Reichsverfassung

Reichsverfassung
Erste und letzte Seite der Verfassungsurkunde von 1871
Bucheinband der Verfassung von 1919

Der Ausdruck Reichsverfassung bezieht sich in erster Linie auf Verfassungen des Deutschen Reichs. Ferner gab es eine Reichsverfassung für das Kaisertum Österreich von 1849. Es können auch Verfassungen weiterer Länder im Deutschen als „Reichsverfassung“ bezeichnet werden, wenn der Name in der Originalsprache dies nahelegt.

In der deutschen Geschichte spricht man von drei Reichsverfassungen. Die älteste ist die Paulskirchenverfassung vom 28. März 1849, die als Verfassung eines zu begründenden deutschen Reiches dienen sollte, aber nie von allen Staaten des Deutschen Bundes anerkannt und in Kraft gesetzt wurde. Meistens meint man mit Reichsverfassung daher eine der beiden Verfassungen des Deutschen Reichs, nämlich aus den Jahren 1871 und 1919.

In Deutschland gab es zwei Reichsverfassungen, die tatsächlich als verfassungsrechtliche Grundlage in Kraft traten – die Bismarcksche Reichsverfassung (RV) vom 16. April 1871 und die Weimarer Reichsverfassung (WRV) vom 11. August 1919. Beide Verfassungen enthielten als Grundlagen des Deutschen Reiches die wichtigsten rechtlichen Bestimmungen über die verschiedenen Staatsorgane und deren Zuständigkeiten. Die Bismarcksche Verfassung beschränkte sich auf diese staatsorganisationsrechtlichen Regelungen. Die Weimarer Verfassung enthielt darüber hinaus einen Grundrechtsteil (Grundrechte und Grundpflichten der Bürger). Sie knüpfte damit an den Entwurf der Paulskirchenverfassung an, der am 27. März 1849 von der revolutionären Frankfurter Nationalversammlung beschlossen worden war, wegen des Widerstands der konservativen Kräfte, der deutschen Monarchen und Österreichs aber nie in Kraft getreten ist.

Nicht als Verfassung im heutigen Sinne ist die Staatsverfassung des Heiligen Römischen Reiches zu qualifizieren. Anders als heutige Verfassungen, die meist schriftlich in einem Urkundendokument zusammengefasst sind, schöpfte die Realverfassung des Reiches (ähnlich wie heute noch im Vereinigten Königreich) aus einer Vielzahl von Verträgen, also relativen Rechten, die unmittelbar nur zwischen den Vertragsparteien Rechte und Pflichten begründeten. Die staatsrechtliche Ordnung des deutschen Reichs bis 1806 war teils in den Reichsgrundgesetzen wie der Goldenen Bulle von 1356 niedergelegt, teils durch allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze und überkommenes Gewohnheitsrecht bestimmt (siehe hierzu das Kapitel Verfassung des Reiches).

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ist heute die Verfassung Deutschlands.

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