Nikolaus Klehr

Nikolaus Klehr

Nikolaus Walther Klehr (* 1944 in Breslau) ist ein Dermatologe mit Praxen in München und Salzburg. Klehr ist wegen einer fragwürdigen Therapieform für Krebserkrankungen umstritten.[1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Klehr wurde 1944 in Breslau als Sohn der Eheleute Walter Klehr und dessen Ehefrau Agnes geboren. Er absolvierte ein Studium der Humanmedizin und Biologie an den Universitäten Heidelberg und Frankfurt am Main.

Krebstherapien nach Klehr

Klehr ließ 1991 eine Eigenbluttherapie unter der Bezeichnung Autologe Target Cytokine, kurz ATC, patentieren.[2] Die zellulären Bestandteile des Patientenblutes sollen so verändert werden, dass die hierbei freigesetzten immunaktiven Zytokine, darunter Interleukine und Tumornekrosefaktor-alpha (TNFα), nach Reinjektion die Aktivität verschiedener Immunzellen, wie zum Beispiel NK-Zellen, anregen sollen.[3] Neben diesen Therapien bietet Klehr auch Testverfahren für Krebs an.

Die Behandlung in Klehrs Salzburger Praxis mit täglichen Infusionen kostet, nach Angaben von Patientenangehörigen, zwischen 13.000 und 35.000 Euro.[4] Die Übernahme der Kosten für die Autologe Target Cytokine-Behandlung nach Klehr durch die deutschen gesetzlichen Krankenkassen ist in der Anlage II der Richtlinie Methoden in der ärztlichen Versorgung[5] des Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen.[6]

Wissenschaftler der Deutschen Krebshilfe fanden keinerlei Nachweis für die behauptete Wirksamkeit von Klehrs „Wundermittel“.[7] „Bei keinem der von Onkologen beobachteten Patienten (33) konnte der tödliche Verlauf einer therapieresistenten Krebskrankheit abgewendet werden.“[8] Hans Hege, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer, bezeichnete 1998 Klehr als einen „Scharlatan, der mit der Hoffnung von Krebskranken Geld macht“.[9][4]

Aufgrund von Rechtsverstößen bei Verarbeitungsprozessen wurde die Erlaubnis zur Herstellung von Eigenblutpräparaten in dem bis dahin betriebenen Dr. Klehr Institut für Immunbiologie und Zellbiologie GmbH 2000 von der Gesundheitsbehörde widerrufen. Festgestellt worden war, dass „über einen längeren Zeitraum hinweg mutmaßlich infektiöses Blut in einem Arbeitsprozess mit nicht kontaminiertem Blut anderer Spender bearbeitet wurde.“ [10] Klehr praktiziert seitdem in seinen Praxen in München und Salzburg weiter. Nach Todesfällen unter seinen slowenischen Patienten in Salzburg ist er 2008 erneut unter starke Kritik geraten.[4][11]

In der Praxis von Nikolaus Klehr in Bad Heilbrunn applizierte der Onkologe Eike Rauchfuss unter anderem auch Galavit als vermeintliches Krebsmittel. Die Staatsanwaltschaft München II ermittelte ab dem Jahre 2000. Als vermeintliches geheiltes Krebsopfer hatte der Schauspieler Ivan Desny für Rauchfuss Werbung gemacht.[12] Von insgesamt 132 Opfern des Skandals ist bekannt, dass sie für die Behandlung etwa 10.000 Euro bezahlt haben.[13] Es kam 2008 zu einer Reihe von Haftstrafen, darunter sieben Jahre und drei Monate für Rauchfuss.[14]

Literatur

  • S. P. Hauser: Autologous tumor therapy according to Klehr. In: Schweiz Rundsch Med Prax. Band 82, 1993, S. 1072–1076. PMID 8210872
  • E. Christophers und G. Rassner: Stellungnahme zum Therapieverfahren Dr. Klehr. In: Hautarzt. Band 44, 1993, Heft 6, S. 410–1. PMID 8335469.
  • Gedeon u. a.: Eigenbluttherapie und andere autologe Verfahren, ein Lehrbuch für die ärztliche Praxis. HAUG-Verlag, 2000 ISBN 3-8304-7021-5

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Krebstherapie: „Ein erwerbsgetriebenes Ungeheuer“. In: Der Stern, 18. April 1994 (online)
  2. Patent DE 3923848 C 2 (Deutsches Patentamt der Bundesrepublik Deutschland, Anmeldetag: 19. Juli 1989, Offenlegungstag: 24. Januar 1991, Patenterteilung: 27. August 1998)
  3. Nikolaus W. Klehr: Therapeutische Möglichkeiten zur Verwertung von autologem Tumorgewebe. In: Ärztezeitschrift für Naturheilverfahren. 33. Jahrgang, (10), Oktober 1992, S. 820–826
  4. a b c Skandal um Salzburger „Krebsarzt" in Slowenien. Salzburger Fenster 26. August 2008
  5. Richtlinie Methoden in der ärztlichen Versorgung. (online)
  6. Siehe auch Ärzte Zeitung online im Internet Archive
  7. Deutsche Krebshilfe (Hrsg.): Brustkrebs. ISSN 0946-4816, S. 69 (online)
  8. Außenseitermethoden in der Onkologie: Eine permanente Herausforderung. In: Der Arzneimittelbrief (online, abgerufen 11. Juni 2008)
  9. Amigos in Bayern - Die Millionengeschäfte eines zwielichtigen „Wunderheilers“. In: Panorama, NDR, 10. Dezember 1998
  10. Eigenblutpräparate: Herstellungs-Erlaubnis ruht. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 98, 2001, A-4/B-4/C-4 (online)
  11. Proti salzburškemu zdravniku tečejo disciplinski in kazenski postopki (Straf- und Disziplinarverfahren gegen den Salzburger Arzt). Delo 28. August 2008
  12. Krebsgeschwür aus Lügen. In: Der Stern, Nr. 38/2001 (online)
  13. Böses Spiel mit Todgeweihten. In: Die Zeit, 15. Juli 2008 (online)
  14. Gefängnis für Galavit-Betrüger. In: Münchener Merkur, 15. Juli 2008 (online)

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