Namen-Jesu-Kirche (Bonn)

Namen-Jesu-Kirche (Bonn)
Namen-Jesu-Kirche in Bonn
Kreuzrippengewölbe

Die Namen-Jesu-Kirche ist ein nachgotischer Kirchbau, der sich in der Bonner Innenstadt in der Bonngasse befindet. Die Kirche ist im Eigentum des Landes Nordrhein-Westfalen und befindet sich im Umbau zur Kathedralkirche für die Alt-Katholische Kirche in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Auffindung eines Buchenholzstücks mit dem Namen Jesu (JHS) ließ Maximilian Heinrich von Bayern dazu veranlassen, eine Kirche zu Ehren des „wunderbaren Namens“[1] für die Bonner Jesuiten zu errichten.

Die Namen-Jesu-Kirche wurde zwischen 1686 und 1717 errichtet. Die Grundsteinlegung erfolgte unter Maximilian Heinrich am 14. September 1686.[Anm. 1] Beim Bombenangriff auf die Stadt am 24. Juli 1689 wurde die Kirche zwar nicht zerstört, aber sehr beschädigt. Im gleichen Jahr wurden die Jesuiten von den Franzosen gewaltsam aus der Stadt vertrieben, weil sie für Verbündete des Kurfürsten Joseph Clemens von Bayern gehalten wurden und sich weigerten die Stadt zu verlassen. Nach der Eroberung durch die Verbündeten kehrten die Jesuiten zurück. Die Bauarbeiten sind um das Jahr 1692 wieder aufgenommen worden, sodass man am 3. Dezember 1694, dem Fest des hl. Franz Xaver, in die Kirche einziehen konnte; der Bau wurde im Jahre 1698 fertiggestellt. In den darauffolgenden Jahren wurde das Mobiliar angeschafft, bis 1704 letzte Verzierungen an Hochaltar, Seitenaltären und Beichtstühlen erfolgten und die Ausstattung vollständig war. Im Jahr 1717 weihte Erzbischof von Köln, Kurfürst Joseph Clemens, den Kirchbau.

Nach dem Weggang der Jesuiten im Jahre 1774 stand das Gebäude leer. Von 1794 bis 1800, während der sogenannten Franzosenzeit, wurde ein Großteil des Mobiliars vernichtet und der Innenraum als Pferdestall und Soldatenunterkunft zweckentfremdet.

Von 1877 bis 1934 diente sie der altkatholischen Gemeinde Bonn als Pfarrkirche. Anschließend wurde sie als römisch-katholische Universitätskirche genutzt, in der auch der damalige Bonner Theologieprofessor Joseph Ratzinger zu Anfang der 1960er Jahre predigte.

Zuletzt fanden in ihr die Gottesdienste der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) statt. Nachdem das Erzbistum Köln die Nutzung der Kirche im Jahr 2007 aufgegeben hat[2], wird sie voraussichtlich ab 2011 durch eine Stiftung in altkatholischer Trägerschaft für eine zukünftige gottesdienstliche Nutzung als altkatholische Kathedralkirche gesichert[3].

Architektur

Paul Clemen urteilt über den Bau wie folgt: „Die Kirche ist eine der interessantesten norddeutschen Jesuitenkirchen, in der die romanisierenden und gothischen Elemente fast unvermittelt neben die barocken Formen treten.“[4]

Erbaut wurde die Kirche nach Plänen des Graubündner Architekten Giacomo de Candrea im Stil der der sogenannten Jesuiten-Gotik, die barocke Elemente mit denen anderer Stilrichtungen verbindet.

Fassade

In den beiden Türmen sind romanische Doppelfenster eingelassen, während sich in der Mitte spitzbogige, gotische Fenster befinden. Hingegen sind die Säulen mit barocken Dekorationen versehen. Die Türme sind jeweils mit einer welschen Haube bekrönt.

Portal

Wappen über dem Hauptportal

Über dem Hauptportal ist folgende Inschrift angebracht:

A PATROVO ERECTVM NEPOS DICAVIT (Vom Onkel aufgerichtet, hat es der Neffe geweiht).

