50-Züge-Regel

50-Züge-Regel

Die 50-Züge-Regel beim Schach besagt, dass eine Partie als Remis (unentschieden) zu werten ist, wenn einer der beiden Spieler nachweist, dass die letzten 50 aufeinanderfolgenden Züge eines jeden Spielers geschehen sind, ohne dass ein Stein geschlagen oder ein Bauer gezogen worden ist. Die 50-Züge-Regel greift somit nach beidseitig je 50 Zügen und nicht etwa nach zwei mal 25.

Inhaltsverzeichnis

Praktische Bedeutung

Sinn der 50-Züge-Regel ist es, endloses Hin und Her auf dem Schachbrett ohne dauerhafte Veränderungen des Stellungsbildes zu unterbinden. Anders als alle anderen Züge verändern Bauern- und Schlagzüge die Stellung irreversibel; es gibt nach ihnen kein Zurück.

Wichtig ist, dass ein Spiel nach 50 Zügen nicht automatisch Remis ist, sondern das Remis vom Spieler am Zug beansprucht werden muss. Dies ist einer der Gründe, warum die Züge bei Turnierpartien von beiden Kontrahenten aufgeschrieben werden. Es ist durchaus möglich, dass ein Spiel auch über den Punkt hinaus fortgesetzt wird, an dem erstmals Remis beansprucht werden kann. Theoretisch kann ein Spiel gemäß den Regeln auch ewig weitergehen, allerdings wird in der Praxis üblicherweise einer der beiden Spieler froh sein, Remis reklamieren zu können.

Die Regel hat eine lange Geschichte. Ein Text von Ruy López über Schach aus dem Jahr 1561 enthält bereits Details über sie. Die Festlegung auf 50 Züge geschah ursprünglich, weil im Endspiel Läufer, Springer, König gegen König in der ungünstigsten Startposition bei perfektem Spiel beider Seiten 33 Züge bis zum Matt benötigt werden.

Im 20. Jahrhundert wurde mit Hilfe der Endspiel-Datenbank entdeckt, dass einige Endspiele nur mit mehr als 50 Zügen oder nur aus bestimmten Positionen gewonnen werden können. Beispiele sind zwei Läufer und König gegen Springer und König oder auch bestimmte Stellungen, in denen Turm und Läufer gegen einen Turm kämpfen. Die Regel wurde von der FIDE im Dezember 1984 vorübergehend um Ausnahmen ergänzt, die bei bestimmten Material-Ungleichheiten 100 Züge erlaubten, speziell im Endspiel Turm und Läufer gegen Turm. Nach Protesten vieler Großmeister reduzierte die FIDE diese Zahl zunächst auf 75. Alle diese Ausnahmen wurden am 1. Januar 1993 wieder gestrichen, seitdem unterliegen alle Materialkombinationen wieder der 50-Züge-Regel.

Partien, die bereits vor dem Endspiel durch die 50-Züge-Regel beendet werden, sind selten. Ein Beispiel ist die Partie Filipowicz - Smederevac aus dem Jahr 1966, die nach dem 70. Zug endete, ohne dass eine einzige Figur geschlagen worden war – der letzte Bauer wurde im Zug 20 gezogen. 2005 endete eine Partie zwischen Pouw und Van Dort nach dem 69. Zug remis nach der 50-Züge-Regel. Zwar wurde darin geschlagen, jedoch fanden nach dem 19. Zug weder Schlag- noch Bauernzüge statt.

Schachmathematik

Es gibt umfangreiche Untersuchungen – erstmals 1911 von T. R. Dawson – aus wie vielen Zügen eine Schachpartie maximal bestehen kann, wenn einerseits die Spieler bei der Konstruktion einer möglichst langen Partie kooperieren, andererseits jeder Spieler bei der ersten Gelegenheit Remis nach der 50-Züge-Regel reklamieren würde. Es sind 5899 Züge.[1] In der Praxis kommen derart lange Partien nicht vor. Bekannt ist die Partie zwischen Thomas Ristoja und Jan-Michael Nykopp 1971 (Offene Meisterschaft von Finnland), als man sich nach 300 Zügen und knapp 15 Stunden Spieldauer auf Remis einigte.


Niels Hoeg
Chess Amateur, 1926
Solid white.svg a b c d e f g h Solid white.svg
8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
a b c d e f g h
Siehe Text




Eine Partie, bei der die 50-Züge-Regel von Anfang an in Kraft war und in der niemals Schach geboten wurde, endet nach der Höchstzahl der möglichen Züge mit der Stellung Kh1, Ka8. Welches war der letzte Zug?

Lösung:
5899.Kg2xTh1
Ein schwarzer Springer oder Läufer würde wegen toter Stellung nicht ausreichen. Eine Dame würde Schach bieten, was jedoch ausgeschlossen wurde. Aus demselben Grund muss der König auch von g2 gekommen sein. Die Zügezahl ergibt sich aus den Berechnungen zur längsten Partie.


Einzelnachweise

  1. Bonsdorff u.a.: Schach und Zahl. Unterhaltsame Schachmathematik. S. 11–13.

Literatur

  • Eero Bonsdorff, Karl Fabel, Olvai Riihimaa: Schach und Zahl. Unterhaltsame Schachmathematik. 3., unveränderte Auflage, Rau, Düsseldorf 1978 (Erstausgabe 1966), ISBN 3-7919-0118-4.

Weblinks


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