- Naturalobligation
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Naturalobligationen (auch natürliche Verbindlichkeiten oder unvollkommene Verbindlichkeiten im weiteren Sinne)[1] sind Verbindlichkeiten, die prozessual nicht durchgesetzt werden können, bei freiwilliger Leistung jedoch einen Erwerbsgrund bilden.[2]
Inhaltsverzeichnis
Fallgruppen nach deutschem Recht
Nach deutschem Recht können folgenden Fallgruppen unterschieden werden: unklagbare Verbindlichkeiten, Forderungen ohne materiellrechtliche Verbindlichkeit und verjährte Forderungen.[2]
Unklagbare Verbindlichkeiten
Als unklagbar bezeichnet man solche Forderungen, die zwar materiellrechtlich verbindlich sind, prozessual aber nicht durchgesetzt werden können, da ihnen die Prozessvoraussetzung der Klagbarkeit fehlt.[3] So begründet das Verlöbnis nach herrschender Meinung zwar die Rechtspflicht zur Eheschließung, nach § 1297 Abs. 1 BGB kann auf diese aber nicht geklagt werden.[4]
Forderungen ohne materiellrechtliche Verbindlichkeit
Auch auf die Erfüllung einer Forderung ohne materiellrechtliche Verbindlichkeit kann nicht geklagt werden; wird die Forderung allerdings freiwillig erfüllt, so bildet sie einen Rechtsgrund im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 BGB.[5] Man spricht auch von unvollkommenen Verbindlichkeiten im engeren Sinne.[5] Erfasst sind unter anderem Spiel- und Wettschulden gemäß § 762 Abs. 1 BGB und nicht getilgte Verbindlichkeiten nach einer Restschuldbefreiung gemäß § 301 Abs. 3 InsO.[5] Die Einordnung von Ehemäklerverträgen nach § 656 BGB in diese Fallgruppe ist streitig (nach der Gegenansicht handelt es sich um eine unklagbare Verbindlichkeit).[5]
Dass Spiel- und Wettschulden nicht vor Gericht eingeklagt werden können, kommt in der Redewendung „Wettschulden sind Ehrenschulden“ zum Ausdruck.
Verjährte Forderungen
Schließlich können auch verjährte Forderungen – nach Erhebung der Einrede[6] – gemäß § 214 Abs. 1 BGB nicht klageweise durchgesetzt werden; die Rückforderung von gleichwohl zur Befriedigung Geleistetem ist gemäß § 214 Abs. 2 S. 1 BGB jedoch ausgeschlossen.[7]
Andere Rechtsordnungen
Im österreichischen ABGB finden sich vergleichbare Regelungen in § 1271 (Wette) und § 1432 (Verjährung).
Im französischen Code civil ist die Rückforderung von freiwillig erfüllten Naturalobligationen gemäß Art. 1235, alinéa 2 des Code civil ausgeschlossen; erfasst sind unter anderem verjährte Forderungen.[8]
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Heinz-Peter Mansel, in: Othmar Jauernig (Hg.): Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Auflage 2007, § 241 Rn. 20.
- ↑ a b Heinz-Peter Mansel, in: Othmar Jauernig (Hg.): Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Auflage 2007, § 241 Rn. 20.
- ↑ Heinz-Peter Mansel, in: Othmar Jauernig (Hg.): Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Auflage 2007, § 241 Rn. 21.
- ↑ Christian Berger, in: Othmar Jauernig (Hg.): Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Auflage 2007, § 1297 Rn. 1.
- ↑ a b c d Heinz-Peter Mansel, in: Othmar Jauernig (Hg.): Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Auflage 2007, § 241 Rn. 22.
- ↑ Helmut Grothe, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 5. Auflage 2006, § 214 Rn. 3.
- ↑ Helmut Grothe, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 5. Auflage 2006, § 214 Rn. 9.
- ↑ Jean-Luc Aubert, Éric Savaux: Introduction au droit et thèmes fondamentaux du droit civil, 12. Auflage 2008, S. 13 (Nr. 13).
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