Das Chronogramm ergibt das Jahr der Weihe: VCVMDICVI = MDCCVVVII = 1717. Das Christusmonogramm IHS nimmt Bezug auf das Patrozinium.

Innenraum und Maße

Im Inneren der Kirche stellt sich der Eindruck einer Hallenkirche ein.

  • Höhe der Türme: ca. 53 Meter
  • Länge: 33,5 Meter
  • Breite: 16,5 Meter, davon Mittelschiff 8,5 Meter
  • Höhe des Mittelschiffes: 16 Meter

Gruft

In der Gruft befinden sich die Grabstätten von 65 Jesuiten-Patres.

Restaurierungsarbeiten

Seit 2006 soll das Land rund 1,1 Millionen Euro für die Turmsanierung und die Fassadensicherung ausgegeben haben. Die Restaurierungsarbeiten werden voraussichtlich im Juni 2010 fortgesetzt. Der Eigentümer, das Land Nordrhein-Westfalen, stellt weitere 7,5 Millionen Euro zur Verfügung, um die gesamte Außenfassade zu restaurieren. Für diese Arbeiten sind drei Jahre geplant. Hierzu wurde ein Gerüst aufgebaut, das sechs Meter in die Bonngasse ragt. Die Kirche wurde zusätzlich überdacht, so dass Arbeiten auch bei schlechtem Wetter stattfinden können. Da Teile der Fassade abzubrechen drohten, schützte bis zum Beginn der Arbeiten ein Gerüst die Passanten vor Ungemach.

Ausstattung

Hochaltar
Figur des Erzengels Michael auf der Kanzel

Von der ursprünglichen Ausstattung sind nur Teile des Gestühls (zweimal vierzehn Kniebänke mit geschnitzten Wangenstücken) und die Kanzel (1698) erhalten. Die Nebenaltäre, die Melchior Jouanny anfertigte, entstammen der 1897 abgerissenen Kapuzinerkirche. Die in die Seitenmauern eingelassenen Beichtstühle stammen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.

Hochaltar

Der Hochaltar wurde von Bartholomäus Dierix um 1755 geschaffen.

Den Hochaltar schmückt ein in Weiß und Gold gehaltenes Antependium, das mittig mit einem strahlenverzierten Kreuz versehen ist. Oberhalb der Altarmensa erhebt sich das Tabernakel, dessen Türen von zwei knienden Engeln flankiert werden. Der beeindruckende Aufbau, der von einer von Putten gehaltenen Draperie umrahmt wird, besteht aus zwei seitlichen Pilastern, denen Säulen vortreten. Der Aufbau schließt nach oben hin mit einer strahlenbekränzten Plastik ab, die Gottvater in den Wolken thronend mit einem Globus in der Hand und umgeben von Putten und Engeln zeigt. In einem reich geschnitzten Rahmen befindet sich ein Gemälde des 18. Jahrhunderts mit der Darstellung der Heiligen Familie, über dem das kurfürstliche Wappen mit dem Kurhut angebracht ist. Im Vordergrund ist der hl. Josef in sitzender Position zu sehen, während hinter ihm Maria, das Jesuskind am rechten Arm haltend, steht. Nachdenklich betrachtet dieses ein Kreuz in seiner Linken.

Auf den beiden hölzernen Brücken, die den Altar zur Chorwand hin abschließen, steht jeweils eine Heiligen-Skulptur: links der hl. Josef und rechts die hl. Elisabeth von Thüringen.

Kanzel

Der Schalldeckel der Kanzel ist gekrönt von der Figur des drachentötenden hl. Michael.

Orgel

Die Orgel der Namen-Jesu-Kirche zu Bonn wurde 1958 von der Orgelbaufirma Johannes Klais in Bonn gebaut (Opus Nr. 1147). Sie verfügt über 2 Manuale und 25 Register. Die Tastentraktur ist mechanisch, die der Register ist elektrisch. Die Art der Windlade ist als Schleiflade konzipiert.[5]

