Naiver Realismus

Naiver Realismus

Naiver Realismus (auch Klassischer Realismus, direkter Realismus, common sense Realismus) ist eine bestimmte Position in der philosophischen Erkenntnistheorie, genauer der Theorie der Wahrnehmung. Ihr zufolge sind die Dinge im Wesentlichen so, wie sie uns erscheinen. Die gelbe Farbe etwa kommt einem Gegenstand selbst zu und ist kein Effekt unserer Wahrnehmung. Bildlich gesprochen nimmt der Wahrnehmende eine passiv-rezipierende Rolle ein, während sich die wahrzunehmenden Dinge gleichsam aufdrängen.

Inhaltsverzeichnis

Naiver Realismus im 20. Jahrhundert

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde in der Philosophie der Naive Realismus kaum vertreten, da u.a. Bertrand Russell in der Nachfolge von Berkeley und Hume überzeugend wirkende Argumente gegen ihn geliefert hatte.

Varianten des Naiven Realismus wurden u.a. von John Dewey, William James, Austin, Searle, John McDowell, teilweise auch Husserl und Wittgenstein und Putnam[1] vertreten.

Searle spricht dabei von einem genetischen Fehlschluss: So seien viele Konstruktivisten der Ansicht, dass eine kausale Erklärung für die Genese von Wahrnehmung, die komplizierte Gehirnprozesse beschreibt, den Naiven Realismus widerlege. Aber: „Aus der Tatsache, dass unsere Erkenntnis/Vorstellung/Bild der Wirklichkeit von menschlichen Gehirnen in menschlichen Interaktionen konstruiert wird, folgt nicht, dass die Wirklichkeit, von der wir Erkenntnis/Vorstellung/Bild haben, von menschlichen Gehirnen in menschlichen Interaktionen geschaffen worden ist. (Es gibt darüber hinaus ein Problem mit den menschlichen Gehirnen und den menschlichen Interaktionen selbst. Sollen auch sie durch menschliche Interaktionen konstruiert worden sein?) Der Schluss aus der kollektiven neurophysiologischen kausalen Erklärung unserer Erkenntnis der externen Welt auf die Nichtexistenz der Außenwelt ist einfach nur ein non sequitur, ein genetischer Fehlschluss.“ [2] Das Argument trifft in dieser Form natürlich nur Ausarbeitungen z.B. konstruktivistischer Positionen, die neurologische Zusammenhänge zugrundelegen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. U.a. in Threefold Cord, 2000
  2. Searle, John R.: Die Konstruktion der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Zur Ontologie sozialer Tatsachen. Reinbek 1997, 166

Literatur

Weblinks


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