vorteile des Rollauslegers wurden schnell erkannt und auch wissenschaftlich nachgewiesen. Jedoch reagierte die FISA mit einem Verbot des Rollauslegers für internationale Meisterschaften ab dem 1. Januar 1984 und verlängerte die bis zum 31. Dezember 1983 befristete Erlaubnis für den Rollausleger im Einer nicht mehr. Als Begründung für das Verbot wurde angeführt, dass kleine nationale Ruderverbände nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügten, ihren Bootspark mit den technisch innovativen Booten zu erneuern und so weiterhin international konkurrenzfähig zu sein.

In der Rudersaison 2003 erlebte der Rollausleger eine erneute Renaissance und öffentliche Beachtung, als bekannt wurde, dass Marcel Hacker ein Rollauslegerboot für Trainingszwecke einsetzt, um seine Ruderbewegungen weiter zu optimieren.

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