I Hauptwerk C–g3
Quintade 16′
Principal 8′
Rohrflöte 8′
Octave 4′
Holzflöte 4′
Nasard (ab c0) 22/3
Blockflöte 2′
Terz (ab f0) 13/5
Mixtur V
Trompete 8′
II Rückpositiv C–g3
Holzgedackt 8′
Spitzgamba 8′
Principal 4′
Koppelflöte 4′
Superoctave 2′
Siffquinte 11/3
Scharff IV
Cymbel II
Musette 8′
Tremulant
Pedal C–f1
Subbaß 16′
Prinicbalbaß 8′
Bartpfeife 8′
Octavflöte 4′
Hintersatz IV
Posaune 16′

Glockenstuhl und Brandglocke

Brandglocke (1535)

In der Glockenstube des Südturmes (romanische Schallfenster) befindet sich ein historischer Nadelholzglockenstuhl, der aus der Zeit der Fertigstellung der Türme stammt. Seine Unterzüge sind in die Turmmauern eingelassen. Der dreifeldrige Glockenstuhl wird seit seiner Erbauung nie eine Glocke getragen haben, da keine Aussparungen für die notwendigen Jochlager vorhanden sind.

Unklar ist außerdem, ob auch der Nordturm Glocken beherbergte. Allenfalls der Dachreiter könnte eine kleine Glocke getragen haben, die für das Läuten zu den Stundengebeten der Jesuiten gedient haben könnte.

Die heute in der Südturmlaterne untergebrachte Brandglocke wurde im Jahre 1535 gegossen. Ihr Meister wird inschriftlich nicht genannt, jedoch dem ab 1536 nachweisbaren Kölner Glockengießermeister Johan von Coellen zugeschrieben.[6]

Neben vier Rundstegen am Wolm trägt die Glocke ein einzeliges Schriftband um die Schulter, dessen unterer Rand durch einen dünnen Perlstab mit hängendem Kreuzblumenfries abgeschlossen wird. Die gotische Minuskelinschrift nennt das Gussjahr sowie den Vermerk auf eine Vorgängerglocke, aus deren Material die Brandglocke umgegossen worden sein könnte:

• renovata • anno • domini • m • ccccc • xxxv • • (Als Worttrenner dienen sechsblättrige Rosetten.)

Die Glocke erklingt im Schlagton a2 ±0. Sie wurde in einer ausnehmend schweren Rippenkonstruktion gegossen; ihre Schlagringdicke beträgt 60 mm auf gerade einmal 590 mm Durchmesser. Die Brandglocke ist die älteste Glocke der Bonner Altstadt.

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Obere Inschrift des Grundsteines: Maximilianus Henricus Archiep. Colon. Dux Bav(ar)iae Sacro Iesu Nomini devotissimus in eiusdem nominis honorem hoc templum a fundamentis erexit 1686 14. Septbris[sic!].

Einzelnachweise

  1. Joseph Braun: Die Kirchenbauten der deutschen Jesuiten. Ein Beitrag zur Kultur- und Kunstgeschichte des 17. und 18. Jh. Freiburg i. Br. 1908, S. 173.
  2. domradio.de Meldung vom 28. Juni 2007
  3. alt-katholisch.de Meldung vom 12. Februar 2009
  4. Die Kunstdenkmäler der Stadt und des Kreises Bonn, bearbeitet von Paul Clemen, Düsseldorf 1905 (Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz Band 5, Abt. 3), S. 116.
  5. Orgel Databank | Beschreibung der Orgel
  6. Jörg Poettgen: 700 Jahre Glockenguss in Köln. Meister und Werkstätten zwischen 1100 und 1800. Wernersche Verlagsgeselleschaft, Worms 2005, S. 148–149.

Literatur

  • Joseph Braun: Die Kirchenbauten der deutschen Jesuiten. Ein Beitrag zur Kultur- und Kunstgeschichte des 17. und 18. Jahrhunderts. Herder, Freiburg i. Br. 1908.
  • Josef Herberg (Hrsg.): Kirchen in Bonn. Geschichte und Kunst der katholischen Pfarreien und Gotteshäuser. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2011, S. 61−64, ISBN 978-3-86568-237-6 [nicht ausgewertet]
  • Andreas Denk, Ingeborg Flagge: Architekturführer Bonn. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-496-01150-5, S. 10.

Weblinks

 Commons: Namen-Jesu-Kirche (Bonn) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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